Die Kritiker

«Black is King»: Ein kunterbuntes, majestätisches Pop-Experiment

von

Ein Film, basierend auf einem Album, basierend auf einem Film, basierend auf einem Film, basierend auf jahrhundertealten Motiven. Und doch bewegend.

Filmfacts «Black is King»

  • Regie: Beyoncé Knowles-Carter, Kwasi Fordjour, Emmanuel Adjei, Blitz Bazawule, Ibra Ake, Jenn Nkiru, Jake Nava, Pierre Debusschere, Dikayl Rimmasch, Dafe Oboro (Ko-Regie), Julian Klincewicz (Ko-Regie)
  • Produktion: Beyoncé Knowles-Carter
  • Drehbuch: Beyoncé Knowles Carter, Yrsa Daley-Ward, Clover Hope, Andrew Morrow; beinhaltet ein Gedicht von Warsan Shire
  • Cast: Beyoncé Knowles-Carter, Shawn "Jay-Z" Carter, Lupita Nyong’o, Kelly Rowland, Pharell Williams, Tina Knowles-Lawson, Naomi Campbell, Blue Ivy Carter, Rumi Carter, Sir Carter
  • Musik: Beyoncé
  • Schnitt: Andrew Morrow, Maria-Celeste Garrahan, Haines Hall, Tom Watson
  • Laufzeit: 85 Minuten
Visuelle Alben sind keine Neuerfindung, aber sie sind besonders groß im Kommen. Beyoncé haute zusammen mit ihrem sechsten Studioalbum den gefeierten Musikvideofilm «Lemonade» raus, der aufgrund seiner Symbolkraft und seines Casts (unter anderem mit dabei: Laolu Senbanjo, Amandla Stenberg, Quvenzhané Wallis, Chloe x Halle, Zendaya und Serena Williams) für Furore sorgte. Janelle Monáe legte mit «Dirty Computer» nach. Und Donald Glover veröffentlichte auf Amazon Prime Video mit «Guava Island» so etwas ähnliches wie ein Visual Album, nämlich einen Kurzfilm, der mehrere seiner Songs adaptierte (mehr dazu).

Nun ist Beyoncé erneut an der Reihe. Ihr neues Visual Album, «Black is King», ist der jüngste Schritt in der Disney+-Strategie, mittels Musik zwischen zwei «The Mandalorian»-Staffel weiterhin auch abseits Disney-Nostalgikern und dem Familienpublikum relevant zu bleiben. Zuvor wurde schon ein Taylor-Swift-Konzert zum Abruf bereit gestellt (dies jedoch nur für eine begrenzte Zeit), kürzlich sorgte der Broadway-Mitschnitt «Hamilton» für einen Popularitätsschub des Streamingdiensts.

«Black is King» ist nun einerseits ein Paradebeispiel für die aktuelle Marktstrategie des Disney-Konzerns: Der Entertainmentgigant pocht zunehmend auf Produktionen, die eine Vorlage haben. Zu seinen größten Projekten der vergangenen Jahren zählen daher miteinander verbundene Comicadaptionen und Neuverfilmungen bereits erfolgreich von Disney verfilmter Stoffe. «Black is King» fällt ebenfalls in dieses Muster.

Denn der 85-minütige Disney+-Film basiert auf dem von Beyoncé kuratierten Tribute-Album «The Lion King: The Gift», der im Fahrwasser des 2019 veröffentlichten, im fotorealistischen Stil animierten CG-Films «Der König der Löwen» auf den Markt gebracht wurde. Der wiederum ist, bekanntermaßen, ein Quasi-1:1-Remake des Disney-Zeichentrickklassikers «Der König der Löwen» von 1994, der biblische Elemente, Shakespeare-Versatzstücke und Motive aus «Bambi» wiederverwendet.

Gleichzeitig ist «Black is King» aber ein sehr untypisches Projekt für Disney+, denn trotz dieser Hintergrundgeschichte ist dieses Visual Album ein sehr freier, kunstvoller Film und nicht etwa bloß ein weiteres Produkt: Assoziative Bilderreigen, selbstbewusste wie selbstverständliche Aufnahmen schwarzer Menschen in imposanten modernen Kostümen und farbenfroher, folkloristisch-traditioneller Aufmachung, wunderschöne Landschaftsaufnahmen Afrikas und einprägsame Hybride aus heutiger, urbaner Kultur und jahrhundertealter Symbole. All dies wechselt sich ab, während ein poppiger, souliger Soundtrack läuft.

«Black is King» ist keine Beyoncé-One-Woman-Show, sondern eine eklektische Kooperation zwischen dem Pop-Megastar, Emmanuel Adjei, Blitz Bazawule («The Burial Of Kojo»), Ibra Ake, Jenn Nkiru («En Vogue»), Jake Nava («Beyoncé»), Pierre Debusschere und Dikayl Rimmasch. Gemeinsam inszenierten sie dieses Visual Album als Liebesbrief an Afrika und als in die moderne verlegte Sage über einen jungen Adeligen, der Verrat, die Erwartungshaltung seiner Vorfahren, eine Auseinandersetzung mit seinem Selbstbild und Schwierigkeiten in der Liebe überwinden muss.

Insofern ist «Black is King» dann doch wieder eine selbstständige Interpretation dessen, was Beyoncé und die anderen Musiktalente hinter «The Lion King: The Gift» sich als da schon freie Interpretation zum Thema «Der König der Löwen» haben einfallen lassen. Jedoch sind diese Ursprünge von «Black is King» selten zu spüren – vornehmlich dann, wenn Audio-Clips aus Jon Favreaus Milliarden-Dollar-Hit aus dem Jahr 2019 in diesen Traum von Afrika, Identitätsüberlegungen und Empowerment gehebelt werden.

Gemeinhin ist diese Verschmelzung lose verbundener, aber ein größeres, mächtigeres Ganzes ergebender Musikvideos ein kunterbuntes, majestätisches Pop-Experiment, das sich über Farben, Formen, Bewegungen und Klang ausdrückt. Nicht über eine konventionelle Geschichte, geschweige denn über Cross-Promotion.

«Black is King» ist auf Disney+ abrufbar.

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