Am Montagabend fiel die Entscheidung um die Zukunft der zurückgetretenen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, die sich seit Wochen Vorwürfen der Vetternwirtschaft, Ungereimtheiten bei der Abrechnung von Abendessen in ihrer Privatwohnung sowie der Vergabe von Beraterverträgen ausgesetzt sieht. Hinzu kommen hohe Ausgaben für Luxus-Einrichtungen der Intendanten-Etage und ihren Dienstwagen. Im Zuge der Vorwürfe, die vom ‚Business-Insider‘ angestoßen wurden, trat Schlesinger bereits als ARD-Vorsitzende und als Intendantin des rbb zurück. Mittlerweile ermittelt auch die Generalstaatsanwaltschaft in der Causa. Ihr Vertrag beim rbb war allerdings noch bis Ende Februar 2023 befristet.
Der rbb-Rundfunkrat hat Patricia Schlesinger mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt als Intendantin des öffentlich-rechtlichen Senders abberufen, erklärte Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach nach der Sondersitzung des Gremiums. In geheimer Abstimmung sprachen sich 22 von 23 Anwesenden und damit die notwendige Zweidrittel-Mehrheit für diesen Schritt aus. Zu den konkreten Gründen für die Abberufung äußerte sich von Kirchbach mit Blick auf die weiterhin laufende juristische Auseinandersetzung nicht, das Vertrauensverhältnis zu Schlesinger sei aber nachhaltig zerstört.
„Wir hoffen, dass der Rundfunkrat mit dieser Entscheidung dem rbb die Aufarbeitung der Vergangenheit und der aktuellen Vorwürfe erleichtert. Gleichzeitig ebnen wir damit den Weg für eine Neuwahl“, erklärte Friederike von Kirchbach. „Wir setzen Vertrauen in die Aufklärungsarbeit der aktuellen Geschäftsführung und des gesamten rbb und erwarten dazu jetzt kontinuierliche Berichterstattung an die Gremien. Der Weg für einen Neuanfang im Sender ist jetzt frei. Der Rundfunkrat wird unabhängig davon in seinen kommenden Beratungen seine eigene Rolle und Arbeitsweise kritisch hinterfragen.“
Der nächste Schritt erfolgt nun im Verwaltungsrat des rbb. Dort müssen noch letzte Details zur Trennung geklärt werden. Zu seiner nächsten Sondersitzung möchte der Rundfunkrat in rund zwei Wochen zusammenkommen. Dort wird es auch um das Verfahren für die Wahl des nächsten Intendanten oder der nächsten Intendantin gehen. Mit den Ergebnissen der aktuell im rbb laufenden Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei will sich der Rundfunkrat in einer eigenen Klausur beschäftigen. Aktuell bekleidet Hagen Brandstäter übergangweise das Amt des Intendanten.
Unterdessen hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat den rbb aufgefordert, Unterlagen im Fall Schlesinger zur Verfügung zu stellen. Nach Informationen des rbb-Rechercheteams kommt der Sender dieser Aufforderung nach. Er hat demnach elektronische Akten und E-Mail-Postfächer gesichert, Zugriffe auf diese werden protokolliert. Betroffen sind neben der Intendanz auch die juristische Direktion, die Verwaltungsdirektion und die Gremiengeschäftsstelle. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsnahme gegen die zurückgetretene Intendantin Patricia Schlesinger sowie ihren Ehemann und den ehemaligen rbb-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf. Schlesinger bestritt die Vorwürfe am Montag in der Rundfunkratssitzung erneut: „Ich kann verstehen, dass einige Gäste [geladen waren neben Schlesinger und ihrem Ehemann sieben weitere Gäste, darunter auch Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik, die von einem privaten Treffen zur Einweihung der Wohnung ausgegangen war, Anmerkung der Redaktion) den Rahmen dieser Treffen als privat empfunden haben. Mein Wunsch war es, interessante Persönlichkeiten zusammenzubringen, mich mit ihnen zu vernetzen, um damit die Verankerung des rbb in der Gesellschaft, die vorher nicht ausgeprägt war, zu stärken.“
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