Filmfacts «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung»
- Regie: Troy Quane, Nick Bruno
- Produktion: Peter Chernin, Jenno Topping, Michael J. Travers
- Drehbuch: Brad Copeland, Lloyd Taylor
- Story by: Cindy Davis; basierend auf dem Kurzfilm «Pigeon: Impossible» von Lucas Martell
- Musik: Theodore Shapiro
- Schnitt: Randy Trager, Christopher Campbell
- Laufzeit: 102 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Vor zwei Jahren suchte das Haus, das von Faultier Sid und Säbelzahneichhörnchen Scrat gebaut wurde, mit «Ferdinand – Geht stierisch ab!» im Weihnachtsgeschäft die direkte Konkurrenz mit «Star Wars – Die letzten Jedi». Das Resultat: Der 111 Millionen Dollar teure Animationsfilm über einen friedliebenden Stier kam global auf 296 Millionen Dollar. Trotz dieses ausbaufähigen Ergebnisses wagt sich Blue Sky erneut in den Wettkampf mit «Star Wars»: Das nunmehr auch zum Disney-Konzern zählende Trickstudio entlässt eine Woche nach dem Kinostart von «Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers» die animierte Agentenkomödie «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» ins Rennen um die Feiertags-Kinofreizeit des Familienpublikums.
Ob die im Original auf die Stimmen von Will Smith als Superagent, Tom Holland als junger Erfinder, Rashida Jones («The Office») als Geheimdienst-Sicherheitsexpertin, Ben Mendelsohn als Oberschurke (mal wieder) und Karen Gillan (die aktuell auch in «Jumanji: The Next Level» auftritt) als Geheimdienst-Spezialanalystin setzende Trickkomödie sich somit wirtschaftlich in eine Ecke manövriert, wird sich zeigen. Auf kreativer wie qualitativer Ebene zumindest ist «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» nicht der nächste Evolutionsschritt, den Blue Sky nach dem Popularitätsverlust der «Ice Age»-Reihe dringend bräuchte.
Im Mittelpunkt des Films steht Lance Sterling, der selbstverliebte, selbsternannte beste Spion der Welt. Als sein Geheimdienst ihn im Verdacht hat, ein Doppelagent zu sein, flieht er zum kürzlich gefeuerten Walter Beckett, einem wahlweise naiven oder visionären Erfinder, der Spionageeinsätze revolutionären will, indem er gewaltfreie Gadgets entwickelt. Als Lance versehentlich in eine Taube verwandelt wird, ist das für ihn Fluch und Segen zugleich: Einerseits kann er seinen Vorgesetzten und der verbissenen Sicherheitsexpertin Marcy mühelos entgehen. Andererseits stellt sich die Frage: Wie soll er als Taube dem Mann hinterherjagen, der ihm Grausames anhängt?
Die Regisseure Troy Quane und Nick Bruno inszenieren mit «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» ihren ersten Langfilm – und die beiden Debütanten schmeißen alles auf die Leinwand, was ihnen in den Sinn kommt. Der von Brad Copeland («Born to be Wild») und Lloyd Taylor («Tierisch wild») verfasste Film lässt sich als Kommentar darüber lesen, dass man mit Freundlichkeit mehr erreicht als mit Angriffen. Der Film hat eine Familien-Herzschmerzkomponente mit der Beziehung zwischen dem Träumer Walter und seiner Mutter. Es ist eine Buddy-Actionkomödie, die Agentenfilme auf den Arm nimmt. Und es ist eine turbulente Animationskomödie, in der wildes Chaos zelebriert wird.
Anders aber als etwa Brad Birds «Die Unglaublichen», einem der Spitzenmaßstäbe für Animations-Actionkomödien, scheitert «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» daran, all diese Elemente zu vereinen. Die Handlungsfäden und thematischen Versatzstücke verbinden sich nicht zu einem starken Ganzen, sondern fransen unentwegt aus.
Somit stellt «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» Stückwerk dar, in dem halt mal versucht wird, dem jungen Publikum ein paar Schluchzer zu entlocken, dann, mit nostalgischen Popkulturreferenzen oder mit Doppeldeutigkeiten das ältere Publikum abzuholen, ehe wuselige Action die Kleinen wachrüttelt. Dabei geraten all diese quasi für sich stehenden, nur halbherzig verbundenen Elemente, zudem jeweils zu lang: «Spione undercover» entwickelt nie erzählerischen, mitreißenden Drive, da Kämpfe ohne innere Dramaturgie laufen und laufen und laufen und an anderer Stelle sketchhafte Comedyeinlagen oder Streitgespräche zwischen den Figuren unnötig gedehnt werden. Einzelne Szenen stechen trotzdem positiv hervor: Lances mit Actionreferenzen bespickte, knackig erzählte Einführung etwa, oder eine mit immer weiter eskalierenden Gags versehene Verfolgungsjagd, in der sowohl die Charakterzüge der Figuren als auch die Seitenhiebe auf das Genre ausnahmsweise dann mal doch clever zusammenfinden.
- © FOX
Dessen ungeachtet bleibt «Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» ein unterkochter Animationsfilm: Die Figuren sind stilisierte Karikaturen mit detailarmer Oberflächentextur, doch die Filmschaffenden nutzen nicht die Simplizität dieser Optik aus, um die Figuren sehr cartoonesk-dynamisch zu animieren, sondern lassen sie recht steif durch die Gegend streifen. Das ergibt eine langweilige Ästhetik, abgesehen von den Sequenzen, in denen mit stark stilisiertem Schattenwurf wenigstens etwas Stimmung geschaffen wird.
Komponist Theodore Shapiro («Nur ein kleiner Gefallen») unterlegt das Geschehen jedoch mit einem stimmigen Score, der vage Erinnerungen an diverse Agenten- und Actionklassiker wach werden lässt und die Gag-Passagen unterstreicht, ohne sie überzubetonen. Trotzdem: Es gibt so viele bessere familientaugliche Actionkomödien, ob animiert oder nicht, dass sich nur sehr wenige Gründe finden lassen, ausgerechnet dieser den Vorzug zu geben.
«Spione undercover – Eine wilde Verwandlung» ist in vielen deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel