Biografie

Rolf Töpperwien

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Eine Reporterlegende verlässt den Bildschirm: Mit 60 Jahren verabschiedet sich Rolf Töpperwien nach 37 Jahren beim ZDF in den Ruhestand.

Fußballfans ist Rolf Töpperwien bestens bekannt - und entweder ein Dorn im Auge oder die personifizierte Offenbarung des Reportertums. Zwar gibt es in der Kommentatorengilde des Ballsports viele Individuen, doch so einen wie Töpperwien gibt es nur einmal. Als 23-Jähriger kam er nach seinem Studium als freier Mitarbeiter zum ZDF, vier Jahre später folgte die Festanstellung. Im Jahr 1996 geriet Töpperwien deutschlandweit in die Schlagzeilen, weil er eine 4000 Mark hohe Bordellrechnung mittels eines Anschreibens mit dem offiziellen ZDF-Briefkopf reklamierte. Schlimmer noch traf es ihn vier Jahre später, als er am 14. Mai 2000 im Alkohol- und Kokainrausch mit Streichhölzern gezündelt und sein Schlafzimmer in Brand gesetzt hatte. Der Sportreporter musste mit schweren Verbrennungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden und lag mehrere Tage im künstlichen Koma.

Wirklich geschadet haben ihm seine Eskapaden allerdings nie, denn Töpperwien besitzt eine Eigenschaft, die vielen Menschen fehlt: Integrität. Wer sich wie der Kommentator seiner eigenen Position, seiner Stärken, seiner Schwächen und seiner gelegentlichen Dummheiten bewusst ist, macht sich unangreifbar und trotzt jedem Kritiker. Genau damit prägte Töpperwien den Fußballjournalismus des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, war sich weder für unbequeme Fragen noch für Freundschaften mit Spielern oder Trainern zu schade und stellte sich bei Interviews gerne mit ins Bild. Oftmals wurde dem bekennenden Eintracht Braunschweig-Fan deswegen Unparteilichkeit und fehlende Distanz vorgeworfen, doch für Töpperwien war sein Beruf Berufung und Fußball sein Leben. Im Interview mit der Frankfurter Rundschau sagte Töpperwien jüngst: «Fußball ist für mich: Nass werden, ‘ne Bratwurst und ‘ne Bierdose in der Hand» - und das geht eben am besten, wenn man nicht nur dabei, sondern mittendrin ist.

Doch die Zeiten haben sich geändert: Das Privatfernsehen macht Fußballübertragungen zu millionenschweren Samstagabendevents und überdachte Stadien mit VIP-Logen fördern die Bequemlichkeit der Fans. Der Fußball ist erwachsen, professioneller geworden und vielleicht hat einer wie Töpperwien, der lieber mit infantiler Begeisterung als mit kalter Arroganz kommentiert hat, genau darauf keine Lust mehr. Am Samstag noch wird er die Partie Bremen gegen Hamburg kommentieren, am Sonntag geht er an seinem 60. Geburtstag nach 37 Jahren beim ZDF und 1444 Kommentatorpartien in Frührente. Und ob man die Reporterlegende nun mag oder nicht: Verdient hat er es sich.

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