Debatte

Ideenlos unter Palmen

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Drei Jahre durfte Gras über «Promis unter Palmen» wachsen. Nun kündigte Sat.1 die Wiederbelebung des schrecklichen Krawall-Formats an. Eine faule Idee, die kein gutes Licht auf den neuen Senderchef wirft. Ein Kommentar von Veit-Luca Roth.

Seit Januar 2023 lassen sich Sat.1-Primetime-Formate – von Fußball-Übertragungen abgesehen – an sechs Fingern abzählen, die eine zwei vor dem Komma hatten. Es handelte sich stets um Filme – und keine Eigenproduktionen. Drei oder zumindest zwei Millionen Zuschauer sind eine große Verlockung. Diese Reichweiten generierte die Reality-Show «Promis unter Palmen» im Frühjahr 2020 trotz oder gerade wegen zahlreicher Skandale am laufenden Band. Nach der vorzeitig abgebrochenen zweiten Staffel entschied sich Sat.1 im Juni 2021 das Format von EndemolShine Germany und Rainer Laux Productions zu beenden.

Damals gab der Sender, der zu dieser Zeit frisch von Daniel Rosemann übernommen worden war, zu Protokoll: „Sat.1 verändert sich. Das haben wir angekündigt, das tun wir. Deshalb haben wir beschlossen: Es wird keine weitere Staffel von «Promis unter Palmen» geben.“ Man sei überzeugt: „Gutes Reality-TV ist hervorragende Fernsehunterhaltung. Aber «Promis unter Palmen» passt nicht mehr zu uns.“ Weiter hieß es damals in dem via Instagram verbreiteten Statement: „Veränderung braucht Zeit. Wir versuchen aus Fehlern zu lernen. Wir versprechen: Hier bleiben wir nicht stehen, sondern lassen unseren Worten weitere Taten folgen. Wir arbeiten im Moment an vielen neuen Ideen und Sendungen, die uns begeistern, und teilen sie mit euch, sobald wir das können. Wir haben ein großes Herz für richtig gute TV-Unterhaltung. Wir freuen uns auf ein neues Sat.1.“

Aus dem Versuch etwas Neues zu schaffen, wurde ein billiger und bewusst mit guter Laune versehener Abklatsch von «PuP», der auf den scheußlichen Namen «Club der guten Laune» hörte, der 2022 so erfolglos war, dass er nach nur drei Folgen den «Promis unter Palmen»-Sendeplatz um 20:15 Uhr räumen musste. Waren mit dem krawalligen Original in der ersten Staffel teils über 20 Prozent Marktanteil drin, dümpelte «Club der guten Laune» drei Wochen nicht mal auf einem Viertel dieses Niveaus herum. Seither ruhte das Format.

Neu-Senderchef Marc Rasmus, der bislang überschaubar viel Tatendrang zur Veränderung vorwies, schiebt dieser Maxime nun den Wind aus den Segeln. Für 2025 plant Sat.1 eine neue Staffel von «Promis unter Palmen». In der Ankündigung am Montag war die Rede von einer Villa mit „ausreichend Platz für gute Gespräche, intime Geständnisse und allerhand Lästereien“ –ohne jegliche Privatsphäre. Es werde „ehrenlos-amüsante Teamspiele“ geben. Von Zurückhaltung keine Spur. Stattdessen setzt man auf ein drei Jahre altes Pferd, das schon damals den Sprung über die Anstands-Latte verweigerte.

Vergehen der anderen sollten ein Warnschuss sein
Sat.1 ist beileibe nicht der einzige Privatsender, dem in den vergangenen Monaten wegen diverser moralischer Rückwärtsrollen schwindelig geworden ist. Allen voran ist RTLZWEI zu nennen, wo im März 2023 eine Doku-Soap mit dem Verschwörungstheorien schwurbelnden und nach Rechtsaußen tendierende Ex-Schlagerstar Michael Wendler angekündigt wurde. Schon da wurde eine rote Linie überschritten. Auch damals beteiligt: Rainer Laux mit seiner Produktionsfirma sowie EndemolShine Germany. RTL setzte Dieter Bohlen vor die Tür, nur um ihn dann wegen mangelnden Erfolges zu «Deutschland sucht den Superstar» zurückzuholen. Selbst «Das Supertalent» legte man mit dem „mega“-schreienden Jury-Hardliner neu auf. Kritik hatte für die Einstellung des Wendler-Projekts zur Folge und Bohlens Zahlen waren zwar besser als die von Florian Silbereisen, aber längst nicht so gut wie früher.

Sat.1 ignoriert nun diese Warnschüsse, in der Hoffnung in den letzten drei Jahren lange genug die Füße still gehalten zu haben, dass «Promis unter Palmen» schon fast als Nostalgie-TV durchgehen möge und sicher keiner mehr an die Geschmacksverirrungen erinnert. Das ist nicht nur blauäugig, sondern auch faul. Statt sich neue Konzepte und Ideen zu überlegen, setzt man dem Publikum mal wieder Aufgewärmtes vor. Das hat schon bei den «Sat.1-Kult-Show-Wochen» nicht funktioniert. Jörg Draeger suchte mit «Geh aufs Ganze» das Weite. „Viele Reality-Fans wünschen sich seit mehr als drei Jahren regelmäßig die Rückkehr dieser beliebten und überaus erfolgreichen Sat.1-Marke“, erklärt Marc Rasmus, der gewiss nicht für die Sat.1-Misere der letzten Jahre verantwortlich ist, der aber auch zuletzt Alexander Kumptner einen Ableger aus dem fulminant gescheiterten Nachmittags-Format «Volles Haus!» gab und Johann Lafer dessen ZDF-«Küchenschlacht» kopieren ließ. Herr Rasmus, wäre ein neues Konzept, eine frische Idee nicht mal was? Denn so stellt sich durchaus die Frage, wie viel einem eine gute Quote Wert ist. Die Haltung hat Sat.1 jedenfalls mit diesem Move schon jetzt verkauft. Aber wie heißt es so passend: "Für Geld mache ich alles!"

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