Die Experten

09. Februar 2009

von
In der „Experten“-Ausgabe vom 19. Januar wurde erklärt, was sich im Jahr 2009 bei der Quotenermittlung ändern wird. Zu diesem Thema hatten unsere Leser noch zahlreiche weitere Fragen, die nun beantwortet werden.

Jaco: Man kann ermitteln, welche Sendung in einem bestimmten Haushalt läuft. Aber woher weiß man, wie viele tatsächlich zusehen?

Christian Richter:
Die 5.640 repräsentativen Haushalte sind mit einem speziellen Gerät ausgestattet, dem sogenannten „GfK-Meter“. Jeder im Haushalt lebende Person wird eine Zahl zugewiesen und ihr Alter abgespeichert. Beim Einschalten des Fernsehers muss durch Drücken der entsprechenden Tasten am GfK-Meter angeben werden, wer zuschaut. Die Box registriert dann im 1-Sek-Takt, welcher Sender geguckt wird und speichert diese Informationen ab. Kommt während eine Person etwas schaut, ein weiterer Zuschauer hinzu, muss die entsprechende Nummer zusätzlich gedrückt werden. In der Nacht senden die Boxen die erfassten Zahlen zur GfK nach Nürnberg, die dann die Werte der 5.640 Haushalte auf 73,42 Millionen Menschen hochrechnet und Durchschnittswerte für jede Sendung ermittelt.

Daniel: Wie kommt man an eine dieser Boxen, mit denen die einzelnen Sender die Quoten messen?

Christian Richter:
Nicht der Zuschauer findet das GfK-Meter, sondern die GfK findet den Zuschauer. Leider kann man sich nicht für die Messung von Quoten „bewerben“, da dies das Ergebnis verfälschen würde. Die GfK wählt ihre Probanten rein zufällig aus. So soll verhindert werden, dass fanatische Fans die Ergebnisse ihres Lieblingsprogramms absichtlich verbessern können.

Sebastian: Ich habe die Tagesmarktanteile der Sender aus Ihrem „PrimetimeCheck“ zusammengerechnet. Hierbei komme ich immer nur auf etwa 70 Prozent Marktanteil der acht großen Sender. Konsumieren die restlichen 30 Prozent wirklich alle Spartensender (auch kleine Sender wie ARTE oder CNN)? Wird Premiere ebenfalls in die Zahlen mit eingerechnet?

Christian Richter:
In der Tat decken die acht größten Sender gut dreiviertel des deutschen Fernsehmarktes ab. Den „Rest“ teilen sich die kleinen Sender wie SuperRTL, Nick, MTV Viva, Tele 5, Das Vierte, die Nachrichtensender und vor allem die Dritten Programme, die zusammen auf einen nationalen Marktanteil um zehn Prozent kommen.

Einschaltquoten werden nur für die Sender gemessen, die selbst am Verfahren teilnehmen möchten und dementsprechend eine hohe Gebühr bezahlen. Nur diese fließen auch bei der Errechnung der Marktanteile ein. Eine Übersicht der derzeit am Verfahren beteiligten Sender in Deutschland gibt es bei Quotenmeter.de im Bereich „Einschaltquoten“ unter dem Schlagwort “Marktanteil“. Allerdings fehlen in der Grafik noch die erst kürzlich zugekommenen Sender ZDF.infokanal und ZDF.dokukanal.

Da für Premiere die Zuschauerzahlen uninteressant sind und nur die abgeschlossenen Abonnements zählen, lässt die PayTV-Plattform ihre Quoten nicht durch die GfK ermitteln. Stattdessen arbeitet das Unternehmen mit einem Institut zusammen, welches das Fernsehverhalten unter anderem durch Umfragen ermittelt. Deren Ergebnisse werden in der Regel jedoch nicht veröffentlicht.

Stefan: Werden auch die Einschaltquoten von Teleshopping-Sendern ermittelt?

Christian Richter:
Nein. Diese Sender zeigen keine Werbung, weswegen sich die Ausgaben für die Quotenmessung nicht lohnen. Ausschlaggebend für den Erfolg sind ausschließlich die Umsätze aus den Verkäufen der gezeigten Produkte.

Bernd: Wie kann man die amerikanischen Zuschauerzahlen mit deutschen vergleichen? Wenn bei CW nicht einmal eine Million Menschen zu schauen, wäre die Serie doch bei uns schon ein Flop.

Christian Richter:
Als Faustregel gilt, dass man amerikanische Reichweiten durch 3,5 teilen muss, um sie mit deutschen Verhältnissen vergleichen zu können. Diese Schätzung basiert vor allem auf der etwa dreieinhalbfach höheren Bevölkerungszahl der USA gegenüber Deutschland. Die Rechnung liefert natürlich nur Rundungswerte, da das amerikanische Sehverhalten durch die vielen Werbeunterbrechungen etwas anders und der TV-Konsum insgesamt etwas höher ist.

Trotzdem kann man damit ein gutes Gefühl für Erfolg und Misserfolg bekommen. Wenn «American Idol» also 30 Millionen Zuschauer hat, entspräche dies 8,5 Millionen deutsche Fans. Werte, die «Deutschland sucht den Superstar» nur in der ersten Staffel verbuchen konnte. Ein «Tatort» mit acht Millionen Zuschauern würde demnach mit theoretischen 28 Millionen Zuschauern sogar «CSI» übertrumpfen.
Die Wiederholungen von «Jericho» auf The CW erreichten zuletzt nicht einmal 700.000 Zuschauern. Selbst ein kleiner, deutscher Sender würde mit 200.000 Zuschauern zur Primetime verzweifeln.

Trotzdem rechnen sich Serien wie «Supernatural» mit „nur“ 4,5 Millionen amerikanischen Zuschauern. Zum einen steht im dortigen Werbemarkt mehr Geld zur Verfügung, wodurch die Erlöse höher sein können. Zum anderen fließen durch den internationalen Verkauf der Formate und die Veröffentlichungen auf DVDs zusätzliche Einnahmen in die Kassen der Sender.

Timo: Welches sind die Sendungen mit den höchsten Einschaltquoten aller Zeiten in Deutschland?

Christian Richter:
Diese Frage zu beantworten ist nicht ganz leicht, da es eine einheitliche Quotenmessung für alle Sender erst seit 1988 gibt. Davor liegen lediglich Schätzwerte vor. Man geht allerdings davon aus, dass die Erstaustrahlung der Verfilmung des Durbridge-Krimis «Tim Frazer» im Jahr 1963 eine Sehbeteiligung von bis zu 93 Prozent aller Haushalte hatte. Allerdings gab es damals noch bedeutend weniger Fernseher als heute.

Gesicherte Zahlen liegen uns ab dem Jahr 1992 vor. Demnach belegen die ersten zehn Plätze der erfolgreichsten Sendungen aller Zeiten ausschließlich Fußballübertragungen. Darunter das Spiel Portugal-Deutschland bei der EM 2008 mit 27,67 Millionen Zuschauern, das EM-Finale 2008 Deutschland-Spanien mit 28,05 Millionen Zuschauern und das WM-Halbfinale 2006 Deutschland – Italien mit 29,66 Millionen Fans. Die Sendung mit der höchsten Sehbeteiligung, die jemals bei uns gemessen wurde, ist laut Mediacontrol «Das ZDF EM Studio» im Anschluss an das EM-Finale 1996, das Deutschland gegen Tschechien gewann. Insgesamt sahen 32,73 Millionen Menschen die sechsminütige Sendung. Der Marktanteil lag bei 88,4 Prozent. Bei diesen Ergebnissen werden jedoch Zuschauer des Public Viewing nicht berücksichtigt.

Niko: Mich würde interessieren, wann und bei welcher Sendung die höchsten Einschaltquoten bei RTL II gemessen wurden.

Christian Richter:
Dabei handelt es sich um den Einzug von Verona (damals noch) Feldbusch in den «Big Brother»-Container. Das Medienereignis verfolgten am 18. Mai 2000 sensationelle 7,03 Millionen Zuschauer ab 3 Jahre (23,6 Prozent Marktanteil) sowie 5,18 Millionen junge Zuschauer. (39,2 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe)

Matthias: Wenn bei «Wer wird Millionär?» Kandidaten nicht ins Spiel kommen, bekommen die dann auch Geld oder war die Reise dann nur ein Verlust?

Christian Richter:
Einen Trostpreis gibt es bei der Quizshow meinen Informationen nach nicht. Eine Reise nach Hürth bei Köln stellt für die Kandidaten trotzdem keinen Verlust dar, da die Produktionsfirma für den Bewerber und eine Begleitperson sämtliche Reisekosten und die Übernachtung in einem Hotel in der Kölner Innenstadt übernimmt. Obendrein werden am Aufzeichnungstag kostenlose Getränke, Snacks und ein kalt-warmes Büffet zur Verfügung gestellt. Während die Kandidaten in die Studiotechnik eingewiesen werden, können die Begleitpersonen in der Regel an einer 2-stündigen Stadtrundfahrt mit Brauhausbesichtigung teilnehmen.

Daniel: Es war vor Jahren zu lesen, dass die RTL-Sender sowie MTV Networks ihr Programm ab Anfang 2007 digital per Satellit verschlüsseln wollen. Nun haben wir 2009 und ich frage mich, was aus diesen Plänen eigentlich geworden ist.

Christian Richter:
Es ist korrekt, dass diese Pläne bestanden. Die Senderfamilien wollten gemeinsam mit SES Astra ab 2007 das Satellitenfernsehen verschlüsseln und nur gegen eine Gebühr von 3,50 Euro dem Zuschauer zugänglich machen. Im Oktober 2006 schaltete sich jedoch das Bundeskartellamt in die Diskussion ein und drohte mit einem Verbot des Vorhabens. Eine gemeinsame Verschlüsselung verschiedener Unternehmen sei eine wettbewerbswidrige Absprache. Demnach sollen damals bereits erste Schritte für eine Abmahnung der Sender eingeleitet worden sein. Letztendlich wurden durch die Androhung des Kartellamtes die Pläne vorerst auf Eis gelegt. In einem Interview sagte RTL-Chefin Anke Schäferkordt aber, dass die Verschlüsselung deswegen nicht weniger wichtig wäre. Die Gründe, die dafür sprechen würden, nämlich vor allem die territoriale Abgrenzung, hätten sich nicht geändert. Sie sehe jedoch kurzfristig keine Lösung dieser Frage.

Martha: Ich bin ein großer Fan des Animes «Detektiv Conan». Leider wurde auf RTLII schon länger keine neuen Folgen mehr gesendet. Ist damit 2009 zu rechnen?

Christian Richter:
Dies interessierte auch Michel und Tim. Auf Anfrage teilte mir ein Sprecher von RTL II mit, dass es zur Zeit nicht geplant sei, neue Episoden von «Detektiv Conan» auszustrahlen oder alte Folgen zu wiederholen.

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