Mit seinem Buch "Jeder schreibt für sich allein" beleuchtet Anatol Regnier die Lebens- und Arbeitsweise von Autoren im Dritten Reich. Denn wollten Schriftsteller ihre Werke publizieren, mussten sie sich als Mitglied der Reichsschrifttumskammer registrieren lassen. Der Autor geht der Frage auf den Grund, was das für die Schaffenden bedeutete und welche Einschränkungen mit diesem Schritt verbunden waren.
Protagonisten kommen selbst zu Wort
Um eine objektive Analyse der Zeit zu gewährleisten, zog Regnier Verlagskorrespondenzen und Schriftstellernachlässe heran. Dadurch kommen die Protagonisten im Buch selbst zu Wort und geben Einblicke in ihr Wirken im Nazideutschland. Über ihr Schaffen berichten einerseits überzeugte Nazis und andererseits Autoren, die fälschlicherweise glaubten, richtig zu handeln. Dabei widmet sich der Autor auch der Frage, ob es als Schriftsteller im Dritten Reich überhaupt möglich war, sich als Kunstschaffender selbst treu zu bleiben.
Ambivalente Befunde
Dem Leser wird in "Jeder schreibt für sich allein" schnell deutlich, dass sich kein eindeutiges Urteil fällen lässt. Die Befunde liefern ein überraschend ambivalentes Ergebnis, das jenseits des Schwarz-Weiß-Denkens liegt. War ein Schriftsteller Mitglied der Reichsschrifttumskammer, galt er offiziell als Repräsentant des Dritten Reiches. Autoren standen so vor der Herausforderung, den Spagat zwischen künstlerischer Freiheit und der Einhaltung der Vorschriften der Diktatur zu schaffen. Durchaus gab es Kunstschaffende, die moralisch integer bleiben und trotzdem weiterhin ihrer Arbeit nachgehen wollten. Für sie stellte sich die Frage, ob und wie sie zur Judenverfolgung Stellung bezogen. Natürlich hegten einige Schriftsteller das Bedürfnis, Kontakt mit emigrierten Kollegen aufzunehmen.
All diesen Fragestellungen und Themen geht das Buch auf den Grund. Regnier nimmt eine streng objektive Haltung ein, um das Leben und Schaffen von Autoren ganzheitlich zu beleuchten.
Bewegende Biografien
Faszinierend und spielend leicht verknüpft der Titel die Biografien bekannter Größen wie Gottfried Benn, Agnes Miegel, Erich Kästner, Hans Fallada, Hanns Johst und Will Vesper. Durchaus handelt es sich hierbei um äußerst widersprüchliche Lebensläufe. Sie verdeutlichen, wie unterschiedlich Autoren das Regime erlebten. Gleichzeitig bilden Biografien die gesamte Bandbreite des menschlichen und künstlerischen Verhaltens im Dritten Reich ab.
Leser erhalten mit "Jeder schreibt für sich allein" also nicht nur Einblicke in die Lebensentwürfe Kunstschaffender, sondern sie kriegen gleichzeitig einen Eindruck vom Alltagsleben. Regnier folgt den Schicksalen einfühlsam, während er Nähe sucht, aber gleichzeitig respektvollen Abstand wahrt. Diese Tatsache wurde von Kritikern bereits mehrmals gelobt. In der Presse kam der Titel durchwegs gut an.
Die genannten Eigenschaften machen deutlich: "Jeder schreibt für sich allein" ist ein vortrefflich recherchiertes und sensibel verfasstes Zeitzeugnis, das historisch interessierte Leser nicht missen
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