Die Kritiker

«Tatort – Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n»

von

Zum krönenden Abschluss des Frankfurter «Tatorts» gibt Matthias Brandt einen aus dem Tritt geratenen Psychiater. Ein würdiger Abschied?

Stab

Darsteller: Margarita Broich, Wolfram Koch, Matthias Brandt, Patrycia Ziolkowska, Andreas Schröders, Isaak Dentler
Musik: Raffael Seyfried
Kamera: Philipp Sichler
Drehbuch: Michael Proehl und Dirk Morgenstern
Regie: Till Endemann
Nun also das große Finale für Brix und Janneke – ein Duo, das seit 2014 in den Straßen Frankfurts ermittelt hat. «Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh'n» liefert den letzten Akt, doch anstatt mit einem großen Knall zu enden, gleitet dieser «Tatort» eher still und etwas orientierungslos über die Ziellinie. Ein Abschied, der nicht ganz weiß, wie er sich selbst verabschieden soll. Fast wie bei einem Dinner, das nicht schlecht schmeckt, aber eben auch nicht groß in Erinnerung bleibt – denn es fehlt der Pfeffer, der Biss.

Die Handlung dreht sich um Tristan Grünfels (Matthias Brandt), einen Psychologen und Opferbetreuer, der sich in einem schier aussichtslosen Strudel aus familiären Problemen und kriminellen Verstrickungen wiederfindet. Im Wahnanfall eine Ordnungsbeamtin erschlagen – ausgerechnet er, derjenige, der sonst als professioneller Helfer agiert, gerät zum Täter. Es ist nicht die altbekannte Geschichte vom Wolf im Schafspelz, der sich zunehmend in seine eigene Welt aus Schuld und Wahnsinn zurückzieht, so leicht macht es sich dieser Film nicht. Hier wird es düsterer, fast kafkaesk: Selbstgespräche, innere Zerrissenheit, es geht nicht um die Diagnose, sondern um den Mann, der sicherlich auch pathologisch aus dem Tritt geraten ist.

Matthias Brandt als Tristan Grünfels – damit ist diesem Frankfurter «Tatort»-Finale zum Schluss ein kleiner Coup gelungen. Denn diese Besetzung funktioniert bestens. Brandt, dieser ewige Melancholiker, gibt seiner Rolle die notwendige Zerrissenheit und Dringlichkeit. Die innere Stimme, die ihn permanent mahnt, schafft eine interessante Doppeldeutigkeit: Grünfels ist einer, der zwanghaft sein Inneres nach außen kehrt, als stehe er selbst staunend daneben und könne nicht begreifen, wie er diesen Pfad der Selbstzerstörung betreten hat. Hier glänzt der Film, hier wird es persönlich. Doch so kraftvoll Brandts Darstellung ist, so kraftlos bleibt leider der Rest des Ensembles.

Brix (Wolfram Koch) und Janneke (Margarita Broich) wirken seltsam blutleer, beinahe distanziert, nun da das Ende ihrer Ermittlungen unweigerlich naht. Besonders Brix scheint unter der Last seiner ewigen Konfrontationen mit dem Frankfurter Untergrund zusammenzubrechen. Eine Geschichte, die vielversprechend beginnt, verpufft schließlich auf einer unspektakulären Ziellinie. Die Chemie zwischen den beiden Ermittlern, die über die Jahre hinweg immer wieder aufblitzte, fehlt in dieser Episode schmerzlich. Die Dialoge wirken oft wie Pflichtübungen – ein Schlagabtausch ohne Leidenschaft. Selbst der letzte große Showdown schafft es dann nicht mehr, das nötige Feuer zu entfachen.

Was bleibt, ist der Versuch eines filmischen Rundumschlags: Die Handlung verstrickt sich in zahlreiche Nebenstränge, die letztlich mehr Verwirrung stiften als Spannung erzeugen. Hagen Grünfels (Andreas Schröders), Tristans Bruder, wird von einer Rotlichtgestalt erpresst – doch diese Storyline wirkt eher wie ein verzweifelter Versuch, zusätzliche Dramatik zu erzeugen. Auch die familiären Konflikte der Grünfels-Dynastie – Eheprobleme, Teenager-Schwangerschaften und Schulverweigerer – wirken da eher klischeehaft als innovativ.
Gekonnt gelingt es hingegen Kameramann Philipp Sichler, das urbane Grau Frankfurts stimmungsvoll einzufangen. Die trostlose Skyline, das traurige Pflaster – all das passt hervorragend zu der zunehmenden Verzweiflung Tristans. Es ist, als würde die Stadt selbst mit ihm zerfallen, je weiter er sich von jeglicher Hoffnung entfernt. „Es grünt so grün“ – ironischerweise scheint hier wenig zu blühen. Denn der letzte Frankfurter «Tatort» bleibt weitgehend grau. Ein Abschied, der die Erwartungen nicht erfüllt, aber immerhin den Versuch unternimmt, seine Figuren nicht im Regen stehen zu lassen. Wenn auch ohne donnernden Abgang, so doch mit einem melancholischen Seufzer.

Der Film «Tatort – Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n» wird am Sonntag, den 29. September um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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