Der Deutsche Fernsehpreis 2024 wird in dieser Woche an zwei Abenden verliehen. Am Dienstag, 24. September, werden in der „Nacht der Kreativen“ die besten kreativen Einzelleistungen gewürdigt, ehe einen Tag später Barbara Schöneberger im Ersten durch die große TV-Gala führt. Ein Preisträger wurde bereits am heutigen Montag bekannt gegeben: Die Stifter des Deutschen Fernsehpreises würdigen Mario Adorf als Ikone der Schauspielkunst mit dem Ehrenpreis. Mit der Auszeichnung ehren sie den Star als herausragenden Charakterdarsteller, der mit seiner enormen performativen Wucht und künstlerischen Kraft seit 70 Jahren das Publikum bewegt und Kolleginnen und Kollegen inspiriert. Mario Adorf erhält den Preis am 25. September im Rahmen der TV-Gala.
„Mario Adorf gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten Schauspielern Deutschlands und darüber hinaus“, so WDR-Intendant Tom Buhrow, diesjähriger Vorsitzender des Stifterkreises. „Mit seinen mehr als 200 Rollen hat er Fernseh- und Filmgeschichte geschrieben und ganze Generationen mit seiner enormen Präsenz in den Bann gezogen. Dabei ist er immer ein Star ohne Allüren geblieben, einer, für den ‚Authentizität‘ mehr ist als nur ein Wort. Diese Glaubwürdigkeit, mit der er seine Figuren in Szene setzt, macht seine Strahlkraft und seinen großen Erfolg aus. Für uns als Stifter des Deutschen Fernsehpreises ist es eine große Ehre, Mario Adorf den Ehrenpreis 2024 überreichen zu dürfen.“
„Mario Adorf spielte im Laufe seiner rund siebzigjährigen Karriere Patriarchen, Polizisten, Agenten, Väter, Liebhaber, zweimal sogar den Papst und immer wieder Schurken und Bösewichte. Mal grimmig und brutal, mal komisch und liebenswert, mal beides auf einmal“, heißt es seitens der Stifter in einer Mitteilung. „Bei aller Körperlichkeit, virilen Härte und mitunter ausgesprochenen Aggressivität verleiht er seinen Figuren stets eine Tiefe, die sie glaubwürdig, mitunter auch verletzlich und damit zu echten Menschen macht. Mario Adorf ist ein sehr genauer Beobachter der Welt, des Lebens und der Menschen. Das ist beispielsweise auch in seinem bis dato jüngsten Film zu spüren: in der vom WDR produzierten Gangsterkomödie «Alte Bande» (2019, ARD), für die er gemeinsam mit seinem Weggefährten Tilo Prückner (1940 – 2020) vor der Kamera stand. Die beiden hatten bereits Mitte der 70er-Jahre in «Bomber & Paganini» ein höchst skurriles Ganoven-Duo verkörpert. 2018 übernahm Adorf die Titelrolle in dem ZDF-Dokudrama «Karl Marx – der deutsche Prophet» und zeigte damit eindrucksvoll, dass er auch im hohen Alter nichts von seiner darstellerischen Überzeugungskraft eingebüßt hat.“
Seine Filmkarriere begann Adorf bereits im Jahr 1954, als er zum Cast des Klassikers «08/15» von Paul May gehörte. Bis Ende der 50er-Jahre folgten Filme wie «Der Arzt von Stalingrad» (1957), «Das Mädchen Rosemarie» (1958), «Das Totenschiff» (1959) oder «Schachnovelle» (1960). Anfang der 60er-Jahre wirkte er bereits in internationalen Produktionen mit, darunter die italienische Gangsterkomödie «Vergewaltigt in Ketten» (1961) mit Nino Manfredi und Gian Maria Volonté. In Harald Reinls «Winnetou 1. Teil» spielte er Santer, den Mörder von Winnetous Schwester Nscho-tschi (Marie Versini), seine im deutschsprachigen Raum lange Zeit wohl berühmteste Schurkenrolle.
Mitte der 60er ging es nach Hollywood, wo Mario Adorf unter der Regie von Sam Peckinpah in „Sierra Charriba“ vor der Kamera stand. Nach seiner Rückkehr nach Europa drehte Adorf vor allem in Italien und Frankreich. Schließlich avancierte er zu einem Protagonisten des Neuen Deutschen Films. Mit «Die Reise nach Wien» von Edgar Reitz setzte er in der Rolle eines NS-Funktionärs 1973 erste Akzente. In der Böll-Verfilmung «Die verlorene Ehre der Katharina Blum» (1975) von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta spielte er einen finster dreinblickenden Kommissar. Es folgten neben Nikos Perakis‘ «Bomber & Paganini» (1976) unter anderem Reinhard Hauffs «Der Hauptdarsteller» (1977), der von Rainer Werner Fassbinder, Alexander Kluge u.v.m. inszenierte Episodenfilm «Deutschland im Herbst» (1978) sowie Schlöndorffs 1980 Oscar-prämierte Grass-Verfilmung «Die Blechtrommel».
Zusätzlich zu den zahlreichen cineastischen Höhepunkten von Fassbinders «Lola» (1981) oder «Klassenverhältnisse» (1984) von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet bis hin zu Helmut Dietls «Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief» (1997) schrieb er ab den 80er-Jahren zunehmend Fernsehgeschichte. Unvergessen sind seine Auftritte als rheinischer Generaldirektor Heinrich Haffenloher in der ARD-Serie «Kir Royal» (1986), als titelgebender Patriarch in dem Vierteiler «Der große Bellheim» (1993, ZDF) oder als Unterweltkönig in dem fünfteiligen Thriller «Der Schattenmann» (1996, ZDF). Zudem mimte er einen BND-Agent in «Tresko – Der Maulwurf» (1996, Sat.1), einen Hamburger Senator in «Die Affäre Semmeling» (2002, ZDF), einen Marzipanfabrikanten in «Der letzte Patriarch» (2010, ARD). 2013 übernahm er in der «Pinocchio»-Verfilmung des vom WDR produzierten gleichnamigen ARD-Weihnachtszweiteilers die Rolle des armen Spielzeugmachers Geppetto. Im Jahr darauf war er als sensibler Witwer in dem Fernsehexperiment «Altersglühen – Speed Dating für Senioren» (ARD) zu sehen. Selbst mit seiner Rückkehr in die Karl-May-Welt, dem Kurzauftritt in «Winnetou – Der Mythos lebt» (2016, RTL) als Vater des Schurken Santer, sorgte er für Aufsehen.
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