Jüngst gab einer der beiden Schöpfer von «Citadel», Joe Russo («Avengers») zu Protokoll, er glaube, dass binnen zwei Jahren Filme oder Serien entstehen könnten, die von künstlichen Intelligenzen geschaffen werden. Wer sich «Citadel» anschaut, könnte hingegen meinen, dass die Russo-Brüder diese bereits jetzt von einer KI haben schreiben und produzieren lassen. Die Serie hakt alle Checkboxen ab, die zumindest auf dem Papier nach Erfolg ausschauen. Hochwertig produziert, mit Explosionen und Actionszenen am Fließband, zwei attraktive Hauptdarsteller und das Spionagethema als zentraler Angelpunkt, sollten «Citadel» daher prinzipiell zu einem Selbstläufer machen.
Doch der wichtigste Punkt, eine zumindest einigermaßen originelle, plausible oder gar spannende Geschichte auf Papier zu bringen, scheint gänzlich außer Acht gelassen worden zu sein. Hier wirkt es beinahe wirklich so, als hätte ein Computer Skripts von Action- und Spionagefilmen der letzten 50 Jahre gescannt und versucht hieraus ein Best-of zusammen zu schreiben. Genauso wie bei ihrem 2021 für Netflix produzierten Action-Thriller «The Grey Man» ist auch aus «Citadel» ein schwacher Abklatsch der «Bourne» und «Bond» Filme geworden. Allein die Prämisse von Spionen, die ihr Gedächtnis verlieren («Bourne») und nun auf der Jagd nach Nuklearcodes sind, um die Welt zu retten («Bond» und praktisch alles der 80er Jahre) ist an Einfallslosigkeit kaum zu überbieten. OK, etwas von «Mr. Und Mrs. Smith» wurde ebenfalls noch in die Suppe hineingekippt…
Natürlich hätte auch hieraus noch etwas Gelungenes mit ordentlichem B-Movie-Charme entstehen können, doch dürfte es die stets unrealistische Handlung nicht einmal schaffen, den unaufmerksamsten Zuschauer vom Kopfschütteln abzuhalten. Abseits der Story sind die völlig zerschnittenen Kampfszenen ein weiterer deutlicher Hinweis für schlichte Faulheit. Zugegebenermaßen haben gerade die «John Wick»-Filme die Messlatte hier in den letzten Jahren hochgelegt, doch «Citadels» Schnittfeuerwerk, dass die Unzulänglichkeiten der Schauspieler und das Weglassen guter Choreographen überdecken soll, wirkt einfach arbeitsscheu.
Letztlich muss sich die Frage gestellt werden, ob das hier Gezeigte nicht auch für ein Zehntel des Budgets auf einem Networksender in ähnlicher Art und Weise ebenfalls realisierbar gewesen wäre. Dass «Citadel» noch gut genug ist, um nebenbei die Zeit totzuschlagen, sollte niemanden in Amazons Chefetage dazu verleiten, sich auf die Schulter zu klopfen, denn im Endeffekt ist aus «Citadel» das teuerste Hintergrundrauschen der Seriengeschichte geworden.
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