Die einst revolutionäre Politserie «House of Cards» endete 2018 nach sechs Staffeln, allerdings nicht ohne Kontroversen. Der Abgang von Hauptdarsteller Kevin Spacey, der Frank Underwood spielte, prägte die letzte Staffel und sorgte für drastische Veränderungen in Handlung und Tonalität. Was als spannender Machtkampf begann, endete mit gemischten Reaktionen von Publikum und Kritikern. Die finale Staffel stellt eine mutige Neuausrichtung dar, die sich jedoch mit inhaltlichen und strukturellen Herausforderungen konfrontiert sah.
Nach den Vorwürfen sexueller Übergriffe gegen Kevin Spacey beschloss Netflix, die Serie ohne ihn fortzusetzen. Staffel 6 dreht sich daher um Claire Underwood (Robin Wright), die nach dem Tod von Frank die Präsidentschaft übernommen hat. Der Tod von Frank, der offscreen und ohne viel Erklärung passiert, setzt den Ton für die restliche Staffel. Claire behauptet, er sei in seinem Bett gestorben, doch die Umstände bleiben mysteriös. Robin Wright, die über die Jahre zu einer zentralen Figur der Serie wurde, rückt nun ins Zentrum und führt die Handlung mit einer Mischung aus eisiger Kontrolle und emotionaler Verletzlichkeit weiter. Sie spricht weiterhin direkt in die Kamera – eine Tradition, die Frank Underwood geprägt hat – und bringt eine neue Perspektive in diese Erzähltechnik. Die Handlung dreht sich um Claires Kampf, ihre Macht zu konsolidieren und sich gegen zahlreiche Feinde zu behaupten, darunter auch Doug Stamper (Michael Kelly), Franks loyaler Stabschef, der sich von seiner Loyalität zerrissen fühlt.
Einer der auffälligsten Unterschiede zwischen Staffel 5 und Staffel 6 ist der Ton der Serie. Wo die früheren Staffeln die Machenschaften Franks und Claires mit einer Mischung aus Zynismus und schwarzem Humor präsentierten, wirkt die finale Staffel oft düsterer und fragmentierter. Die Serie verzichtet auf den Spannungsaufbau, der sie einst auszeichnete, und versucht stattdessen, Claires Isolation und die Bedrohung durch ein patriarchales Establishment zu betonen. Claire sieht sich einer Vielzahl von Gegnern gegenüber: Die Shepherds, ein mächtiges Geschwisterpaar aus der Geschäftswelt (gespielt von Diane Lane und Greg Kinnear), versuchen, sie zu kontrollieren. Ihre Agenda erinnert an die der Underwoods in den früheren Staffeln, doch ihnen fehlt die gleiche Tiefe und Faszination, die Frank und Claire einst boten.
Die letzten Episoden stellen Claires Kampf um das Überleben in einer von Männern dominierten Welt in den Mittelpunkt. Sie wird schwanger, ein entscheidender Handlungspunkt, der als Metapher für einen Neuanfang der Macht fungiert. Dennoch bleibt unklar, ob ihre Schwangerschaft strategisch oder emotional motiviert ist – eine Ambivalenz, die viele Entscheidungen der letzten Staffel prägt.
Doug Stamper, der von Franks Tod gezeichnet ist, wird zu einer zentralen Figur im Finale. Er ist fest davon überzeugt, dass Claire eine Bedrohung für Franks Vermächtnis darstellt und dass es seine Pflicht ist, sie zu stoppen. Stamper offenbart schließlich, dass er derjenige war, der Frank getötet hat, weil er glaubte, dass Frank Claire töten wollte. Dieser Twist bringt die Serie zu einem intensiven, aber nicht ganz befriedigenden Höhepunkt: Claire tötet Doug mit einem Brieföffner, was symbolisch als endgültige Abrechnung mit Franks Einfluss interpretiert werden kann.
Die sechste Staffel unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Staffel 5, die Frank und Claire noch als manipulative Machtpartner zeigte. Während Staffel 5 ein ausgeklügeltes Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden und ihren Gegnern bot, leidet Staffel 6 unter der abrupten Abwesenheit von Frank. Die Handlung konzentriert sich mehr auf Claire, doch es fehlt oft der treibende Konflikt, der die Serie so spannend machte.
Auch in der visuellen und erzählerischen Gestaltung gibt es Unterschiede. Wo die vorherigen Staffeln durch eine klare Dramaturgie und präzise Dialoge überzeugten, wirkt Staffel 6 stellenweise überladen und inkohärent. Insbesondere die Einführung der Shepherds als neue Antagonisten wirkt erzwungen und kann die Lücke, die Franks Abwesenheit hinterlässt, nicht füllen. Die Entscheidung, Franks Tod nicht explizit darzustellen, stößt auf gemischte Reaktionen. Einige Zuschauer empfanden dies als elegante Lösung, während andere den plötzlichen Tod eines so zentralen Charakters als unbefriedigend wahrnahmen.
Das Finale von «House of Cards» wurde von Kritikern und Zuschauern unterschiedlich aufgenommen. Während viele Robin Wrights Performance lobten, wurden die Handlung und die Charakterentwicklung als inkonsequent und unbefriedigend kritisiert. Die Serie, die einst als bahnbrechend für Streaming-Dramen galt, endete mit weniger Einfluss und Aufmerksamkeit als erwartet. Trotzdem bleibt «House of Cards» ein Meilenstein in der Fernsehgeschichte. Es war die erste große Streaming-Serie von Netflix und ebnete den Weg für viele weitere Produktionen. Das Ende mag nicht alle Zuschauer überzeugt haben, doch die Serie bleibt ein Beispiel für die Risiken und Herausforderungen, die mit kreativen Neuausrichtungen einhergehen.
Das Ende von «House of Cards» spiegelt die Ambitionen und die Schwierigkeiten wider, eine bahnbrechende Serie unter außergewöhnlichen Umständen zu beenden. Die sechste Staffel steht im Schatten der Kontroversen um Kevin Spacey, aber auch im Licht von Robin Wrights starker Performance. Während die Handlung oft zerfasert wirkt, bleibt das zentrale Thema – der unerbittliche Kampf um Macht – bestehen. Claire Underwood mag nicht den gleichen Eindruck hinterlassen wie Frank, doch sie gibt der Serie ein finales Kapitel, das ihre eigene Geschichte erzählt.
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