Stab
Darsteller: Richy Müller, Felix Klare, Jürgen Hartmann, Moritz Führmann, Irene Böhm, Julika JenkinsMusik: Daniel Michael Kaiser
Kamera: Michael Merkel
Drehbuch: Norbert Baumgarten
Regie: Andreas Kleinert
Hannah Riedle (Mia Rainprechter), die junge Frau, die aus ihrem Dorf in ein neues Leben nach Stuttgart geflohen ist, wird tot aufgefunden. Die Tatort-Kommissare Lannert und Bootz – gespielt von Richy Müller und Felix Klare, die sich inzwischen fast schon standardisiert durch ihre Rollen bewegen – beginnen, die Fäden zwischen Hannas altem und neuem Leben aufzudröseln. Doch da liegt bereits das erste Problem: Wir erfahren kaum etwas wirklich Konkretes über Hannah selbst, außer dass sie anziehend war und das Dorf irgendwie hinter sich lassen wollte. Ein komplexer Charakter, der der Geschichte echtes Leben eingehaucht hätte, bleibt sie nicht – vielmehr wirkt sie wie eine vage Silhouette, die lediglich als Dreh- und Angelpunkt für die Konflikte der anderen Figuren dient.
Die Dorfbewohner, die in den Fokus der Ermittlungen geraten, sind ebenfalls Abziehbilder aus dem Baukasten für Krimi-Kulissen: Die Mutter (Julika Jenkins), die in ewiger Reue gefangen ist, der Vater (Moritz Führmann), der versucht, mit sprödem, pflichtbewusstem Schweigen die Fassade aufrechtzuerhalten, und der Dorfpfarrer, der mit großen und schwermütigen Worten das vermeintliche Seelenleben der Gemeinde zu fassen versucht. Alles scheint sich hier um unterdrückte Emotionen und angestaute Spannungen zu drehen – und doch bleiben die Figuren eindimensional. Kein Moment, der tief blicken lässt, keine Szene, die überrascht.
Die Ermittlungen selbst verlieren sich bald in der Banalität des Geschehens. Anstatt dass die Geschichte wirklich zupackt, mäandern die Kommissare zwischen Dorfbewohnern und verlieren dabei zunehmend an Profil. Man erwartet den Moment, in dem sich das Netz zusammenzieht, die Spannung sich entlädt – doch es bleibt flach. Da wird zwar ermittelt, nachgefragt und verdächtigt, aber nie wird wirklich etwas hinterfragt. Kein erhellender Moment, kein klares Ziel.
Auch die Bildsprache tut wenig, um der Atmosphäre auf die Sprünge zu helfen. Kameramann Michael Merkel wählt konventionelle Bilder, in denen das Dorf oft in einer Art malerischer Ruhe festgehalten wird. Ein Krimi, der die dunklen Seiten seiner Schauplätze aufzeigen will, funktioniert jedoch nicht mit derart klinisch-glatten Einstellungen, die die rauen Schattenseiten eines abgeschlossenen Mikrokosmos nur schemenhaft betonen.
Insgesamt wirkt «Tatort – Lass sie gehen» damit wie eine verschwendete Gelegenheit, aus den Themen von Verlust, Neuanfang und alten Konflikten eine tiefschürfende Geschichte zu stricken. Stattdessen verheddert sich der Film in seinen eigenen Erwartungen und schafft es nicht, die Zuschauer ernsthaft zu bewegen. Am Anfang steht zwar eine solide Grundidee, aber das Ergebnis ist weder besonders aufregend noch packend – der Zuschauer bleibt ebenso uninspiriert zurück wie die Geschichte selbst.
Der Film «Tatort – Lass sie gehen» wird am Sonntag, den 17. November um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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