Stab
DREHBUCH: Lorenz StassenREGIE: Jan Haering
PRODUZENT: Sven Sund (Saxonia Media)
AUSFÜHRENDE PRODUZENTIN: Kerstin Lipownik
REDAKTION SWR: Michael Schmidl
PRODUCERIN: Katja Gawrilow, Kristina Sucic
DARSTELLER: Floriane Daniel, Tim Wilde, Wendy Güntensperger, Max König, Noah Calvin, Christine Prayon
Der Sporttaucher Jonas indes ist sich sicher, die 130 Meter zu schaffen. Von seiner Freundin, die bei einer Reederei arbeitet, erfährt er von dem Vorfall. Dabei geht es ihm nicht nur um den Inhalt des Tresors als solchem. Das Collier würde ihm Freiheit bringen. Jonas und sein Vater, ein erfolgreicher Arzt, sind nicht gerade ein Herz und eine Seele. Dass Jonas (eher semi-erfolgreich) aus seinem Hobby einen Beruf gemacht hat, gefällt dem Herrn Papa, der sich aus einfachen Verhältnissen nach oben geboxt hat, so gar nicht. Mit dem Geld aus einem Verkauf könnte Jonas endlich auf eigenen Füßen stehen. Nur macht er bei dem riskanten Tauchgang einen Fehler.
Das alles ist – nett. Die Kamera wackelt nicht, die Schauspieler stolpern nicht über ihre Texte. Es gibt einen Vater-Sohn-Konflikt, das geht immer. Es gibt natürlich auch ein bisschen was Privates (der Sohn der WaPo-Chefin Nele Fehrenbach will ausgerechnet bei besagtem Tauchlehrer Jonas das Tauchen erlernen, was die Frau Mama nicht wirklich doll findet). Das bringt etwas Persönliches in die Geschichte – und knüpft elegant eine Verbindung zum Tresordieb in spe: Das wäre also auch abgehakt. Der Bodensee wird seinerseits ein paar Mal schön ins Bild gesetzt, das täuscht etwas darüber hinweg, dass die Geschichte, die hier in 47 Minuten erzählt wird, tatsächlich etwas Füllmaterial braucht, um diese 47 Minuten auch mit Handlung zu füllen. Denn so viel Handlung gibt es unterm Strich nicht. Da ist der Untergang. Da ist der Sporttaucher. Da ist ein Fehler. Da stellt schon die Tatsache, dass lange die Frage unbeantwortet bleibt, ob überhaupt ein Verbrechen vorliegt, ein waghalsiges Experiment dar. Eine Krimiserie ohne Krimi? Die Idee wäre viel zu verlockend als dass sie in einer ARD-Krimiserie wirklich umgesetzt würde. An manchen Formaten geht das Goldene Zeitalter der TV-Serie irgendwie vorbei. Das ist schade.
- © ARD/Laurent Trümper
Das Team der Wapo Bodensee: Nele Fehrenbach (Floriane Daniel, 2.v.l.) mit dem neuen Kollegen Jakob Frings (Max König, l.), Paul Schott (Tim Wilde, 2.v.r.) und Julia Demmler (Wendy Güntensperger, r.).
Dass „Auf Messers Schneide“ dann aber doch ein Aha-Erlebnis präsentiert, ist einer recht ungewöhnlichen Besetzung zu verdanken. Marita Schiller nämlich wird von Christine Prayon dargestellt. Als Kabarettistin ist die gebürtige Bonnerin seit vielen Jahren auf deutschen Bühnen unterwegs, dennoch dürfte ihr Name vielen TV-Zuschauern nicht zwingend ein Begriff sein. Sagt man jedoch Birte Schneider, dann fällt der Groschen. Seit 2011 gehört sie in der Rolle der Fundamental-Realistin Birte Schneider zum Ensemble der «heute-show» und gibt als sarkastische Außenreporterin und Expertin für ziemlich jedes Thema Moderator Oliver Welke, den sie grundsätzlich nur als „Welke“ anredet, Zunder. Ihre spitzen Kommentare und ihre einschüchternden Auftritte vor der Kamera, haben ihre Figur letztlich für das Konzept der Show unverzichtbar gemacht. In der Rolle der Millionenerbin darf sie hier mit genau der aus der «heute-show» bekannten spitzen Zunge die ermittelnden Beamten gegen sich aufbringen. Ihre Arroganz wirkt dabei derart von oben herab, dass sie im Grunde eine Blaupause dafür liefert, wie man als Mensch vielleicht still und heimlich selbst gerne manchmal wäre, wenn einen die Umwelt einfach nur nervt - sich aber selbst nicht traut zu sein, weil es einfach nicht richtig ist. Ein Augendrehen, um dem Gegenüber zu verstehen zu geben, dass man ihn schlichtweg für etwas dumm hält? Christine Prayon liefert einen ganzen Baukasten an solchen Momenten, die auch nach dem Ende im Gedächtnis bleiben und selbst im Nachgang noch zum Schmunzeln animieren.
«WaPo Bodensee – Auf Messers Schneide». Am Dienstag, 3. November 2020, 18.50 Uhr, im Ersten und in der ARD-Mediathek.
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