Berlin im Morgengrauen. Vor einem Hochhaus im Stadtteil Marzahn wird eine Tote gefunden. Möglicherweise hat sie sich vom Dach des Hauses gestürzt. Das Team um Kommissar Bruno Schumann interessiert zunächst aber eine andere Frage: Wer ist die schöne Tote überhaupt? Wieso hat sie Würgemale am Hals? Als die Obduktion dann ergibt, dass die junge Frau vergewaltigt wurde, stellt sich die Frage, ob die Frau nicht doch ermordet wurde. Das Seltsame ist aber, dass keiner der Hochhausbewohner die Dame kannte. Erst das am Fundort gesicherte Feuerzeug bringt Aufklärung: Nadia heißt die Tote – zu Lebzeiten arbeitete sie als Prostituierte…
Als die Kommissare ihre Wohnung betreten, steigt ein beklemmendes Gefühl in ihnen hoch. Offensichtlich litt Nadia in den letzten Wochen und Monaten unter starker Angst – offenbar wurde sie von einem Stalker belästigt. Bilder aus früheren Zeiten zeigen jedoch eine lebensfrohe junge Frau, die zudem auch überaus intelligent war, sie ist promovierte Physikerin.
Darsteller
Christian Berkel («Die Sturmflut») ist Kommissar Bruno Schumann
Frank Giering («Blond: Eva Blond!») ist Henry Weber
Anna Schudt («TKKG und die rätselhafte Mind-Machine») ist Anne Vogt
Fabian Hinrichs («Die Bluthochzeit») ist Marc Buchholz
Kritik
Noch ein neuer Freitagskrimi für das Zweite Deutsche Fernsehen. Diesmal in der Hauptrolle: Christian Berkel, der mit «Tatort»-Kommissarin Andrea Sawatzki zusammenlebt und im RTL-Eventmovie «Die Sturmflut» überzeugte. Dass er dort Innensenator Helmut Schmidt spielen durfte, ist wohl so etwas wie ein Ritterschlag zum ganz Großen seines Fachs.
Nun soll der 1957 geborene Berliner den zuletzt unter Quotenschwund leidenden ZDF-Freitag wieder aufpäppeln. Das hätte ihm auch gelingen können, wenn man ihn so gelassen hätte, wie er vielleicht wollte. Allgemein darf er aber zu wenig zum Zuschauer durchdringen. Die neue ZDF-Reihe «Der Kriminalist» überrascht zunächst mit einem modernen Vorspann. Dieser bringt den Flair, die Hektik und das Lebensgefühl Berlins unheimlich gut herüber. Man könnte fast meinen, es sei der Vorspann zu einer Art deutschem «CSI», so up to date sieht alles aus. Doch kaum in der ersten Szene angekommen, fühlt sich der Zuschauer wie ins kalte Wasser geworfen. Raus aus Las Vegas oder Miami und zurück nach Deutschland. Zurück nach Berlin, wo die Uhren etwas anders gehen.
Während das Erzähltempo in den ersten Minuten noch einigermaßen hoch ist, verflacht die Geschichte mit zunehmender Länge drastisch. Erzählungen rund um den Mord an einer Prostituierten sind wahrlich keine Seltenheit – und auch wenn die Story an sich einige interessante Aspekte beinhaltet, kann sie über die gesamte Länge von rund 60 Minuten nicht fesseln.
Der Look der Serie ist mit einem Wort zu beschreiben: Deutsch. Das ist vom ZDF sicherlich auch so gewollt, weil nicht alles was flink und hip ist, auch gleichzeitig wirklich qualitativ hochwertig sein muss. Dennoch stellt sich dann die Frage, warum der Vorspann eben genau diesen Eindruck erwecken soll. Die Serie ist obendrein 0815-mäßig geschnitten, wer auf Zeitlupen-Ästhetik oder schnelles Heranzoomen wartet, wird nach der Premierenfolge enttäuscht sein.
Schauspielerisch überzeugt vor allem Christian Berkel, der die Rolle des etwas kühlen Kommissars gut herüberbringt. Allerdings liegt das Problem auch hier möglicherweise am Buch: Insgesamt sind die Charaktere noch etwas weit weg vom Zuschauer, man weiß wenig über sie und lernt sie auch nicht wirklich kennen. Der Otto-Normal-Zusehende wird nach der ersten Folge sicherlich kaum Namen der Kommissare nennen oder sie in irgendeiner Weise genauer charakterisieren können.
Dafür steht der Fall an sich zu sehr im Vordergrund, was bei einem Krimi zweifelsohne nicht das Schlechteste ist. In diesem Punkt lassen sich im Übrigen gewisse Parallelen zu «Stolberg» ziehen – auch hier entschied sich das ZDF dafür, das Privatleben der Ermittler außen vor zu lassen. Und dabei macht doch gerade „Mama“ den «Bullen von Tölz» so sehenswert… Möglicherweise ändert sich dies im Laufe der Staffel noch, in den Ankündigungen des ZDF wird erwähnt, dass die Kommissarin Vogt eine Tochter hat und die Verwandtschaft von Kommissar Weber diesem hin und wieder zu schaffen macht.
Mit der Episode «Am Abgrund» gelang den Machern somit eine grundsolide Krimifolge, die sich nahtlos in andere Krimis des Mainzer Fernsehsenders einreiht. Wer bereits Spaß an «Stolberg» hatte, könnte auch Gefallen an diesem neuen Format finden. Wer aber auf zackige Ermittlungen mit hohem Erzähltempo steht, der sollte lieber bei US-Ware bleiben.
Das ZDF zeigt «Der Kriminalist» am Freitag, den 08. Dezember 2006, um 20:15 Uhr.