Serientäter

«Die Discounter»: Comedy zum Tiefpreis

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Bei Amazon tummelt sich eine Sendung, die sich für einen verregneten Sonntag eignet. Man kann «Die Discounter» zwar schauen, aber qualitativ ist das Werk nicht gerade der Vorzeige-Edeka unter den Serien.

Mit den Gebrüdern Albrecht, die die Discounter-Kette ALDI betreiben, und Lidl existieren in Deutschland zwei hervorragende Supermärkte, die sich stets um Trends bemühen und die Rivalen von Rewe und Edeka sind. In der zweiten Reihe wird es mit Penny, Norma & Co. schon etwas schmuddeliger, der Tiefpunkt ist wohl der Markt Feinkost Kolinski, der neben Hamburg-Altona auch Filialen in zwei anderen Stadtteilen haben soll. Die Verantwortlichen bei Amazon schlugen am Sitcom-Grabbeltisch zu und hievten die Produktion von Pyjama Pictures ins Programm.

Im Mittelpunkt von «Die Discounter», der in Altona ums Überleben kämpft, steht Filialleiter Thorsten, der seinen bunten Haufen an jungen Voll- und Teilzeitkräften zusammenhält. Hinzu kommt sein Sicherheitschef und Kaufhausdetektiv Jonas. Die Story fängt schon unglaubwürdig an: Thorsten bekam vom Mutterunternehmen 15.000 Euro, um in Sicherheitskameras zu investieren. Das tat er allerdings nicht, sondern steckte diese Summe in den laufenden Betrieb. Unterm Strich hat er überhaupt nichts Verwerfliches unternommen, dennoch steht seine Zukunft bei Feinkost Kolinski auf dem Spiel. Zum Ende der Staffel zieht sich Schlinge zu und ein Mitarbeiter muss Privates verkaufen, um den Marktleiter vor dem Ende zu bewahren.

Das ist natürlich völliger Nonsens, den sich Emil und Oskar Belton zusammen mit Bruno Alexander ausdachten, es ist aber die Handlung von «Die Discounter». Zunächst einmal würde die Umschichtung der Supermarkt-Umsätze ja offensichtlich auffallen, zum anderen geht für die Budget-Neuverteilung keiner ins Gefängnis. Warum hier nicht einmal die Produzenten von Pyjama Pictures, Christian Ulmen und Carsten Kelber, eingriffen, ist nicht verständlich. Ebenso zeigt diese Storyline, welche niedrigen Qualitätsstandards bei Amazon herrschen.

Das Format «Die Discounter» soll auf der niederländischen Serie «Vakkenvullers» basieren. Doch weder storymäßig noch von der Ausstattung oder von der visuellen Bildbearbeitung kann die deutsche Version mithalten. Es wirkt alles ein Stück schlechter, ernster und tatsächlich wie eine schlechte Kopie eines Vorzeige-Supermarktes – oder eben ALDI in den 80er Jahren.

Gegen die amerikanische Serie «Superstore» wirkt «Die Discounter» nur billig. 113 Folgen lang beackerte die Serie mit America Ferrera das Feld, die Produktion aus dem Hause Universal Television hat das Pferd schon zu Tode geritten. Wie schon viele weitere Workplace-Comedys sind solche Serien schwer zu produzieren. Darüber hinaus bedient sich die Serie noch den Mockumentary-Style, der allerdings halbherzig umgesetzt wird. Diese Akteure im Supermarkt versuchen die schlechten Bedingungen zwar zu verschleiern, dass aber ein Kamerateam das aufzeichnet und danach Interviews zum Thema gegeben werden, spielt dann keine Rolle mehr.

Im Feinkost Kolinski sind fast immer alle acht Kassierer anwesend. Die einen sitzen den gesamten Tag im Büro, die anderen schlafen auf dem Sofa und der Laden in der Größe eines gewöhnlichen Discounters beschäftigt seinen Sicherheitschef und einen Hausmeister. Das ist nicht nur unglaubwürdig, es führt auch dazu, dass die Figuren sich überschneiden. Die Filialleiterin Pina (Klara Lange) sieht man eigentlich nie, außer bei der Verkupplung eines Kunden oder bei Karriereaufstiegschancen. Peter (Ludger Bökelmann) fungiert zwar als halbstarker Chef, aber beispielsweise sind Titus (Bruno Alexander) und Samy (David Ali Rashed) kaum unterscheidbar. Gut, der eine arbeitet fest dort, der andere ist eine 450-Euro-Kraft und hat deshalb auch den Spitznamen 450er.

Ähnlich gestaltet es sich mit Lia (Marie Bloching) und Flora, die wenigstens toll von Rapperin Nura Habib Omer gespielt wird. Ansonsten bekommen die Fernsehzuschauer mittelmäßige Qualität geliefert, die zumindest vor der Kamera ein stimmiges Bild geliefert bekommen. Zwischenzeitlich kann Nura sogar einen Teil ihrer Lieder gekonnt in die Serie einbauen (Bravo!). Warum ein Discounter einen Hausmeister und noch die ältere Frau Jensen benötigt, ist allerdings schleierhaft. Die beiden haben kaum Screentime, die Autoren hätten die Hälfte der Figuren streichen können.

Die Storylines sind neben dem Hauptplot vorwiegend unsauber verfasst. Zahlreiche Geschichten werden abgebrochen, gute Ansätze überhaupt nicht weiterverfolgt. Das mag an der Tatsache liegen, dass Produktionen der Pyjama Pictures keine festen Drehbücher enthalten. Vielmehr bekommen die Darsteller einen Handlungsbogen genannt, mit dem sie improvisieren sollen. Warum ein Schauspieler wie Fahri Yardim stehlen muss, wird nicht beantwortet. Zwischenzeitlich wird angedeutet, dass sich Thorsten und Sicherheits-Guru Jonas (Merlin Sandmeyer) schon über Jahrzehnte kennen. Diese Geschichte wird ebenso an die Wand gefahren.



Die gesamte Serie dreht sich schlussendlich um Thorsten (Marc Hosemann), der eine Art Bernd Stromberg darstellen soll. Natürlich kommt er trotz Bemühen nicht an die Vorlage heran, dennoch ist sein Job in Gefahr. Ob das am Ende wirklich klappt? Man weiß es nicht, die gesamte Serie enthält nur neun Episoden, die zehnte Folge ist ein Making-of. Da fast alle Storylines lose wirken, scheint die Produktion schlecht abgelaufen zu sein. Amazon hat keine Serie im Portfolio, bei der die zehnte Folge ein Making-of ist. Neun Episoden für eine Sitcom ist ebenso ungewöhnlich.

«Die Discounter» wird am 11. November 2022 mit einer zweiten Staffel fortgesetzt. Hoffentlich ist der erzählerische Wirrwarr besser gelöst worden. Die Serie hat zwar ihre Fans und kann ganz gut weggebingt werden, allerdings ist sie fachlich eher suboptimal. Zusammenfassend ist es die schlechteste Mockumentary-Serie, die in den vergangenen Jahren in Deutschland gedreht wurde.

«Die Discounter» kann bei Amazon Prime Video gestreamt werden.

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