Stab
Darsteller: Corinna Harfouch, Mark Waschke, Tan Cagler, Ercan Karaçayli, Ivo Kortlang, Kaya Marie MöllerMusik: Uwe Bossenz
Kamera: Michael Saxer
Musik: Anton Feist
Drehbuch: Stefan Kolditz und Katja Wenzel
Regie: Robert Thalheim
Eines der Highlights dieses Feiertags-«Tatorts» ist zweifelsohne das Schauspiel von Mark Waschke und Corinna Harfouch. Nach dem Weggang von Meret Becker zeigen sie, dass sie als neues Ermittlerteam eine erstklassige Wahl sind. Insbesondere die Figur von Susanne Bonard, gespielt von Corinna Harfouch, ist faszinierend und beeindruckend und wird als Koryphäe in ihrem Fach, der Kriminologie, eingeführt, die nun mit 62 Jahren noch einmal zurück auf die Straße geht, um einen merkwürdigen Fall aufzuklären, der sie nicht mehr loslässt. Dabei zeigt sie nicht nur Durchsetzungsvermögen und Stärke, sondern auch Verletzlichkeit und menschliche Züge. Mark Waschke als Robert Karow ergänzt sie mit seiner nüchternen, einfühlsamen und dabei ebenfalls sehr verletzlichen Art perfekt.
Aber der Reihe nach: Denn zu Beginn des Zweiteilers, mit dem die ARD uns allen das Osterwochenende versüßen und uns dabei noch zum Nachdenken anregen möchte, ist Susanne Bonard noch an der Polizeiakademie tätig, wo sie die nächste Generation von Polizisten ausbildet. Dort wird ihr ein Video zugespielt, in dem ihr verhasster Kollege seine Schüler mit rassistischen Vorstellungen indoktriniert und dazu aufstachelt, auch hart durchzugreifen und bei ihrer Tätigkeit weit über das hinauszugehen, was das Gesetz erlaubt. Bonard ist alarmiert. Aber die Strukturen in der Polizeiakademie sind eher auf Selbsterhaltung als auf Aufarbeitung getrimmt: Ihre Warnungen stoßen auf taube Ohren.
Eines Nachts dann der Anruf einer ehemaligen Polizeischülerin, mit der es in ihrer Ausbildungszeit Spannungen gegeben hatte. Doch jetzt schluchzt sie Bonard verzweifelt ins Ohr, die den Ernst der Lage nicht erkennt. Am nächsten Morgen ist die ehemalige Schülerin tot, erschossen auf ihrem Sofa, ihr vierjähriger Sohn zunächst verschwunden. Vieles sieht nach Selbstmord aus – oder soll zumindest so aussehen.
Besonders beeindruckend an dem Film ist jedoch nicht die eigentliche Handlung, sondern das Thema, dem er sich widmet. Es ist brisant und aktuell und wird derzeit in der deutschen Gesellschaft viel diskutiert. Rechtsradikale Netzwerke in der Polizei sind ein ernstzunehmendes Problem und der Film zeigt auf, wie tief diese Strukturen mitunter verwurzelt sind. Dabei wird nichts beschönigt oder verharmlost. Im Gegenteil: Der Film macht die Dringlichkeit und Gefahr plastisch bewusst, und zwar ohne in einen pathetischen Aufschrei zu münden, sondern ruhig, aber nachdrücklich und mit schonungsloser Kompromisslosigkeit.
Das Handlungsgeflecht des Films ist dabei so komplex wie spannend. Die Ermittlungen führen die Kommissare in unterschiedliche Teilbereiche eines zunehmend weiter verzweigten Netzes aus rechtsradikalen Umtrieben im Polizeiumfeld, wobei es mehrmals zu überraschenden Wendungen kommt. Besonders gelungen ist die Art und Weise, wie der Film die verschiedenen Ebenen des rechtsradikalen Netzwerks aufdeckt. Dabei werden auch politische Verflechtungen und internationale Verbindungen deutlich gemacht, wie sie auch für die Realität unterstellt werden können.
Insgesamt ist «Tatort – Nichts als die Wahrheit» damit ein herausragender Film, der nicht nur als Krimi, sondern auch als gesellschaftlich relevanter Beitrag überzeugt. Die Figuren sind toll gestaltet und das Schauspiel bewegt sich durchwegs auf einem sehr hohen Niveau. Bleibt zu hoffen, dass Corinna Harfouch die Reihe weiterhin so nachhaltig prägen wird wie in ihrer Auftaktfolge.
Der Zweiteiler «Tatort – Nichts als die Wahrheit» wird am 9. und 10. April im Ersten ausgestrahlt.
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