Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) steht etwas mehr als ein halbes Jahr nach den Skandalen um die Ex-Intendantin Patricia Schlesinger vor einem Neuanfang. Interimsintendantin Katrin Vernau, die seit September im Amt ist, stellte die Pläne für die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt am Mittwoch vor und kündigte ein umfangreiches Sparprogramm an. Bereits im November hatte man eine deutliche Reduktion der Ausgaben bekannt gegeben (Quotenmeter berichtete). Die Sparmaßnahmen umfassen rund 49 Millionen Euro, was sich aus der Misswirtschaft der vergangenen Jahre ergebe, wie der Sender in einer Mitteilung einmal mehr betonte. So wurden Mehrerträge aus dem Rundfunkbeitrag nicht – wie von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) gefordert – bis zum Ende der aktuellen Beitragsperiode zurückgelegt, sondern flossen in den laufenden Haushalt. Dadurch müssen bis Ende 2024 rund 41 Millionen Euro wieder aus der Planung herausgenommen werden. Hinzu kommen weitere, rund acht Millionen Euro, die für dieses und das kommende Jahr als Einsparziel durch die ehemalige Geschäftsleitung zwar vorgesehen, aber nicht mit Maßnahmen unterlegt waren.
Katrin Vernau sprach von einem „Kraftakt“, der für die Kurskorrektur „dringend erforderlich“ gewesen sei. „Ohne unser entschiedenes Handeln noch in der laufenden Beitragsperiode würden wir spätestens Ende 2024 in einen finanziellen Abgrund blicken. Die Zahlungsfähigkeit wäre nicht mehr ohne weiteres sichergestellt“, so Vernau und fügte an: „Angesichts der Ausgangslage sind wir in der erweiterten Unternehmensleitung überzeugt, den richtigen Weg in eine bessere Zukunft gefunden zu haben. Es ist uns gelungen, ausreichend Mittel zu mobilisieren, um sowohl in moderne Technologie und zukunftsfähiges Programm als auch in die regionale Berichterstattung in und aus Brandenburg investieren zu können. Darüber bin ich sehr froh und allen Beteiligten zu Dank verpflichtet. Der rbb steht damit auf wirtschaftlich solider Basis und ist programmstrategisch für die Zukunft gut aufgestellt.“
Der rbb lieferte zudem eine Übersicht über die geplanten Maßnahmen für das Programm mit. Die Programmdirektion müsse dafür allerdings ihre Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung 2023 und 2024 um insgesamt 21 Millionen Euro senken. Während man die Nachrichten-Flaggschiffe «rbb24 Abendschau» und «rbb24 Brandenburg aktuell» weiter pflegen wolle, konzentriert sich das rbb-Fernsehen generell auf die Sendestrecken zwischen 18:00 und 22:00 Uhr. Sichtbare Auswirkungen werde ein von 2024 an geltendes neues Programmschema nach sich ziehen. Darin wolle man „die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in Berlin und Brandenburg sowohl mit traditionellen als auch modernen Erzählweisen“ abbilden. Fester Bestandteil werden Thementage und dialogorientierte Sendungen, aber auch Übernahmen aus den Angeboten der ARD, heißt es weiter. Nach 22:00 Uhr soll der Programmaufwand minimiert werden.
Erhebliche Einsparungen ergeben sich darüber hinaus bei fiktionalen Produktionen und dadurch, dass die Federführung für das Studio Warschau beim WDR verbleibt. Davon unberührt bleibt das journalistische Engagement des rbb im Nachbarland Polen. Nicht weiter aus eigener Kraft leisten wird sich der rbb die weitere Finanzierung des «ARD Mittagsmagazins» im Ersten. Wie es mit der Kooperation zwischen der ARD und dem ZDF weitergehen werde, steht derzeit noch nicht fest. Es wurden aber Gespräche über die Fortführung der wöchentlich wechselnden Sendestrecke angekündigt.
Positiv sieht man beim rbb die Umschichtung hingegen für die Bereiche rbb24 Digital und die Angebote des rbb in der ARD-Mediathek, Audiothek und auf Drittplattformen. Programmangebote sollen künftig primär für die non-lineare Nutzung produziert werden. Verstärkt werde zudem die regionale Berichterstattung aus Brandenburg. So werde die journalistische Präsenz im westlichen Teil des Bundeslandes laut rbb-Angaben „hörbar, sichtbar und spürbar“ intensiviert.
Die Budgets senken muss derweil auch die Produktions- und Betriebsdirektion im Laufe der Jahre 2023 und 2024, und zwar um sieben Millionen Euro. Strategische Planungen und Workflows sollen sich künftig strikt an den Bedarfen der Programmdirektion orientieren. Gewährleistet bleiben sowohl der Ausbau der IT-Sicherheit als auch Investitionen in neue Technologien. Hohe Beachtung gilt der Optimierung der Metadaten für eine bessere Auffindbarkeit des Programmangebots in der Mediathek im Rahmen der digitalen Erneuerung der ARD. Auf den neuesten Stand gebracht wird zudem das Studio von «rbb24 Brandenburg aktuell».
In der Verwaltungsdirektion leistet das Gebäudemanagement einen besonders hohen Beitrag zum Gesamtsparvolumen. Zugute kommt dies der Programmdirektion, die damit höhere Abstriche vermeiden konnte. Insgesamt erbringt das Gebäudemanagement bis Ende 2024 rund zehn Millionen Euro des erforderlichen Einsparvolumens. Dazu beitragen werden Einmaleffekte durch den geplanten Verkauf von zwei Immobilien und zwei Grundstücken abseits der Kernstandorte Berlin und Potsdam. Die Regionalstandorte mit den Studios in Cottbus und Frankfurt/Oder bleiben erhalten. Strukturell auswirken wird sich mittelfristig die dank mobiler Arbeit mögliche Reduktion von Büroflächen um 25 Prozent und 10 Prozent bei den sonstigen Flächen. Hinzu kommen Abmietungen, die teilweise bereits begonnen haben. Sichergestellt bleiben Investitionen zur Erneuerung der Technik und zum Erhalt des Gebäudebestands. Von Einsparungen berührt sein wird aber auch die Mitarbeiterversorgung – durch reduzierte Öffnungszeiten der Kantinen und höhere Essenspreise.
Die Kosten für Personal und Organisation sollen bis Ende 2024 um knapp elf Millionen Euro sinken. Es bleibt beim bereits verhängten Stopp zur Nachbesetzung von Stellen, wobei eine bestehende Taskforce im Einzelfall prüft. Abgebaut werden die in der Vergangenheit außerhalb des regulären Plans aufgebauten Stellen. Insgesamt wird die Personalplanung im Sinne des nachhaltigen Sparens der künftig kleineren Organisationsstruktur des rbb angepasst. Dazu werden bis zum 1. Januar 2025 insgesamt 100 Stellen abgebaut.
Davon betroffen ist auch die Spitze des Senders. Vernau kündigte an, die Geschäftsleitung von derzeit vier auf zwei Direktionen zu verkleinern. Über den genauen Zuschnitt werde noch entschieden. Fest steht, dass es keine eigenständige juristische Direktion mehr geben wird. Perspektivisch um die Hälfte verringert wird zudem die im ARD-Vergleich überdurchschnittlich hohe Anzahl an außertariflich Beschäftigten. Erhalten werden außertarifliche Verträge – unterhalb der Ebene der Direktoren – ausschließlich Leiter der rbb-Hauptabteilungen.
„Diese intensive Zusammenarbeit, bei der alle Beteiligten frei von Bereichsegoismen an einem Strang zogen, war für mich eine sehr ermutigende, gute Erfahrung, die mir Hoffnung macht, für den jetzt vor uns liegenden steinigen Weg der Umsetzung“, erklärte Katrin Vernau. „Mir ist bewusst, wie schwierig die Situation und die bevorstehenden Veränderungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des rbb sind. Aber wir gehen diesen Weg gemeinsam, denn er bedeutet für den rbb, wieder zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Nach allem, was war und womöglich im Zuge der Aufklärungsarbeit noch kommt, bleibt unser Auftrag, für die Menschen in Brandenburg und Berlin da zu sein: im Fernsehen, im Hörfunk, in der Mediathek, in der Audiothek – und überall dort, wo sie sowohl nach gut recherchierten und für sie nützlichen Informationen als auch nach qualitativ hochwertigem Programm suchen.“
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel