Serientäter

«Cursed» Staffel 1: Eine Auserwählte, ein Schwert und viele Fragezeichen …

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Im vergangenen Winter ist Netflix mit seiner „Original Series“ «The Witcher» endgültig in das Rennen um den nächsten großen Fantasy-Hit eingestiegen – und wurde damit den hohen Erwartungen insgesamt durchaus gerecht. Trifft das auch auf die neueste fantastische Eigenproduktion des Streamingdienstes zu?

Man kann wahrlich nicht behaupten, dass die Artussage selten für die große Leinwand adaptiert worden wäre – und auch als Vorlage für diverse Serien durfte/musste sie im Laufe der Jahre immer wieder herhalten. Das wiederum ist nicht verwunderlich, denn neben dem einen wahren König hat dieser Mythos noch zahlreiche andere legendäre Charaktere zu bieten, die förmlich danach schreien, neu interpretiert zu werden. Viele werden spontan an Merlin, Morgana oder einzelne Ritter der Tafelrunde denken – an die Hüterin des Sees, besser bekannt als „Lady of the Lake“, vermutlich nur sehr wenige. Dass Autor Tom Wheeler sich dennoch einst dazu entschieden hat, sie in den Mittelpunkt seines Romans „Cursed“ zu stellen, ist daher umso interessanter.

Doch Gewässer scheinen im Leben von Nimue – ein weiterer Name, der der Sagengestalt zugeschrieben wird – (vorerst) keine bedeutende Rolle zu spielen. Sie ist eine sogenannte Fey und hat als solche eine besondere Verbindung zur Natur. Die junge Protagonistin ist allerdings nicht die Einzige ihrer Art. Es gibt ganz unterschiedliche Fey-Clans, die man schon rein äußerlich gut unterscheiden kann: Manche von ihnen sehen Menschen zum Verwechseln ähnlich, andere hingegen besitzen beispielsweise ein Geweih. Sie alle eint jedoch eines: Sie sind der Kirche ein Dorn im Auge, weshalb Pater Carden mit seinen Roten Paladinen durch das Land reist und Fey-Dorf für Fey-Dorf zerstört – nur die wenigsten Bewohner überleben, und das auch nur, weil es ihnen gelungen ist, rechtzeitig zu fliehen.

Dies ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen ist der Kampf um die Krone „abgebildet“: Direkte Kontrahenten sind König Uther und Cumber der Eiskönig – und so viel sei verraten: Zumindest indirekt mischt auch ein dritter Thronanwärter mit, der sich lange bedeckt hält, dessen Karten aber womöglich besser sind, als es zunächst den Anschein hat. Nach diesen Ausführungen könnte man meinen, die beiden Erzählstränge hätten nahezu keine Berührungspunkte, ein wichtiges Detail wurde jedoch bislang auch unerwähnt gelassen: das Schwert der Macht – das Wort „Excalibur“ fällt nie. Dieses wird Nimue gleich zu Beginn von ihrer Mutter Lenore anver- und sie von ihr gleichzeitig mit der Aufgabe betraut, es Merlin dem Zauberer zukommen zu lassen, der (anfangs) in Uthers Diensten steht und von da an nimmt die Geschichte ihren Lauf …

Man könnte meinen, all das wäre eine Art Garantie für das nächste magisch-mystische Universum, das einen in seinen Bann zieht, dessen Charaktere einem ans Herz wachsen – zumal die Serie im Großen und Ganzen ihrer literarischen Vorlage treu bleibt. Dies überrascht einen weniger, wenn man weiß, dass beide Werke auf dieselben Kreativen zurückgehen: auf den bereits erwähnten Autor Tom Wheeler sowie Comic-Legende Frank Miller, der die Romanversion einst in der ihm eigenen Weise bebilderte und dessen Ideen schon vielfach ihren Weg auf die unterschiedlichsten Bildschirme gefunden haben. So einfach ist die Angelegenheit dann allerdings doch nicht. Im Gegenteil: Die größten Probleme des Netflix-Originals sind größtenteils auf das „Source Material“ zurückzuführen, sprich: Man hat bei der Überführung in ein anderes Medium die Chance verpasst, inhaltliche Korrekturen von weitreichendem Ausmaß vorzunehmen – und gerade für die geistigen Väter einer solchen Erzählung wäre es verhältnismäßig leicht gewesen, besagte Anpassungen zu begründen, ohne sich dadurch angreifbar zu machen.



Es kam anders und so stellt sich für jene, die in den «Cursed»-Kosmos eintauchen, wieder und wieder eine Frage: Warum? So erschließt sich einem beispielsweise so gut wie gar nicht, warum stets damit geworben wird, dass es sich hierbei angeblich um eine Neuinterpretation der Artussage handelt. Wäre dem so, würden Charaktere, die ikonische Namen wie eben Merlin, Arthur oder Morgana (Morgan le Fay – ja, sie wird mit „A“ geschrieben) tragen, auch von ihrem Wesen her an ebenjene erinnern und würden außerdem über eine nicht gänzlich veränderte „Backstory“ verfügen. Und selbst wenn in künftigen Bänden respektive Staffeln durch diverse erzählerische „Verrenkungen“ etwa hergeleitet werden würde, dass es sich bei Arthur doch um Uthers Sohn handelt, wäre dies nicht nur inkonsequent, sondern würde überdies die „Origin-Story“ des hier präsentierten Arthurs konterkarieren und der Figur dessen berauben, was sie ausmacht. Will heißen, man hat sich ohne Not in eine Situation gebracht, in der es kaum noch machbar erscheint, die Erwartungshaltung derer mit wenigstens rudimentärem Kontextwissen und die Vision der Macher zusammenzubringen.

Erfahren Sie auf der nächsten Seite mehr über die neue Netflix-Serie.

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