Markus Ruoff gibt den Fans von «Doctor Who» Hoffnung und erklärt, weshalb es "teuer" kommen könnte, wenn ProSieben die britische Kult-Serie im Archiv verstauben lässt. Außerdem: Wie schaffte es «Baywatch» trotz der Absetzung nach der erster Staffel zu erfolgreichsten Serie aller Zeiten zu werden?
Marc: Ich bin ein großer Fan der Serie «Lost». Bekanntlich läuft «Lost» nicht besonders gut in Deutschland. Aus welchen Gründen auch immer. Mich würde interessieren, für wie lange ProSieben die Rechte an «Lost» hat. Besteht die Gefahr, dass die Serie vielleicht komplett abgesetzt wird? Außerdem würde ich gerne wissen, ob «Lost» nur in Deutschland schlecht läuft, oder auch in anderen Ländern.
Markus Ruoff: In Deutschland ist es ungewöhnlich, dass bei US-Serien, solange sie noch produziert werden, die Rechte auslaufen. Und wenn würde ProSieben «Lost» sicherlich nicht wehrlos hergeben. Denn wie gesagt «Lost» ist für den Sender mehr ein Prestigeobjekt. Mit einer Absetzung in Deutschland würde ich daher nicht rechnen. ProSieben hat die vierte Staffel ohnehin wieder für Herbst 2008 angekündigt. Bei unseren Nachbarn aus Österreich und der Schweiz ist «Lost» ebenfalls kein Quotenhit. In Großbritannien muss die Mystery-Serie auch mit rückläufigen Zuschauerzahlen kämpfen. Dennoch schnappte der britische Sender Sky One seinem Konkurrenten Channel 4 nach Ablauf der zweiten Staffel die Rechte weg.
Horst: Heute läuft «Supernatural» erst um 22.15 Uhr. Wird die Serie jetzt für immer um diese Uhrzeit laufen oder bleibt es bei 20.15 Uhr? Und strahlt ProSieben die zweite Staffel aus?
Markus Ruoff: Nein, das ist heute nur eine Ausnahme. Die Folge „Menschenjäger“ wird aus Jungendschutzgründen erst nach 22.00 Uhr laufen. Für eine Ausstrahlung um 20.15 Uhr hätten mehr als vier Minuten aus dieser Episode entfernt werden müssen und dies wollte ProSieben seinen Zuschauern nicht „zumuten“. Diese Folge von «Supernatural» wird so auch passenderweise nach der ProSieben-Neuproduktion «Fleisch», die um 20.15 Uhr läuft, ausgestrahlt.
Markus: In früheren Ausgaben, haben Sie beschrieben, wie teuer die Synchronkosten und der Einkauf von (US-)Serien sind. Von daher frage ich mich schon seit längerem, ob es für die Sender nicht sinnvoller wäre die eingekauften Serien – trotz niedriger Quoten - fertig auszustrahlen. Wenn man sie im Archiv lässt, hat man doch letztendlich mehr Verlust, als wenn man sie zu einem niedrigeren Werbepreis weiterhin ausstrahlt.
Markus Ruoff: Glauben Sie mir, die Synchronisation ist noch der „billigste Teil“ (und das ist nicht auf die Qualität bezogen!) an der Serie. Nicht ohne Grund lässt beispielsweise die ProSiebenSat.1 Group ihre Lizenzserien fürs Archiv weitersynchronisieren. Generell kann man schon sagen, dass es „sinnvoller“ ist, Serien trotz schlechter Quoten weiter im Programm zu lassen. In der Praxis würde das aber kein Sender machen, denn man will eben nahezu die vollen Kosten wieder reinholen. Außerdem verhagelt das auf lange Sicht den jeweiligen Senderschnitt, wenn man schlecht laufende Serien im Programm behält. Dennoch ist vielen Sendern daran gelegen ihre Serien vollständig auszustrahlen. Alleine schon deshalb, damit die Serien nicht im Programmvermögen bleiben. Denn je länger sie dort liegt, desto mehr verliert sie in der Regel an Wert. Buchhalterisch heißt dies, sie muss teilweise abgeschrieben. Abschreibungen sind aber Kosten und vermindern den Jahresgewinn. Und besonders bei «Doctor Who» dürfte ProSieben sehr an einer Weiterausstrahlung interessiert sein: Die BBC ist nämlich für ihre immens hohen Lizenzkosten bekannt. Da wäre selbst eine Ausstrahlung um 03.00 Uhr billiger als die Serie sprichwörtlich im Archiv verstauben zu lassen.
Stephan: Da ProSieben die ersten beiden Staffeln von «Doctor Who» und ein Weihnachtsspecial ausstrahlen wollte, wollte ich fragen, ob diese Folgen auch alle synchronisiert wurden. Besteht die Möglichkeit, dass die Staffeln und der Film auf DVD kommen?
Markus Ruoff: Die ersten beiden Staffeln sowie das Weihnachtsspecial wurden schon synchronisiert. Die Firma KSM wird die erste Staffel von «Doctor Who» am 13. März 2008 auf DVD veröffentlichen. Ob danach die zweite Staffel mit dem Weihnachtsspecial folgt, ist nicht bekannt.
Michael: Ich habe in einem Forum gelesen, dass «NCIS» in die sechste Staffel geht. Wie glaubhaft ist diese Aussage?
Markus Ruoff: Wenn Sie diese Aussage mit dieser vergleichen, ist sie sehr glaubhaft.
Robert: Ich bin maßlos enttäuscht, dass ProSieben «Doctor Who» schon wieder abgesetzt hat. Allerdings war der Sendetermin wohl auch denkbar ungünstig, da zeitgleich die «Sportschau» wohl das Gerangel um die Fernbedienung für sich entscheiden dürfte. Doch meine Frage: Kann man damit rechnen, dass die restlichen Episoden in näherer Zukunft doch noch ausgestrahlt werden - zur Not auch auf kabel eins?
Markus Ruoff: ProSieben will an «Doctor Who» auf jeden Fall festhalten. Man hofft, dass man bald eine Lösung für das Problem findet und die Serie auf einem „besseren“ Sendeplatz zu Ende senden kann. Außerdem plant der deutsche Sci Fi Channel «Doctor Who» ab Juni 2008 ungeschnitten am Vorabend auszustrahlen. Sollten Sie diesen Sender nicht empfangen können, dann beteiligen Sie sich unbedingt an dieser Petition. Knapp 1700 Fans haben schon unterschrieben.
Kristina: Zuletzt war auf Quotenmeter.de zu lesen, dass The CW, bei dem selbst die besseren Serien eher bescheidene Quoten holen wegen der 'Trennung' von «WWE SmackDown» "wohl im kommenden Jahr noch größere Probleme bekommen [wird] als man sie ohnehin schon hat." Aber wie genau hat man sich diese Probleme vorzustellen? Welche Konsequenzen muss der Sender ziehen und welche Folgen ergeben sich für den Zuschauer?
Markus Ruoff: Wenn ein Sender sich von einem seiner erfolgreichsten Programme trennt und ohnehin nicht so viele „Highlights“ im Programm hat, dann muss jeder Sender dies erst einmal adäquat kompensieren. Da sehe ich derzeit nicht so viele Möglichkeiten. Wenn dann nächstes Jahr die (voraussichtlich) letzte Staffel von «Smallville» startet, hat The CW in zwei Jahren eigentlich nur noch ein (!) erfolgreiches Format: «America’s Next Top Model». Das ist für ein Network deutlich zu wenig. Denn selbst Kabelsender wie FX, USA Network, Showtime, HBO etc. haben mehrere erfolgreiche Serien im Programm, die teilweise sogar höhere Quoten als das beste laufende Format von The CW erzielen. Konsequenzen: Wie in jedem Wirtschaftsunternehmen, das nicht gut läuft, müsste die Führungsriege ausgewechselt werden. Es ist eine andere Frage, ob das etwas bringt, aber heutzutage ein Mittel, das gerne bei Misserfolg angewendet wird. Dawn Ostroff, die nicht unumstrittene Senderchefin von The CW, hat bei den Fans durch Absetzungen von «Everwood» und «Veronica Mars» auch viel Kredit verloren. Zudem springen die Werbekunden ab, wenn die Sendungen des Senders nicht bei den Zuschauern wie gewünscht ankommen. Der Freitag, der mit «WWE SmackDown» eine feste Investition war, muss obendrein mit neuen Programmen bestückt werden. Ich bezweifele, dass The CW nun deshalb unbedingt mehr Geld in neue Formate investiert. Wahrscheinlich wird man im Herbst 2008 dies mit Wiederholungen am Freitag kompensieren. Was für Folgen amerikanische Fernsehzuschauer daraus ziehen, kann ich noch nicht abschätzen. Die Menschen, die vorher The CW eingeschaltet haben, werden es auch weiterhin tun. Die vier bis fünf Millionen Wrestling-Fans wird man allerdings freitags sicherlich nicht mehr erreichen können. Irgendein anderer Sender wird aller Voraussicht nach im neuen Jahr «WWE SmackDown» ins Programm nehmen. Ob der geneigte Fan das bei The CW oder einem anderen Sender schaut, dürfte ihm egal sein.
Robert: Ich hab in meinem TV Guide gemerkt, dass ab nächster Woche kein «Seven Days» mehr kommt. Hat kabel eins die Serie abgesetzt oder verlegen sie die Serie auf einen anderen Sendeplatz?
Markus Ruoff: Das böse Wort „abgesetzt“ hat wieder zugeschlagen. Am 25. Februar 2008 und 03. März 2008 zeigt kabel eins ab 23.05 Uhr zwei Folgen von «Angel – Jäger der Finsternis» in deutscher Erstausstrahlung. Ab dem 10. März 2008 wird auch «Friends» durch die US-Serie «Blind Justice» „ersetzt“. Und damit man in sieben Wochen den Sendeplatz wieder neu belegen kann, läuft die 13-teilige Krimi-Serie in Doppelfolgen.
Joshua: Was hat es mit „NICK nach acht“ auf sich?
Markus Ruoff: Oliver Schablitzki, Vice President von NICK, erklärt es so: „Mit NICK nach acht bieten wir in der Primetime nun ein familientaugliches und erwachsenes Programm für die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen.“ Das heißt einfach: Während sich das Programm von NICK vor 20.15 Uhr mehr an die Kleinen richtet, können „nach acht“ auch die Eltern mitschauen. Konkret zeigt der Kindersender (Tier-) Dokumentationen, Film- und Serienklassiker sowie Shows und Sonderprogrammierungen.
Adrian: Was passiert mit Serien, die in den USA floppen, in Europa aber Spitzenquoten holen? Besteht dann die Möglichkeit, dass weitere Staffeln produziert werden?
Markus Ruoff: Nein, das kann man nahezu ausschließen – obwohl es Ausnahmen gibt. Es passiert öfters, dass Serien, die im Heimatland gefloppt sind, sich im Ausland als wahre Quotenrenner entpuppen. In Italien wurde so aufgrund der sehr großen Popularität der Serie «Kommissar Rex» die Produktion im letzten Jahr in Eigenverantwortung wieder aufgenommen. Das berühmteste Beispiel ist jedoch die bis heute erfolgreichste Fernsehserie aller Zeiten: Nachdem die erste Staffel von «Baywatch» 1989 keine guten Einschaltquoten erzielte, setzte das Network NBC die Serie ab. David Hasselhoff glaubte aber an die Serie und produzierte diese für lokale amerikanische Fernsehsender und das Ausland, wo «Baywatch» sehr beliebt war, weiter. David Hasselhoff übernahm dann mit Beginn der zweiten Staffel selbst die Produktion. Da aber weitere Geldgeber gebraucht wurden, suchte er im Ausland nach finanzieller Unterstützung und fand sie in Deutschland bei der inzwischen insolventen KirchMedia (daher lief «Baywatch» ab der zweiten Staffel auch bei Sat.1). Es gibt noch genug weitere Serien, die in den 1990ern ausschließlich fürs Ausland produziert wurden, größtenteils aus dem Science-Fiction- und Fantasy-Genre. Aber um zu Ihrer Eingangsfrage zurückzukehren: Eine Serie, die in den USA gefloppt ist und nicht weiterproduziert wird, wird man nicht wegen guten Quoten in anderen europäischen Ländern fortsetzen. Um es ganz hart zu sagen: Das interessiert die Amerikaner überhaupt nicht – aber auch deutsche Sender würden sich von so etwas nicht beeindrucken lassen. Selbst in Eigenregie könnte kein europäischer Sender eine amerikanische Serie weiterproduzieren lassen – das würde schon am Budget scheitern. Ich will das sogar an einem Beispiel verdeutlichen: Die US-Serie «Surface», die ProSieben im Sommer 2006 sehr erfolgreich gezeigt hat, wurde in den USA nach 15 Folgen abgesetzt. Natürlich weil man mit den Quoten nicht zufrieden war. Den deutschen Zuschauern hat die Produktion aber so gut gefallen, dass nicht nur in der Quotenmeter.de-Redaktion, sondern auch bei ProSieben viele Anfragen kamen, wann «Surface» fortgeführt wird. Lustigerweise dachten die meisten, dass ProSieben die Serie abgesetzt hat. In einem Gespräch, das ich vor rund zwei Jahren mit dem Sender führte, stellte ich unter anderem die Frage, ob ProSieben alleine «Surface» fortsetzen könnte. Obwohl ich die Antwort vorher wusste, verwies man mich ebenfalls auf das zu große Budget. Weitere Gründe, die es sicherlich gab, brauchte man mir auch gar nicht erst nennen. Da die Produktion einer US-Serie mehrere Millionen verschlingt, wäre jede andere Antwort auch illusorisch gewesen. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass man ungefähr vier Folgen einer (teuren) deutschen Serie für eine Episode einer US-Serie produzieren könnte.
Marco: Wie steht es mit der Serie «Rom»? Wurde die zweite Staffel schon synchronisiert? Und steht schon ein Ausstrahlungstermin fest?
Markus Ruoff: Die zweite Staffel lief im letzten Herbst bei Premiere und wurde demzufolge bereits synchronisiert. Ob und wann RTL II die zweite Staffel von «Rom» zeigt, steht noch nicht fest. In der Jahresplanung wurde die Serie außerdem nicht aufgeführt.
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