Bereits am Wochenende war die Branche in Aufruhr geraten, denn das italienische MediaForEurope (MFE) hatte bei der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde die „faktisch alleinige Kontrolle“ über das deutsche Medienunternehmen ProSiebenSat.1 Media SE angemeldet, bei dem man derzeit mit 22,72 Prozent beteiligt ist. MFE hat heute gegenüber der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) angezeigt, dass man „nunmehr plane“, die derzeitige Beteiligung an der ProSiebenSat.1 Media SE durch Transaktionen auf bis zu 29,9 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte zu erhöhen.
Bereits im März 2022 beabsichtigte MFE den Anteil an ProSiebenSat.1 auf „über 25 Prozent“ zu erhöhen. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) der Medienanstalten hatte diese Anzeige unter medienkonzentrations-rechtlichen Gesichtspunkten untersucht. Nach der Entscheidung vom 8. November liegen bei dem derzeitigen Beteiligungsanteil von knapp 23 Prozent keine Anhaltspunkte für einen der Beherrschung vergleichbaren Einfluss der MFE auf die ProSiebenSat.1-Gruppe vor. Der MFE, und damit auch Silvio Berlusconi, dessen Sohn Pier Silvio Geschäftsführer von MFE ist, sind die Programme der ProSiebenSat.1-Gruppe daher derzeit nicht zuzurechnen. Die KEK behält sich aber ausdrücklich vor, zu einer medienrechtlich anderen Entscheidung zu kommen, sofern die 25-Prozent-Schwelle überschritten werden sollte. Dies dürfte somit wohl eher früher als später der Fall sein.
Vor Überschreitung der Schwelle von 25 Prozent ist MFE zudem verpflichtet, dies bereits vor dem Vollzug den zuständigen Landesmedienanstalten, und durch diese der KEK, rechtzeitig anzu¬zeigen. Die heutige Anzeige von MFE bei der BLM ziele offensichtlich darauf ab, diese Verpflichtung nach dem Medienstaatsvertrag (MStV) zu erfüllen, wie die Bayerische Landeszentrale für neue Medien mitteilte. Laut den Medienhütern würde eine Beteiligungserhöhung auf bis zu 29,9 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte zudem die Frage aufwerfen, ob dadurch ein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne vorläge. Die Entscheidung darüber trifft die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten.
Zuletzt deutete viel auf einen größeren Einfluss der MFE auf ProSiebenSat.1 hin. Rainer Beaujean, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der deutschen Gruppe und erklärter Gegner eines Zusammenschlusses mit MFE, nahm Anfang Oktober etwas überraschend seinen Hut und wurde durch Bert Habets ersetzt. Habets wiederum zeigte sich schnell offen für einen Zusammenschluss, um eine internationale Holding zu gründen. MFE ist sowohl in Italien als auch in Spanien aktiv und betreibt dort mehrere Fernsehsender.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel