Durch die immer erfolgreicheren Privatsender befürchteten damals vor allem die Sozialdemokraten einen Verlust der Pressefreiheit und unabhängiger Berichterstattung. Als Folge wurde in den erst zehn Jahre bestehenden Rundfunkstaatsvertrag eine weitreichende Änderung aufgenommen. Fortan mussten alle Vollprogramme, die über mehr als zehn Prozent Marktanteil verfügen oder ihre Sendegruppe über 20 Prozent erzielen, Sendezeit an unabhängigen Dritten vergeben. Diese können die sogenannten Programmfenster inhaltlich völlig frei gestalten, werden jedoch durch den jeweiligen Sender finanziert.
Die Formen für solche Programmfenster sind recht unterschiedlich. Zum Teil wurden diese an Regionalprogramme vergeben, die diese mit meist magazinartigen Formaten füllen. Das betrifft unter anderem den 18 Uhr-Sendeplatz von RTL oder den 17.30 Uhr-Slot von Sat.1 auf dem in manchen Bundesländern statt des gewöhnlichen Programms Regionalmagazine zu sehen sind. Weitere Sendungen von Drittanbietern sind die Formate «Planetopia» (Sat.1), «10 vor 10» (RTL), «PrimeTime Spätausgabe» (Sat.1) «Süddeutsche TV» (VOX), «SternTV» (RTL, VOX), «BBC Prime Time» (VOX) und die «SpiegelTV»-Magazine (Sat.1, RTL, VOX).
Die Lizenzen werden alle fünf Jahre durch die zuständige Landesmedienanstalt mit dem jeweiligen Sender neu vergeben. Dabei geht es um eine Menge Geld. Für die wöchentlichen 180 Sendeminuten bei RTL wird der Gesamtwert für fünf Jahre auf rund 100 Millionen Euro geschätzt. Geld das vom Drittanbieter völlig frei genutzt werden kann. Aus diesem Grund sind die Drittlizenzen sehr begehrt. Bisher konnte sich diese jedoch auf allen drei Sendern stets die Firma dctp von Alexander Kluge sichern, der alle die oben genannten Formate liefert bzw. seine Sendeplätze wie im Fall „SternTV“ an "Untermieter" vergibt.
Die Drittlizenzen von RTL wurden Anfang des Jahres neu vergeben. Unter den Bewerbern befand sich neben der dctp auch Ulrich Wickerts Produktionsfirma UWP. Dieser hatte sich für größere RTL-Paket im Umfang von 120 wöchentlichen Sendeminuten beworben, ging jedoch leer aus. Die Wahl fiel erneut auf Alexander Kluge.
Ulrich Wickert hat gegen diese niedersächsische Landesmedienanstalt nun Klage eingereicht. In der Klageschrift wirft er den Verantwortlichen eine „Monopolisierung' der Drittfensterlizenzen“ zugunsten Kluges vor. Er sei nicht einmal von den entsprechenden Gremien angehört worden, sodass der Eindruck entstehen könne, nie eine Chance gehabt zu haben. Zudem bezweifle Wickert den gewünschten Vielfaltsgewinn durch Drittanbieter an, wenn dieser seit Beginn der Regelung über alle Sender unverändert bliebe. Weiterhin sei Kluge kein unabhängiger Anbieter, da RTL mittelbar über die Beteilungen am Spiegel-Verlag durch den Mutterkonzern Bertelsmann auch an Kluge dctp-Firma beteiligt sei. Die Firma dctp sei zudem Anteilseigner am Sender VOX, den Kluge ebenfalls mit Programm beliefere.
Die Landesmedienanstalt erwiderte die Klage bereits und warf Wickert eine Verschleppung des Prozesses vor, durch den die Befüllung der Sendeplätze gefährdet sei. Als Lösung schlug Wickert eine hälftige Aufteilung der Sendeplätze vor. Eine solche Verfahrensweise wurde zuvor für den Montagabend bei Sat.1 beschlossen. Nach einer ähnlichen Debatte, in der Focus-Chef Helmut Markwort sich um Lizenzen beworben hatte, einigte er sich mit Alexander Kluge auf eine Halbierung der Lizenz.
Seitdem laufen die Magazine «Spiegel TV Reportage» und «Focus TV Reportage» im Halbjahreswechsel über den Sender. Brancheninsider erhoffen sich durch Wickerts Klage eine grundsätzliche Diskussion über die fragwürdige Drittanbieterregelung.