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Aus der Not machte er kurzerhand eine Tugend und schlug vor: "Und was ist, wenn ich selber Filme mache, um mein Profil zu schärfen?" Man erklärte ihm, dass das zwar eine potentielle Lösung sei, doch dass sich das viele vornehmen – und fast alle würden daran scheitern. Acars Antwort lautete: "Dann bemüh' ich mich, nicht zu scheitern." Und so kamen nicht nur die bereits erwähnten Filme zustande, sondern auch das von Acar produzierte Historiendrama «The Witch and the Ottoman», das diesen Herbst veröffentlicht wird.
Die Komödie «Faking Bullshit», inszeniert und geschrieben von «heute-show»-Außenreporter und «Sketch History»-Ensemblemitglied Alexander Schubert, kommt nach coronabedingter Startterminverschiebung am 10. September 2020 endlich in die deutschen Kinos. Im Gespräch mit uns verriet Acar, wie die Idee hinter diesem Remake der schwedischen Komödie «Kops» zustande gekommen ist, und was Kino ihm bedeutet.
Was überwiegt: Die Freude, dass «Faking Bullshit» endlich startet, oder die Sorge, dass er aufgrund Corona unter einem zögerlichen Publikum leiden wird?
Das hält sich die Waage. Mir ist zwar bewusst, dass Corona unseren Zahlen sicher nicht helfen wird. Zumal die Kino-Krise nichts Neues ist – schon ohne Corona ist Deutschland kinomuffelig geworden. Aber uns war klar: Ein Kinostart soll sein! Denn Kino ist und bleibt etwas Einzigartiges. Das muss weiter leben! Aber es kann nur weiterleben, wenn wir zusammenhalten und Filme für die große Leinwand machen.
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Im Publikum steckt man sich gegenseitig mit Lachen an. Man hört die Anspannung oder auch Euphorie der anderen Kinobesucher. Es ist unvorhersehbar, welche Szene wie ankommt. Und die Atmosphäre ist im Kino einfach anders als in den eigenen vier Wänden, ganz egal wie groß der Fernseher ist. Ich nenne das Kinoerlebnis "aktives Filmgucken". Zuhause ist man dagegen öfter abgelenkt.
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Erkan Acar
Das ist schade, dass offenbar immer mehr Menschen so denken. Kino ist bei jeder Art Film ein einmaliges Erlebnis. Im Publikum steckt man sich gegenseitig mit Lachen an. Man hört die Anspannung oder auch Euphorie der anderen Kinobesucher. Es ist unvorhersehbar, welche Szene wie ankommt. Und die Atmosphäre ist im Kino einfach anders als in den eigenen vier Wänden, ganz egal wie groß der Fernseher ist. Ich nenne das Kinoerlebnis "aktives Filmgucken". Zuhause ist man dagegen öfter abgelenkt. Es kommt Werbung oder der Stream stockt mal kurz oder die Qualität drosselt sich für einen Moment. Oder man geht auf Toilette, macht sich was zu essen, unterhält sich, guckt aufs Handy … Man lässt sich einfach viel zu schnell ablenken. Das ist "passives Filmgucken". Im Kino hingegen wird die Aufmerksamkeit auf den Film gelenkt und dort gehalten.
Wie kam der Gedanke zustande, «Kops» neu zu verfilmen?
Die ursprüngliche Idee, «Faking Bullshit» zu machen, stammte von Adrian Topol und mir. Wir waren in Ahlen und der Bürgermeister fragte uns, warum viele Filme in Berlin gedreht werden würden, anstatt auch mal in Städten wie Ahlen … Wir fanden das eine gute Idee, also stand die Frage im Raum, was wir in Ahlen drehen sollten. Aus heiterem Himmel kamen wir dann auf die Idee, «Kops» zu remaken. Und so ging's los.
Wir haben zügig die Grundprämisse erworben – und wurden uns zum Glück schnell mit den Schweden einig. Uns war aber auch sofort klar: Wir können das Originaldrehbuch nicht einfach übersetzen, wir müssen das Konzept nehmen und ans Heute anpassen. Sowie an die aktuelle Stimmung im Land. Alexander Schubert war es daher wichtig, Themen wie Gleichberechtigung, Alltagsrassismus und Vorurteilsbehaftungen zu behandeln. Denn bei der Story sah er viel Potential, gewitzte Beobachtungen einzubauen und so das Publikum darauf hinzuweisen, was es noch zu tun gibt – ohne dass es mit erhobenem Zeigefinger geschieht. Das Ziel war es, mit einem leichten Lächeln darüber zu scherzen und so zum Nachdenken anzuregen. Das war eine starke Idee und ich finde, Alexander hat das auch sehr gut, flockig im Skript umgesetzt. Es sollte nicht voll auf die Zwölf mit dem Vorschlaghammer sein.
Es gibt ja schon einige befreundete Gruppen von Stars und Filmschaffenden, die in variierender Kombination immer wieder zusammen gearbeitet haben. Das Rat Pack. Das Brat Pack. Das Frat Pack. Es gibt so viele Packs (schmunzelt) … Antje Wessels und ich nennen euch dagegen "Die «Schneeflöckchen»-Gang", aber das ist halt unser Label für euch. Da braucht es etwas Offizielles ...
(lacht) Sowas haben wir noch nicht.
Dann müssen wir was finden. Wie heißt eure WhatsApp-Gruppe?
Wir haben mehrere (lacht) SF, die steht für «Schneeflöckchen». R&K für «Ronny & Klaid» und eine FB-Gruppe für «Faking Bullshit».
Es gibt also noch nicht die allumfassende Gruppe?
Nunja, es gibt noch eine, wo sozusagen die "Oberhäupter" zusammenfinden (lacht). Die heißt Inner Circle.
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Ich habe kurz gehadert, weil ich die Sorge hatte, ich könnte mit meinem Aussehen und dem Namen womöglich ein Klischee des Kriminellen mit Migrationshintergrund bedienen.
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Erkan Acar darüber, dass er seine «Faking Bullshit»-Rolle fast aufgegeben hätte
Oder nennt uns doch als Referenz auf unsere Firma: Mavie.
Wie kam eigentlich der Name Mavie Films zustande?
Wir brauchten einen Namen, und ich hatte partout keine Idee. Meine Produzentenpartnerin Aysel Yilmaz meinte: "Ich finde die Farbe Blau sehr schön." Ich erwiderte: "Du willst die Firma doch nicht BLAU nennen?" Aysel sagte daraufhin: "Nein, nein, wir taufen sie in Türkisch." Und Blau heißt im Türkischen Mavie. Außerdem heißt "Ma vie" im Französischen "Mein Leben". Das fanden wir eine schöne Doppelbedeutung.
Nachdem die Karriere hinter den Kulissen quasi nur entstand, um das eingangs besagte Schauspielprofil aufzubessern – was ist das Zwischenfazit? Lieber Regieführen oder lieber Schauspielen?
Das ist tatsächlich komplett projektbezogen, wie sich letztlich gezeigt hat. Bei «Ronny & Klaid» gab es einfach keine Rolle, in der ich mich gesehen habe, also habe ich die Regie übernommen. Bei «Faking Bullshit» dagegen wollte ich unbedingt die Rolle des Dorfpolizisten spielen, der sein Revier retten will, und daher notgedrungen kleine Verbrechen anzettelt. Doch ich habe auch kurz gehadert, weil ich die Sorge hatte, ich könnte mit meinem Aussehen und dem Namen womöglich ein Klischee des Kriminellen mit Migrationshintergrund bedienen, denn wir wollen ja eigentlich Rollenschemata "durchbrechen". Ich hatte auf einmal die Frage im Sinn: "Sende ich da nicht wieder klischeehafte Signale aus?" Aber letztlich kamen wir gemeinsam zum Entschluss, dass das ja eine bürgerlich-spießige Motivation ist, die hinter der Kriminalität meiner Figur steckt, und dass ich die Rolle sehr wohl übernehmen darf, kann und will.
Schon traurig, dass solche Gedankenspiele überhaupt durchexerziert werden müssen.
Da sagst du was. (lacht)
Vielen Dank für das Gespräch.
«Faking Bullshit» ist ab dem 10. September 2020 in deutschen Kinos zu sehen.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
09.09.2020 12:13 Uhr 1
09.09.2020 12:20 Uhr 2
09.09.2020 14:09 Uhr 3
Dies war und ist eine Ode an das Kino und ist das Wort zum Mittwoch....