Obwohl ProSieben eine hohe Rendite abwirft, sparen sich die Verantwortlichen fast zu Tode. Im Juli hat man eine neue Ära der Sparwelle erreicht.
Das Unterföhringer Medienhaus ProSiebenSat.1 Media AG ist ein hochverschuldetes Unternehmen, dennoch sind die Manager weiter sehr optimistisch. Immerhin: Mit den vier Fernsehstationen ProSieben, Sat.1, kabel eins und N24 hat man exzellente Geldquellen. Wurde im ersten Quartal 2008 noch ein Gewinn in Höhe von 57,6 Millionen Euro erwirtschaftet, belief er sich ein Jahr später sogar auf mehr als 68 Millionen. Doch während die Verantwortlichen von neuen Programmen in der Primetime sprechen, werden die altbewährten Formate in der Daytime völlig vernachlässigt.
Im Juli traf es ProSieben besonders hart, denn die werktägliche Nachmittagsstrecke hat ihren Tiefpunkt erreicht. Beispiel «SAM»: Das seit 1995 bestehende Magazin hat sich inzwischen völlig verändert, wie wohl auch Moderatorin Silvia Laubenbacher bemerkt haben dürfte. Standen zu Beginn noch Boulevardthemen oder gar tagesaktuelle Nachrichten im Vordergrund, besteht ihr Job derzeit nur noch darin, diverse Dokusoap-Beiträge anzukündigen. Zeitweise werden auch einfach gesamte Episoden von «Look of Love» & Co. innerhalb der Sendung ausgestrahlt – preiswerter geht Fernsehen kaum.
Da wundert es nicht, dass das Magazin kaum noch herausragende Einschaltquoten verzeichnet. Am Montag sahen nur 0,29 Millionen Zuschauer die zweistündige Sendung, in der Zielgruppe fuhr ProSieben jämmerliche 6,9 Prozent Marktanteil ein. Der Erfolg liegt dabei eigentlich noch gar nicht lange zurück: Noch vor einigen Jahren dominierte «SAM» zur Mittagszeit die Einschaltquoten – Marktanteile von mehr als zwanzig Prozent waren da keine Seltenheit. Für eine Stellungnahme war bei ProSieben niemand bereit, Sendersprecher Christoph Körfer beantwortete noch nicht einmal eine schriftliche Anfrage.
Während bei «SAM» noch Redakteure Hand anlegen, um Dokusoaps zerstückeln, geht man mit «U20 – Deutschland, deine Teenies» und «Deine Chance! 3 Bewerber – 1 Job» noch viel dreister vor. So wurde auch hier Anfang Juli innerhalb der Jobshow um 16.00 Uhr einfach eine Episode von «Look of Love» gezeigt – auch wenn es keinen Themenbezug gab, ging der Plan von ProSieben auf. Die Styling-Show erzielte immerhin einen Marktanteil von 12,1 Prozent.
Zwei Tage später legte ProSieben noch einmal nach, wiederholte zwischen 15 und 17 Uhr die kurz zuvor im Abendprogramm gefloppte Castingshow «Sommermädchen 2009». Zerstückelt in zwei Teile, wurde die eigentlich für den Samstagabend geplante Show innerhalb der üblichen Dokus gezeigt. «U20 – Deutschland, deine Teenies» präsentierte das Casting, in der lediglich zwei Mädchen unter 20 Jahre alt sind, die Jobshow «Deine Chance! 3 Bewerber – 1 Job» hatte ursprünglich inhaltlich mit dem sexistischen Casting eigentlich gar nichts zu tun, was die Macher jedoch trotzdem nicht an einer Ausstrahlung der «Sommermädchen»-Show hinderte. Ohnehin wird das Format derzeit für Versuche oder das Ausschlachten von anderen Sendungen missbraucht – auch hierzu wollte sich kein Verantwortlicher bei ProSieben äußern.
Es ist kein Wunder, dass die Zuschauer zu kabel eins flüchten und selbst die am Freitag erneut beginnenden Wiederholungen der Sitcom «Two and a half Men» anschauen. Zwar gelingt der Sitcom mit Charlie Sheen nicht immer der Sieg auf diesem Sendeplatz, doch ein Sieg gegenüber dem vermeintlich großen Bruder ist inzwischen sehr häufig drin. Zweifelsohne ist ProSieben mit seiner Strategie auf einer sicheren Seite – zumindest derzeit. Die Kosten für die Nachmittagsprogramme sind sehr günstig und die Einschaltquoten waren auch in den vergangenen Monaten annehmbar. Bleibt nur die Frage, wie lange sich die Zuschauer noch für den alten Wein in neuen Schläuchen erwärmen können.