Hallo Herr Fischer. Sie waren unter anderem an der Entwicklung der NDR-Fernsehsendung «Hofgeschichten» beteiligt, die recht erfolgreich war. Was für ein Format wollten Sie kreieren?
Unser Gedanke: Menschen auf norddeutschen Höfen zu begleiten, ist super! Menschen auf Höfen in der ganzen Republik zu begleiten, ist vielleicht supersuper? Wir sind zuversichtlich: In Deutschland gibt es über 250.000 Bauernhöfe – und mindestens genauso viele Geschichten!
Am 24. Juli 2023 wechselt «Hofgeschichten» ins Erste. Nimmt Ihnen Das Erste ein Format weg oder bekommen Sie mehr Sendefläche gestellt?
Wir haben das Glück, dass unsere NDR-«Hofgeschichten» eine große Schwester bekommen: Die NDR-«Hofgeschichten» bleiben bestehen.
Die Zucchini-Ernte steht im Mittelpunkt, Böcke werden geschoren. Sind die «Hofgeschichten» die Zoo-Dokumentationen von früher?
In der Tat stecken in den NDR- und ARD-«Hofgeschichten» mit der verschachtelten Erzählweise Gene der Zoo-Dramaturgie. Allerdings stehen bei uns die Menschen mehr im Fokus und wir erzählen in jeder Folge nicht nur von einem Ort, sondern zeigen jeweils sechs Höfe in ganz Deutschland.
Nicht nur der Norddeutsche Rundfunk beteiligt sich an der Produktion, auch die anderen ARD-Anstalten bringen eigene Geschichten dazu. Wie unterscheiden sich die Bauern-Betriebe von Bundesland zu Bundesland?
Das ist das Tolle an diesem Format! Die Landwirtschaft eignet sich perfekt, um regionale Vielfalt zu erzählen – nicht nur durch die Menschen und ihre Dialekte, sondern auch landschaftlich. So lautet auch unser Untertitel „Ackern von den Alpen bis zur Ostsee“! Wir begleiten Landwirtinnen und Landwirte unter anderem am Tegernsee, im Spreewald, im Sauerland, in der Magdeburger Börde, in der Pfalz und bei uns in Ostfriesland. Dabei ist die Landschaft oft zentraler Bestandteil der Geschichte: Während die bayerische Bäuerin ihre Tiere auf die Alm bringt, muss der Spreewaldbauer per Kahn zu seinem Acker.
Werden bei den «Hofgeschichten» auch kritische Themen angesprochen? So bekommen die Spargelbauern Konkurrenz aus Südamerika und die Erntehelfer müssen teilweise noch in mangelhaften Unterkünften wohnen…
Wir zeigen die tagesaktuellen Herausforderungen der Landwirtinnen und Landwirte. Da bleiben solche Themen nicht aus. Wir erzählen deshalb unsere Geschichten konstruktiv, also beleuchten auch mögliche Lösungen für Probleme. Im Zentrum steht dabei immer die Leidenschaft für Landwirtschaft der Protagonistinnen und Protagonisten. Der Inselbauer aus Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise hat die Schwierigkeit, dass er in der bei Touristen sehr beliebten Region zu wenig bezahlbare Unterkünfte für seine Mitarbeiter findet. Wie löst er das Problem? Er kauft sich ein großes, gebrauchtes Hausboot, das er nun in einer mehrstündigen Fahrt aus der Werft über die Ostsee zu seinem Betrieb fahren muss. Und wir sind mit der Kamera dabei.
Bislang ist «Hofgeschichten» am Freitagvorabend um 18.15 Uhr im NDR Fernsehen zu sehen. Ist das ein perfektes Format zum Wochenausklang oder profitieren Sie davon, dass Das Erste und ZDF dort nicht die größten Hits versenden?
Auf unserem Youtube-Kanal „NDR auf’m Land“, auf dem wir neben dem Linearen und der Mediathek die NDR-Hofgeschichten veröffentlichen, bekommen wir regelmäßig die Rückmeldung, dass die Sendung für viele Zuschauerinnen und Zuschauer der Start ins Wochenende ist. Unter der Sendung von vergangenem Freitag steht beispielsweise der Kommentar:
@MaximilianeTaucheIBZ
vor 5 Tagen
Freitag, Feierabend - Hofgeschichten…
Die Produktion wird mit den ARD-«Hofgeschichten» deutlich vergrößert. Wie viele Bauern und Bäuerinnen stehen dieses Mal im Mittelpunkt?
Mit BR, MDR, RBB, SWR, WDR und NDR beteiligen sich sechs Landesrundfunkanstalten. Jede LRA stellt zwei Höfe. Und in jeder Folge tauchen sechs der insgesamt zwölf Höfe auf.
Wie finden neue Fernsehzuschauer in das Format, wenn Sie mit bereits etablierten Gesichtern arbeiten?
Wir hoffen auf die Magnetwirkung. Albert Smidt vom Pferdehof in Niedersachsen beispielsweise war bereits in den NDR-«Hofgeschichten» zu sehen und beim Publikum sehr beliebt. Als er bei den NDR-«Hofgeschichten» eine Pause einlegte, waren viele Fans traurig. Umso mehr freuen wir uns, dass er jetzt fürs Erste wieder mit auf dem Trecker sitzt – und hoffentlich viele Zuschauerinnen und Zuschauer ins Erste lockt.
Können Sie sich vorstellen, das Format auch in andere Länder zu übertragen und Geschichten aus dem Ausland zu erzählen?
Wir haben uns schon scherzhaft darüber unterhalten. Aber unser Ziel ist, die «Hofgeschichten» im Ersten zu etablieren.
Sie senden im Ersten auf dem «Verrückt nach Meer»-Sendeplatz, wie hoch sind denn die Quotenerwartungen?
Wir freuen uns sehr auf die Hofgeschichten und hoffen natürlich, dass sich auch unser Publikum von den spannenden und abwechslungsreichen Einblicken in das Leben und Arbeiten auf dem Land begeistern lässt. Wenn sich diese Begeisterung dann auch in den Zahlen niederschlägt, und die Reichweiten im Vergleich zum angestammten Programm noch steigen, dann wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
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