Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: «Wer wird Millionär» für Arme

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 86: Die dreiste Kopie der Günther-Jauch-Show.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines Beweis dafür, dass nicht jedes Konzept erfolgreich kopierbar ist.

«Multi Millionär» wurde am 28. Januar 2001 bei RTL II geboren und entstand in einer Zeit, als Deutschland dank des Erfolges des noch jungen «Wer wird Millionär?» in einen wahren Quiz-Boom gestürzt wurde. In Sat.1 stellte Jörg Pilawa in der «Quiz Show» seinen Kandidaten kniffelige Fragen, bei RTL prüfte Hans Meiser in «Einundzwanzig» das Wissen seiner Zuschauer und sogar das ZDF hatte mit der Ulla Kock Am Brink-Show «Ca$h – Das eine Million Mark-Quiz» einen Vertreter im Abendprogramm. Was lag daher näher für RTL II sich von diesem noch großen Kuchen eine Scheibe abschneiden zu wollen? Und so konzipierte man eine Sendung, die verdächtig nach Günther Jauchs Quiz aussah, aber nicht deren geniale Einfachheit hatte.

In jeder Ausgabe versammelten sich nämlich 36 potentielle Kandidaten. Per Zufallsgenerator wurde aus ihnen der nächste Spieler ausgewählt. Um an der Hauptrunde teilnehmen zu können, musste sich dieser in einer Schnellraterunde qualifizieren. Es galt in 60 Sekunden zehn Fragen zu beantworten, wobei bei jeder richtigen Antwort 100 DM gewonnen wurde. Eine falsche Antwort führte zu einem Abzug der Summe. Hatte der Kandidat am Ende mindestens 300 DM auf dem Konto durfte er weiterspielen, andernfalls erhielt ein neuer Bewerber die Chance aufs große Geld.

Die Hauptrunde glich dann stark dem RTL-Vorbild. Der Kandidat erhielt Fragen mit jeweils vier Antwortmöglichkeiten gestellt und konnte zur Beantwortung zweimal einen Telefonjoker zur Hilfe nehmen. Der besondere Reiz der Show sollte nun darin liegen, dass die Gewinnsumme nach jeder richtig beantworteten Frage verdoppelt wurde und somit schier unendlich auf mehrere Millionen DM gesteigert werden konnte. Da es jedoch bei einer falschen Antwort keine Sicherheitsstufe gab, sondern nur der Gewinn aus der Vorrunde blieb, wagten die wenigstens Kandidaten größere Summen.

Das Design der Sendung war stark am Setting eines Casinos angelegt. So glich der Zufallsgenerator einem großen Roulette. Anstatt mit Buchstaben wurden die vier Antwortmöglichkeiten mit den Spielkartenfarben markiert. Das alles half jedoch nicht, über die sterile Atmosphäre im Studio hinwegzutäuschen. Als Moderator verpflichtete RTL II mit Phil Daub einen ehemaligen VIVA-Moderator, der in der Sendung völlig deplaziert war und gerade im Vergleich zu Günther Jauch eher wie ein unerfahrener Schuljunge wirkte. Die 60minütigen Ausgaben strahlte der Sender sonntags live direkt nach «Big Brother» aus. Nachdem die Zuschauerzahlen allerdings trotz einer skandalösen und freizügigen Printkampagne hinter den Erwartungen zurück blieben, wurde das Quiz auf 19.15 Uhr vorverlegt, bis es schließlich komplett eingestellt wurde. RTL II dementierte damals jedoch, dass die Einstellung aufgrund der schwachen Resonanz erfolgte.

«Multi Millionär» wurde am 22. April 2001 beerdigt und erreichte ein Alter von 12 Folgen. Die Show hinterließ den Moderator Phil Daub, der sich dann seiner Musikkarriere widmete und später bei RTL II die Stimme von «Big Brother» wurde. Die Idee die Gewinnsumme von «Wer wird Millionär?» zu übertreffen, nahm fast zeitgleich Kai Pflaume mit seinem Sat.1-Quiz «Die Chance Deines Lebens» ebenso erfolglos auf.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem TV-Frisör.

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