Filmfacts: «I Still Believe»
- VÖ: 27. August 2020
- FSK: PG-13
- Laufzeit: 116 Min.
- Genre: Drama/Romanze
- Kamera: Kristopher Kimlin
- Musik: John Debney
- Buch: Jon Erwin, Jon Gunn
- Regie: The Erwin Brothers
- Darsteller: K.J. Apa, Britt Robertson, Gary Sinise, Shania Twain, Reuben Dodd, Terry Serpico, Nicolas Bechtel
- OT: I Still Believe (USA 2020)
Aber sie hinterlassen bei Außenstehenden nun mal einen unangenehmen Beigeschmack, da sie dem Zuschauer, der im Anbetracht der Zielgruppe möglicherweise noch längst nicht reflektiert genug ist, um das Gezeigte zu hinterfragen, die Glaubensbotschaft mit dem Holzhammer einflößen. Wer die Existenz Gottes am Ende von «I Still Believe» noch immer in Frage stellt, den möge auf der Stelle der Blitz treffen.
Eine (un)sterbliche Liebe
Der aufstrebende junge Musiker Jeremy (K.J. Apa) verliebt sich Hals über Kopf in die bezaubernde Melissa (Britt Robertson). Doch ihr Glück scheint nur von kurzer Dauer, denn Melissa erhält eine schreckliche Diagnose. Durch Jeremys Musik schöpft das junge Paar immer wieder Kraft, sich gegen das Schicksal zu stellen. Ihr gemeinsamer Lebensmut scheint alles überwinden zu können. Doch ist ihre Liebe stark genug, den Weg bis zum Ende gemeinsam zu gehen?
Es beginnt eigentlich alles recht harmlos; Nämlich wie eine von tausend Teenie-Schnulzen, in denen sich zwei junge Menschen ineinander verlieben, eh sie mit einem schweren Schicksalsschlag konfrontiert werden. Doch wer bis zu dem Moment der Krankheitsdiagnose noch nicht davon abgeschreckt war, dass hier außerdem im Minutentakt an die Großzügigkeit Gottes appelliert wird – es ist ja vollkommen okay, wenn man sich schon im jungen Alter sehr stark über seinen Glauben definiert, darin Halt und Geborgenheit findet – der wird spätestens dann die Hände vors Gesicht schlagen, wenn die an Krebs erkrankte Melisse ihrem Liebsten vollkommen abgeklärt davon erzählt, dass Gott ja sicher etwas Größeres für sie vorhabe. Eine Krebserkrankung als Gottes Geschenk: Halleluja! Doch dabei bleibt es nicht. Erst ist die junge Frau sterbenskrank, dann ganz plötzlich wieder gesund (und damit erklärterweise ein „Gotteswunder“), nur um schließlich erneut schwer an Krebs zu erkranken.
Und so sehr einem die Behauptung der „wahren Ereignissen“ von Beginn des Films sowie die Worte des Popmusikers Jeremy Camp und seiner heutigen Frau Adrienne auch imponieren mögen, so wenig lassen es die permanenten Gottespreisungen irgendwann zu, dass man mit den Protagonisten überhaupt noch mitfiebert, weil man die vielen „Thank God!“s und andere miserabel geschriebenen Liebes- und Lebensschwüre einfach nicht mehr hören kann.
Zynisch, nicht romantisch
Es ist insbesondere das letztere Attribut, das «I Still Believe» auch mit den Augen der christlich orientierten Zielgruppe kaum besser macht. Denn so empfänglich man auch dafür sein mag, dass Gott höchstpersönlich für die Erkrankung, Genesung und Wiedererkrankung eines jungen Mädchens verantwortlich ist, um ein junges (Ehe-)Glück auf die Probe zu stellen, so sehr grätschen die Autoren Jon Erwin («I Can Only Imagine») und Jon Gunn («The Week») mit ihren hanebüchen miserablen Dialogen dazwischen. Wenn Melissa sich in minutenlangen Liebesschwüren mit den Sternen im Universum vergleicht („Die hellsten Sterne lebten am kürzesten!“), dann mag das auf dem Papier, vielleicht in Gedichtform an den oder die Liebste(n), poetisch klingen. Doch authentische Dialoge zwischen verliebten Teenagern sind das ganz und gar nicht.
- © Studiocanal
Das Schicksal hält für das junge Paar nichts Gutes bereit...
Hinzu kommt, dass zwar die Chemie zwischen Britt Robertson («A World Beyond») und ihrem Filmpartner K.J. Apa («The Hate U Give») stimmt, beide allerdings so schlecht spielen wie lange nicht. Letzterem nimmt man es noch nicht einmal ab, glaubhaft erschöpft auf dem Boden eines Krankenhauses zu liegen, während Robertson in den Momenten des angestrengt in die Ferne Starrens eher zum unfreiwilligen Schmunzeln einlädt als zum Mitfühlen. Das von ihr dargestellte Drama ist einfach immer eine Spur zu viel.
Inszenatorisch kann sich «I Still Believe» dagegen durchaus sehen lassen. Die ohnehin mit dem Segment der christlichen Propagandafilme vertrauten Regiebrüder Andrew und Jon Erwin (inszenierten zusammen schon die ähnlich verorteten Filme «I Can Only Imagine» und «October Baby») orientieren sich für ihren Film an den Werken eines Nicolas Sparks. Sie beginnen ihre Geschichte vor einem spektakulären Sonnenaufgang. Auch sonst steht bei den hochglänzenden Kameraaufnahmen ihres Stammkameramanns Kristopher Kimlin die Sonne oft tief und sorgt für verträumte Bilder, vor denen sich die Hauptfiguren noch viel verträumter in die Augen schauen. Auch die Musik spielt – für einen Film über einen hocherfolgreichen Musiker erwartbar – keine unwichtige Rolle in «I Still Believe».
Das ist auf der einen Seite sogar ganz nett, denn wer auch nur ein wenig für balladenlastigen Countrypop empfänglich ist, der bekommt hier einige schöne Nummern präsentiert. Andererseits wirkt es auch äußerst konstruiert, in welchen Momenten Jeremy hier seine Gitarre rausholt. Und damit meinen wir weniger die unzähligen Bühnenauftritte oder die Szene, in der er für seine Verlobte am Krankenbett singt. Und apropos Musik: Dass die Rolle von Jeremys Mutter ausgerechnet von der einst so erfolgreichen Countrysängerin Shania Twain („That don’t impress me much“) verkörpert wird, hätten wir beim besten Willen nicht gesehen.
Fazit
Christlicher Propagandakitsch im Gewand eines romantischen Jugenddramas – so schön das alles auch aussieht und klingt, alles andere ist nur schwer erträglich.
«I Still Believe» ist ab dem 27. August in den deutschen Kinos zu sehen.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
20.06.2020 11:39 Uhr 1
22.06.2020 08:19 Uhr 2