Hingeschaut

Fußbruch und Feuergedöns

von

Konserven statt frische Mehlwürmer: Aber einmal im Jahr muss Dschungel halt sein

Die grauenvollen Buschbrände in Australien konnten 2020 das Dschungelcamp nicht stoppen. Ein Virus schaffte es. Aber ein Winter auf RTL ohne zwei Wochen lang täglich eine Dosis Dr. Bob? Undenkbar! Nun startete die Ersatz-. die B-Version. Aus "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" wurde "Ich bin ein Star - Die große Dschungelshow". Quasi ein "Holt mich hier rein!"

Denn es geht nun 14 Tage lang um einen Startplatz im Dschungel 2022. Sofern da nicht dann gerade wild boxende Kängurus ein Camp verhindern. Gibt es sowas wie "D-Prominente"? Ja, anscheinend. Rosenkavaliere, Liebesinseln oder das RTL-Format "Prince Charming" reichen diesmal aus, um dabei zu sein. Nun gut, Bea Fiedler war vor 30 Jahren mal sowas wie ein bundesweit bekanntes Sex-Sternchen. Und Xenia Prinzessin von Sachsen strahlt wenigstens ein bisschen Adel aus.

Aber wer - zur Hölle? - sind Christina Dimitriou, Djamila Rowe, Filip Pavlović, Mike Heiter, Lydia Kelovitz, Zoe Saip, Oliver Sanne oder Sam Dylan? Und dann noch Lars Tönsfeuerborn und Frank Fussbroich. Klingt wie Fußbruch und Feuergedöns. Wie Schmerz und heißer Krawall. Also doch anschauen? Na gut. "Da, wo andere einfach gestrickt sind, ist er nur ein Wollknäul!", wird Frank Fussbroich vorgestellt. Nett war aber auch gestern nicht.

Freitagabend, kurz nach 22 Uhr. Neustart für "IBES": Während sonst jährlich zumindest ein paar abgehalfterte und finanziell vor der Pleite stehenden Ex-Sportstars auf dem Flugzeug mit dem Fallschirm abspringen, um durch Flüsse zu schwimmen und nach 30 Kilometer Fußmarsch das Camp zu erreichen, könnten die "D-Promis" diesmal mit dem Rad kommen. Aber nein, sie werden mit der Limousine gefahren. Vorbei am Kölner Dom.

In Hürth steht das Studio, also wird doch nicht im Tropical Island in Brandenburg gedreht. Dr. Bob alias Kurt Mommsen, der Schauspieler aus Cottbus, ist genauso dabei wie Thorsten Legat. Wenigstens ein Ex-Fußballer. 9927 Mal in den Kölner Dom würde das Tiny House passen, in dem die Kandidaten leben - auf 18 qm. Nun gut, es sind immer nur gleichzeitig drei im Spiel. Zum Start Influencer Mike, Model Zoe und Frank, in den 70ern der erste Soap-Schauspieler Deutschlands, der sich angeblich seit 15 Jahren für jedes Camp bewirbt. Er beschließt: Zoe darf putzen, kochen und spülen. Darauf erstmal eine Zigarette.

Ein Rauchergärtchen gibt´s im Tiny House mit einem halben Doppelbett für zwei plus Hängematte. Mit Briefmarke könne man die Unterkunft für 4,99 Euro bei DHL versenden, scherzt Sonja Zietlow, mit Daniel Hartwich wie immer launige Moderatorin. RTL nimmt sich selbst ein bisschen auf die Schippe mit dem Dschungel im Gewerbegebiet. "Frische neue Gesichter" präsentiere man heuer. Plus Highlights aus den 14 Staffeln zuvor. Füllt ja auch das Abendprogramm.

"Wenn da so ein Hoden liegt...": Mike kündigt schon mal an, dass er zubeißen würde. Doch es sind ja nicht alleine die Prüfungen, die das Camp ausmach(t)en. Eher schon die Zusammenkunft von 12 Personen. Diesmal sind es immer nur drei, die sich nach und nach batteln um 50.000 Euro, das Goldene Ticket zur echten Show 2022 und den Aufstieg in die C-Prominenz. Genau das aber ist das falsch geplante Minus der Ersatzsendungen. Was hätte dagegen gesprochen, das dreckige Dutzend gleich zusammen einziehen zu lassen? So schön so ein Tiny House auch ist. Trotz fehlender WC-Türe und Plumpsklo. Gar nicht gut für den großen Dschungel-Furz!

Dann die Tauglichkeitsprüfungen abseits des "Dschungels": Irgendwie Nebenhandlung, weil im Vordergrund die Rückblicke stehen auf die vergangenen Jahre. Mit beispielsweise Melanie Müller, der unnötigsten Königin aller Zeiten. Sonderlich innovativ ist das nicht. Unterhaltsam schon, aber eher Konserve als frischer Mehlwurm. Der "Tropische Einlauf" zum ersten Sternesammeln: War auch schon mal da! Doch zugegeben: Den Versuch zu sehen, im zunehmend mit nicht nur Wasser voll laufenden Wasserbecken neun Essensportionen zu ergattern, macht Spaß wie einst in Australien Gedrehtes. Und nach eineinhalb Stunden schreit und heult endlich die erste krass versagende Kandidatin. Warum hat man Zoe das nicht vorher erzählt mit den Glibbertieren?

Trotzdem: Die Dschungelshow 2021 ist irgendwie so wie der Hauptsponsor "Tri Top Sirup": Nicht wirklich lecker! Aber auf RTL wird nun mal wieder alles runter geschluckt. Geschmacksverstärker in Sachen Dramaturgie soll das ständig eingeblendete "Live" oben links auf dem Bildschirm sein. Wobei die erste, 12 Minuten lange Prüfung auf knapp zehn zusammen geschnitten wurde und Heulsuse Zoe schon vorher im Einspieler mit dem Statement danach - komplett die ungeschminkte Wahrheit! - zu sehen ist. Ein bisschen Verarsche war "IBES" halt schon immer... Und ein Tummeplatz Mancher, die sich überschätzen. "Warum bist Du denn dann hier?", fragt Frank, nachdem Zoe verkackt hat. Wer das Ticket nach Australien NICHT bekommt, ist zumindest schon mal geklärt.

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