Zum 36. Mal findet in sieben deutschen Großstädten das Fantasy Filmfest statt. Gezeigt werden ein Mix aus Genrefilme der Bereiche Horror, Thriller, Science-Fiction und natürlich Fantasy – und das wieder unter normalen Umständen. Heißt: Die Fans können wieder wie vor 2020 in Massen in die Kinos strömen. „Wir haben es auch in den letzten beiden Jahren geschafft, immer physisch stattzufinden“, sagt Frederike Dellert von der Festivaldirektion. „Allerdings im ersten Corona-Jahr sehr reduziert. Erste Normalität herrschte aber schon im letzten Jahr. Trotzdem verhielten sich die Leute noch verhalten.“
Was zum einen daran lag, dass die Corona-Regeln in den einzelnen Bundesländern sehr verschieden waren, und zum anderen, dass viele doch noch verängstigt waren, sodass weniger Besucher kamen als erhofft. „Aber nach zwei schwierigen Jahren ohne Förderung und Corona-Hilfen sind wir jetzt gespannt, was der September 2022 bringt“, führt Dellert weiter aus, „der Vorverkauf gestaltet sich schon mal positiv.“
Das Fantasy Filmfest begann zuerst zeitgleich in Berlin und München (bis 14.9.), danach folgten Hamburg, Stuttgart und Köln, und in Frankfurt und Nürnberg (vom 21. - 28.9.) findet der Abschluss statt. Eröffnet wird das Fest jeweils mit einem Paukenschlag: «Don’t Worry Darling» (ab 22.9. offiziell im Kino) ist die zweite Regiearbeit der Schauspielerin Olivia Wilde («Booksmart»), die uns in die Fünfzigerjahre zurückführt. Die Eigenheim-Idylle entwickelt sich jedoch in einen Albtraum, als ein Geheimprojekt außer Kontrolle gerät. Ein Mystery-Thriller ganz nach dem Geschmack von Fantasy-Cineasten.
Gezeigt werden aber auch Filmperlen verschiedenster Länder, die außerhalb des Filmfestes womöglich keine Chance haben, hierzulande auf die Leinwand zu kommen. Dazu zählt auch der italienische Beitrag «Freaks Out» von Gabriele Mainetti, der im Zweiten Weltkrieg spielt und von Ausgestoßenen mit geheimen Superkräften erzählt. Franz Rogowski («Große Freiheit») spielt einen Nazi, der diese für Hitlers Streitkräfte rekrutieren will. Es ist voraussichtlich die einzige Gelegenheit «Freaks Out» im Kino zu sehen, da der Film 2023 direkt auf DVD und Blu-ray erscheinen wird.
Dennoch läuft «Freaks Out» auf dem Festival in einem Wettbewerb für Zweitwerke namens ‚Fresh Blood‘, für das zehn Filme ausgewählt wurden. Für diese Reihe gab es erstmals sogar eine Festivalförderung vom Goethe Institut. Weitere Filme dieser Reihe sind u.a. «Medusa Deluxe» über einen Mord unter Friseuren, der Hai-Thriller «Year of the Shark» und der österreichische Beitrag «Family Dinner» über ein Mädchen, das auf einem unbehaglichen Bauernhof einen Albtraum erlebt.
„Früher hatten wir den Schwerpunkt auf Gore und Horror gehabt“, meint Dellert, „aber das hat sich total verändert. Wir haben mittlerweile ein geschmacklich viel breiter aufgestelltes Publikum, das kommt um ungewöhnliche Arthaus-Filme zu entdecken und auch viel mehr Frauen“, so Dellert, „was aber nicht heißt, dass die Zuschauerinnen nur weichgespülte Sachen sehen wollen.“ Sie hat schon öfters erlebt, dass sich ausgerechnet Frauengruppen den härtesten Film aussuchen. Psychothriller wie «Speak No Evil», eine dänisch-niederländische Koproduktion über zwei Paare, die sich im Urlaub kennenlernen, wo es nach einer zweiten Begegnung zur Eskalation kommt, oder der Science-Fiction-Thriller «After Yang» mit Colin Farrell in der Hauptrolle, in dem es um zukünftige Androiden geht, die in den USA das Familienleben bestimmen.
Abschlussfilm des Fantasy Filmfest ist der koreanische Katastrophenfilm «Emergency Declaration», der im letzten Jahr auf dem Filmfestival Cannes in der Midnight Sektion lief. Aufgrund permanenter Lockdowns in Südkorea blieb er aber quasi stecken und wurde nicht mehr weiter vermarktet. „Dieser Film beschäftigt sich mit einem Virus an Bord eines Flugzeugs“, ergänzt Frederike Dellert, „Da bin ich auch ein bisschen aufgeregt, wie sensibel die Leute darauf reagieren. Ich denke aber, dass es keine Berührungsängste geben wird. Der Film steht für sich als hervorragend produzierter, psychologisch intelligenter Actionthriller.“
Ein besonderes Highlight ist die Wiederaufführung von «Carrie» von 1976 in den Festivalstädten Hamburg, Köln und Stuttgart zu Ehren von Stephen King, der am 21. September seines 75. Geburtstag feiern wird. „Wir suchten nach einem Klassiker, der als cineastische Meisterleistung gilt, aber noch nicht so oft gezeigt wurde“, erklärt Dellert. Tatsächlich war «Carrie» die erste Adaption eines Stephen-King-Romans überhaupt. Sowohl Regisseur Brian de Palma als auch Hauptdarstellerin Sissy Spacek verhalf die Geschichte eines in der Schule gehänselten Mädchens, das über telekinetische Fähigkeiten besitzt und damit auf dem Schulball eine Katastrophe auslöst, zum Karriereschub. „Da werden wir uns richtig Mühe geben“, freut sich Frederike Dellert, „wir werden mit Glitter-Vorhängen dekorieren, uns kleine Krönchen aufsetzen und schöne Dinge verlosen.“ Tja, der Spaß soll beim Gruseln eben nicht auf der Strecke bleiben.
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