Eigentlich galt Anne Will vor ihrem Wechsel zu den ARD-«Tagesthemen» als Sport-Frau in der «Sportschau». Ab November 1999 durfte sie in der bis dahin von Männern dominierten Sendung moderieren – binnen Wochen wurde Will damit einem großen Publikum bekannt. Ein Jahr später durfte sie gar für das Erste von den Olympischen Spielen in Sydney moderieren.
Doch das politische Geschäft reizte Will schon immer: Nach dem Abitur am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hürth begann sie ab 1985 an der Universität Köln und an der Freien Universität Berlin Geschichte, Politologie und Anglistik zu studieren. Parallel dazu arbeitete sie bereits als Journalistin bei diversen Zeitungen. 2001 wurde schließlich ein Traum war: Im Alter von 35 Jahren moderierte Anne Will erstmals die angesehenen «Tagestehemen» – auch wenn viele ihr diesen Job anfangs nicht zutrauten.
„Politik ist wichtig und eine ernste Sache. Allerdings gibt es politische Prozesse, die reine Inszenierungen sind und als solche auch entlarvt gehören. Und das geht über einen klaren Satz oder eben über Ironie“, meinte Anne Will einmal in einem Interview. Das Publikum liebt sie seither für ihre schnörkellosen Moderationen. So gab es bereits die Goldene Kamera als Shooting-Star der "Hörzu"-Leserwahl. Zuletzt folgte im vergangenen Jahr der Deutsche Fernsehpreis in der Kategorie „Beste Moderation Information“.
Nun wartet auf Anne Will also einen neue Herausforderung: Ab September wird sie Nachfolgerin von Sabine Christiansen. Am Sonntagabend darf die Moderatorin künftig beweisen, was noch in ihr steckt. Im Übrigen folgt Will damit bereits zum zweiten Mal auf Christiansen: Die scheidende ARD-Talkerin war selbst mehrere Jahre lang das weibliche Gesicht der «Tagesthemen».
Dass Will, die sich im Talk-Rennen nun gegen Frank Plasberg und Sandra Maischberger durchsetzen konnte, in Gesprächen stets eine gute Figur macht, bewies sich zuletzt auch im Radio: Seit knapp zwei Jahren präsentiert sie im Rahmen der Sendung «Klassik á la Carte» die Interview-Reihe «Zwischentöne». Hierfür interviewte sie bereits Altbundeskanzler Gerhard Schröder oder auch Schauspielerin Iris Berben und Buchkritikerin Elke Heidenreich. Doch ganz vom Sport konnte Anne Will nie die Finger lassen – auch wenn sie zuletzt keine Zeit mehr für eigene Berichte aus diesem Bereich fand. Am liebsten hört sie im Radio noch immer Samstag für Samstag die Konferenzschaltung von den Spielen der Bundesliga.
Ob ihr das auf der politischen Talk-Bühne helfen wird, bleibt abzuwarten. Auch steht nicht fest, ob das Erste mit Anne Will ein – wie eigentlich geplant – „Zirkuspferd“ gewinnen konnte. Dass die wöchentliche Gesprächsrunde die zuletzt deutlich gewordene Lethargie zu einem großen Teil ablegen kann, scheint allerdings bereits heute festzustehen.