Cast & Crew
Vor der Kamera:Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm
Florence Kasumba als Anaïs Schmitz
Victoria Trauttmansdorff als Professor Leyh
Katharina Schlothauer als Susanne Bortner
Hendrik Heutmann als Dr. Gottlieb
Steven Scharf als Alfred Neumann
Joachim Bißmeier als Professor Bloch
Hinter der Kamera:
Produktion: Filmpool Fiction GmbH
Drehbuch: Christian Jeltsch
Regie: Jobst Christian Oetzmann
Kamera: Volker Tittel
Denn dort hagelt es nur so von Aluhut-Nomenklatur: Mithilfe von hypersonic sound machen sich finstere Gestalten aus dem deutschen Pendant zum amerikanischen Military-Industrial Complex mit ihren X-ray vans auf in niedersächsische Vororte, um mit Voice-to-Skull-Geräten aus US-Army-Restbeständen Mali-Heimkehrer der Bundeswehr systematisch in Wahn und Suizid zu treiben, nachdem dort ein Einsatz furchtbar schief gegangen war.
So kommt es auch dazu, dass Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) als erste Amtshandlung in der neuen Folge ihre Kollegin aus den Klauen eines durchgedrehten Soldaten freischießen muss, der ihr in blinder Raserei ein Messer an die Gurgel hielt und dabei von irgendwelchen Stimmen in seinem Kopf faselte. Wenig später finden die Ermittler bei ihm zuhause seine tote Frau in der Badewanne. Traumatisiert sind jetzt alle: Schmitz wegen des finalen Rettungsschusses, Lindholm, weil sie dem Tod wieder mal unangenehm knapp von der Schippe gesprungen ist, und die einzige der zehn Kameradinnen des durchgedrehten Hauptfeldwebels, die lebend aus Mali zurückgekommen ist und in der Heimat noch nicht in den Freitod gegangen ist.
Von nun an geht es nur noch tiefer in den Wahn, in streng geheime Mind-Control-Programme von Wehrmacht, CIA und MAD, wo bestimmte Hirnareale mithilfe von Enhanced-Combat-Helmen beeinflusst werden, und zur „Operation Artischocke“, wo das Militär im Taunus „aus Menschen Roboter machen wollte“.
- © NDR/Marion von der Mehden
Charlotte (Maria Furtwängler), Benno (Matthias Lier), Anais (Florence Kasumba)
Dass das als ziemlich krude und hanebüchen aufgefasst werden kann, gesteht auch Christian Granderath in seiner Funktion als Leiter der NDR-Abteilung Film, Familie und Serie in seinen einleitenden Worten zum Presseheft des neuen «Tatorts» ein, nur um gleich im nächsten Atemzug seine Hoffnung hinterher zu schieben, die Zuschauer würden sich hinterher „stärker Gedanken über eine alles umfassende Digitalisierung“ machen. In der Tat wäre ein größeres Engagement der Öffentlichkeit bei diesem Thema wünschenswert – aber doch bitte nicht auf Basis dieses lächerlichen Films, der eben genau kein differenziertes Traktat über Chancen, Grenzen und Gefahren der technischen Vernetzung und ihrer politischen, gesellschaftlichen und militärischen Möglichkeiten ist, sondern eine alberne Spinnerei.
Dabei könnte „Krieg im Kopf“ geradezu exemplarisch für eine bestimmte deutsche Spielart der Denkfaulheit sein, jene seltsame Mischung aus unbedingter Technikskepsis, weltpolitischer Naivität und einer Vorliebe fürs Drehen am ganz großen Verschwörungsrad. Dass Fernsehfilme, anders als journalistische Beiträge, mutmaßen, spekulieren, fabulieren und vorausdenken dürfen, wie Granderath es in seinem Text zu diesem Film dezidiert einfordert, steht außer Frage. Kritikwürdig dagegen bleibt, dass sich dieser Film gleich auf den absurdesten, abgefahrensten, schrägsten und (noch einmal eine andere Qualität:) vorurteilsfreudigsten Pfad begibt, den er nicht einmal ohne frappierende Plot-Holes erzählen kann (eklatante Ungereimtheiten im Überwachungsvideo des finalen Rettungsschussen fallen Lindholm erst ganz am Schluss des Films auf). So verspielt der Film genau das, was ihm fehlt, um einen veritablen Debattenbeitrag beizusteuern und seiner Ambition gerecht zu werden: Glaubwürdigkeit.
Das Erste zeigt «Tatort – Krieg im Kopf» am Sonntag, den 29. März um 20.15 Uhr.
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