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Das Erste: Selbst beim jungen Publikum beliebt

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Christine Strobl, ihres Zeichens Tochter von Wolfgang Schäuble, hat in den vergangenen Jahren eine erfolgreiche Hand für das Programm gehabt.

Vitamin B hat schon der einen oder anderen Person einen einflussreichen Posten beschert. Medienmanagerin Christine Strobl, Tochter von Wolfgang Schäuble und mit Innenminister von Baden-Württemberg, Thomas Strobl liiert, führt seit 1. Mai 2021 die Geschicke des ARD-Gemeinschaftsprogramms Das Erste. Obwohl die 1971 geborene Politiker-Tochter stark mit der CDU verwurzelt ist, bekommt diese im Programm der blauen Eins keine Sonderbehandlung. Seitdem Strobl das Programm managt, gab es bislang keine Kritik. Im Gegenteil: Die Medienmanagerin baute die sechs Politik-Magazine am Dienstag und Donnerstag um, die Sendungen sollen mehr halbstündige Reportagen produzieren. Gleichzeitig bekam der «Weltspiegel» durch Reportagen ebenfalls mehr Fläche, die Redaktion ist zudem auch Teil der funk-Reihe «Atlas» für junge Menschen.

Strobl hat ein erfolgreiches Programm übernommen. Die Kriminalfilme am Sonntag («Tatort», «Polizeiruf 110») sowie am Donnerstag (Länderkrimis) sind seit Jahren erfolgreich, die Familien-Filme am Freitag laufen solide. Man könnte durchaus mit einer anderen Programmfarbe kokettieren, doch das würde vermutlich nur mehr Ärger als hohe Reichweiten hervorrufen. Die Sachsenklinik samt Spin-off läuft erfolgreich, wenngleich aber schon zahlreiche Zuschauer in die ARD Mediathek abgewandert sind. Ein Problemfall ist allerdings der Mittwochabend, der im ersten Halbjahr überwiegend mit Wiederholungen bespielt wurde. Hier herrscht eine Konzeptlosigkeit, denn Das Erste sollte einen größeren Anspruch haben, als bis zum St. Nimmerleinstag überwiegend alte Filme zu wiederholen.

In den vergangenen Jahren haben die ARD-Anstalten zahlreiche Miniserien produzieren lassen, die gegen 23.00 Uhr im linearen Ersten begannen und zum Teil gegen 03.00 Uhr erst endeten. Es ist zwar erfreulich, dass die Zuschauer in die Mediathek wechseln können, aber das lineare Fernsehprogramm sollte – vor allem – am Wochenende endlich aufgebrochen werden. Unterhaltsame Comedy-Serien wie «Irgendwas mit Medien» oder «Almanya» laufen nachts im Ersten oder am Programmrand von Sendern wie dem Hessischen Rundfunk. Gerade in der wintersportfreien Zeit hätten die Flächen im Tagesprogramm genutzt werden können. Stattdessen laufen zwei bis drei eigenproduzierte Spielfilme ohne Bezug. Ob sich die Redaktion über die Ausstrahlung dieser Filme Gedanken macht oder eine Excel-Liste abarbeitet, das lässt sich aus der Programmierung nicht erschließen.

Ein weiteres Problem sind maue Reichweiten im Nachmittagsprogramm. Es ist klug, durch die Leichtathletik-Europameisterschaft, die Fußball-Europameisterschaft, Tour de France und die Olympischen Spiele die täglichen Seifenopern «Rote Rosen» und «Sturm der Liebe» in eine längere Pause zu schicken, statt stetig diese Serien ausfallen zu lassen. Mit dieser Programmierung oder wahlweise der Verlegung zu einem anderen Sender hat die ARD schon die «Lindenstraße» kaputtgefahren. Das neue Nachmittagsmagazin «Leben. Live!» um 15.03 Uhr ist allerdings wenig originell und fühlt sich wie eine weitere Version von «MDR um 1» und «Hier und heute» (WDR) an. Mit kleinen Ausnahmen bietet die ARD direkt ab 05.30 Uhr bis 17.00 Uhr seichte Service-Magazine an, ehe im Anschluss die Regionalprogramme in den Dritten beginnen. Vielleicht sollte Das Erste aufgrund der veränderten Sehgewohnheiten den früheren «Verrückt nach Meer»-Slot für Deutschland-Dokumentationen nutzen. Unzählige Dokumentationen finden sich im Spätprogramm. Der Hessische Rundfunk hat erst kürzlich eine mehrteilige Reihe über die Hochhäuser von Frankfurt erstellt, der Bayerische Rundfunk nahm den Main unter die Lupe. Der Norddeutsche Rundfunk könnte beispielsweise von allen Inseln Dokumentationen in zwei Themenwochen senden.

Grundsätzlich hat Strobl Das Erste gut geführt. Der Marktanteil lag bei starken 12,1 Prozent in der Fernsehsaison 2023/2024. Bei den jungen Fernsehzuschauern liegt man mit 7,6 Prozent nur noch hinter RTL. Das liegt auch zum großen Teil daran, dass Das Erste neben dem ZDF auch immer wieder auf Fiktion, Sport und junges Programm setzt. So sind in den Quizshows wie «Wer weiß denn sowas?» YouTuber, Schauspieler und Influencer zu sehen, die das Programm bereichern. Auch die Europa-Wahl hat gezeigt, dass sich die Menschen über die Wahlberichterstattung freuen und das Programm gezielt anschauen. Strobl hat das zweiterfolgreichste Programm bei Jung und Alt geschaffen, doch Punkte zur Perfektion sind noch umsetzbar. Es würde dem Ersten auch gut zu Gesicht stehen, wenn endlich «Deutschland 3000 – Der Talk» aus der einjährigen Sommerpause kommt und als Ergänzung am späten Samstagabend läuft. Nach 23.30 Uhr werden an dieser Stelle die Bordsteine hochgeklappt, weshalb man dort speziell junge Talkshows wie «deep und deutlich» und andere funk-Projekte ausstrahlen könnte.

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