Die Kritiker

«Tatort - Borowski und das hungrige Herz»

von

Borowski taucht in die Welt der Kieler Sex-Partys ein. Eine wilde Mischung, aber leider kein wilder Film.

Stab

Darsteller: Axel Milberg, Almila Bagriacik, Thomas Kügel, Laura Balzer, Lina Wendel, Martin Umbach
Musik: Haraldur Thrastarson
Kamera: Birgit Gudjonsdottir
Drehbuch: Katrin Bühlig
Regie: Maria Solrun
Manchmal genügt schon ein Blick auf den Titel, um zu ahnen, wohin die Reise geht – und bei «Borowski und das hungrige Herz» scheint diese Reise direkt in die Untiefen klischeehafter Darstellung menschlicher Begierden zu führen. Der Kieler «Tatort» verspricht auf dem Papier Spannung, Abgründe und einen Hauch von Tabubruch. Doch was man bekommt, ist eher eine routinierte Abhandlung, die viel will und wenig erreicht.

Das zentrale Verbrechen: eine erschossene Frau, eine Erotikparty, Spuren von Alkohol und Beruhigungsmitteln. Es könnte der Beginn eines mutigen Krimis sein, der sich traut, in die düsteren Abgründe der menschlichen Psyche und ihrer Sehnsüchte vorzudringen. Stattdessen liefert der Film eine überdramatisierte Inszenierung, die mehr auf langwierige Aufklärungsarbeit als auf Abgründigkeit setzt – und dabei letztlich weder dem einen noch dem anderen gerecht wird.

Die Ermittler, Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik), müssen nun plakativ „in die Welt der Sex- und Liebessüchtigen eintauchen“ – doch der Film bleibt seltsam distanziert. Statt intensiver Auseinandersetzung mit den Figuren oder gar einfühlsamer Erkundung ihrer Motivationen bleibt er bei der skizzenhaften Darstellung. Menschen mit komplexen Sehnsüchten und Leidenschaften werden hier zu uninspirierten Nebenfiguren degradiert, die primär dazu dienen, die Ermittler auf ihrer eigenen stupiden Heldenreise voranzutreiben.

Besonders enttäuschend ist dabei der Umgang mit Andrea Gonzor, dem Mordopfer. Ihr Leben wird fast ausschließlich durch die Linse ihrer Sexualität betrachtet, was sie zur bloßen Projektionsfläche für die Ermittler und den Zuschauer macht. Auch Nele, ihre Freundin, bleibt trotz ihrer dramaturgisch zentralen Rolle äußerst eindimensional. Und dann sind da noch Borowski und Sahin, ein Duo, das in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, wie gut es gerade im Zusammenspiel funktioniert – aber hier wirkt es seltsam unbeteiligt. Gerade Borowski schlurft gewohnt kauzig durch die Szenen, doch seine Marotten erscheinen zunehmend wie eine Karikatur seiner selbst.

Regisseurin Maria Solrun inszeniert diesen Film dabei optisch durchaus ansprechend. Doch die visuelle Ästhetik kann nicht über die markanten Schwächen im Drehbuch hinwegtrösten. Am Ende bleibt ein Film, der versucht, gesellschaftlich relevante Themen wie Sexualität und Abhängigkeit in den inhaltlichen Mittelpunkt zu stellen, dabei aber an seiner eigenen Ambition und seltsamen Spießigkeit scheitert. «Borowski und das hungrige Herz» hätte ein mutiger, unbequem ehrlicher «Tatort» werden können. Stattdessen präsentiert uns dieser Film einen Fall, der sich zu sehr um seinen scheinbaren Mut bemüht und dabei Herz und Substanz vermissen lässt. Ein hungriges Herz, ja – aber eines, das am Ende leer ausgeht.

Der Film «Tatort – Borowski und das hungrige Herz» wird am Sonntag, den 12. Januar um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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