Story
Kommissarin Charlotte Sänger ermittelt in einer Serie von brutalen Banküberfällen und muss dabei auf die Hilfe ihres Kollegen Fritz Dellwo verzichten, der sich auf einem Beamtenaustausch in München befindet. Die Arbeit zehrt so sehr an Sängers Nerven, dass Mordkommissionsleiter Rudi Fromm sie vollkommen überarbeitet nach Hause schickt.
Auf dem Nachhauseweg hört Charlotte Schüsse und wird ungewollt Zeuge eines vermeintlichen Amoklaufes auf offener Straße. Beim Versuch, die Situation zu deeskalieren, gerät die Kommissarin ins Visier der jungen Täterin. Trotz der Bedrohung zögert sie solange, von ihrer Waffe Gebrauch zu machen, bis ein zufällig anwesender Streifenpolizist die Frau erschießt und Sänger damit scheinbar das Leben rettet.
Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, dass die Waffe der drogensüchtigen Studentin namens Nadja lediglich mit Platzpatronen geladen und Sängers Zögern richtig war. Fromm ist dennoch gezwungen, die Kommissarin aufgrund von Zweifeln an ihrer Diensttauglichkeit zu suspendieren.
Sänger durchsucht trotz Suspendierung die Wohnung der Toten und findet eine Spur, die sie zu einer Gruppe von Frauen um Anführerin Jule Fischer führt, die an einem Schießstand trainieren. Fischer lädt Sänger zu einem eigenartigen Schaukampf ein, bei dem historische Duelle mit scharfen Waffen nachgestellt werden. Sänger und Fischer teilen ein ähnliches Schicksal und nähern sich langsam an, bis die Kommissarin auf einem Überwachungsvideo einer der überfallenen Banken auffällt, dass die Bankräuber auch Frauen sein könnten. Als der Streifenpolizist, der den tödlichen Schuss auf Nadja abgegeben hat, ermordet aufgefunden wird, erkennt Sänger, dass die Faszination der Waffen größer ist als die Moral.
Darsteller
Andrea Sawatzki («Tatort», «Das Experiment») ist Charlotte Sänger
Peter Lerchbaumer («Tatort», «Wilsberg») ist Rudi Fromm
Sascha Göpel («Verrückt nach Clara») ist Jan Gröner
Nina Kronjäger («Rosa Roth», «Elementarteilchen») ist Jule Fischer
Uwe Bohm («Mein alter Freund Fritz») ist Martin Petzold
Kim Schnitzer («Lucy») ist Nadja Koch
Kritik
Das bekannte Duo Sawatzki/Schüttauf als Kommissarin Charlotte Sänger und Kommissar Fritz Dellwo ermittelt bereits seit 2002 im «Tatort». Doch mit trauter Zweisamkeit in Frankfurt am Main ist es erstmal vorbei: Sänger und Dellwo bekommen jeweils einen Soloauftritt geschenkt, bevor wieder gemeinsam ermittelt wird.
Die ungewollte Situation ergibt sich durch einen kurzfristigen Beamtentausch Dellwos nach München. Sänger, die ohne ihren Kollegen vollkommen auf sich allein gestellt ist, fühlt sich anfangs überfordert und versucht immer wieder, den Kommissar zu erreichen.
Das ändert sich, als sie nach dem Tod der drogensüchtigen Amokläuferin Nadja die charismatische Jule Fischer kennen lernt, die eine Gruppe aufgeweckter Frauen anführt, in der auch Nadja Mitglied war. In wagemutigen Schaukämpfen werden historische Duelle mit scharfen Waffen und kugelsicheren Westen nachgestellt und präzises Schießen geübt. Ein riskantes Unterfangen, dessen Faszination sich Sänger nicht lange entziehen kann. Mit der Zeit freundet sich die brillant schauspielernde Nina Kronjäger als verständnisvolle wie toughe Jule Fischer mit Sänger an, die ähnliche Probleme wie die Kommissarin zu haben scheint. Erst mit der Zeit erkennt Sänger, dass die Waffen nicht nur zu Sportzwecken dienen, sondern Gefühle kompensieren und Gewalt auslösen, die stärker wiegt als die Moral.
Der Soloauftritt einer wie immer in der Rolle der leisen und leicht depressiven Sänger überzeugenden Andrea Sawatzki, ist geprägt von einer stetigen subtilen Entwicklung und beschäftigt sich dabei so brutal wie intensiv mit den Themen Mord und Schießen wie selten ein «Tatort» vorher. Eiskalt wird in der Bank ein Wachmann erschossen und einer Hinrichtung ähnlich das Auto des für den Tod der Amokläuferin verantwortlichen Streifenpolizisten durchlöchert, während in der nächsten Szene Waffen als präzise und faszinierende Kunstwerke betrachtet werden.
Genau das macht den neuen Tatort einzigartig und auch ohne Fritz Dellwo an Charlotte Sängers Seite absolut sehenswert – oder gerade weil Dellwo keine schützende Hand über die immer waghalsiger agierende Charlotte halten kann. Ein klasse Drehbuch, geschrieben von Michael Proehl und die ebenso gute Umsetzung von Regisseur Florian Schwarz reichen für eine uneingeschränkte Empfehlung.
Das Erste zeigt «Tatort – Waffenschwestern» am Sonntag, den 14. Dezember 2008, um 20:15 Uhr.