TV und so

Kollektives Fake-TV

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Wenn Fake-Dokus schon Rekord-Einschaltquoten holen, warum setzt man nicht gleich auf komplett gestelltes TV?

In den vergangenen Wochen konnten die Fake-Dokus oder von der Presseabteilung gerne auch mit dem Euphemismus „Scripted Reality“ titulierten Sendungen wie «Familien im Brennpunkt» und «Verdachtsfälle» neue Rekord-Marktanteile erzielen. Jeden Tag schaut nun teils mehr als ein Drittel der 14- bis 49-jährigen Zuschauer jene Sendungen an, die echtes Leben, also Reality vorgaukeln, dabei aber komplett gestellt sind. Selbst im Vorabendprogramm holen Formate wie «X-Diaries» (RTL II) solch gute Quoten, dass nun sogar das ehemalige Aushängeschild «Big Brother» zunächst überflüssig geworden ist – jedenfalls wird im Januar 2011 noch keine neue Staffel des Großen Bruders starten.

Wenn die Zuschauer also auf gestellte Wirklichkeit stehen, warum weiten die Fernsehstationen diesen Trend dann nicht aus? Die „Fake Game Show“ könnte gescriptete Spiele auf den Bildschirm bringen und so die Spannung künstlich steigern. In der politischen Talkshow wären die Dialoge und Gespräche schon vorher von einem professionellen Expertenteam geschrieben – so weit entfernt davon ist die talkshowaffine Polit-Prominenz ohnehin nicht, da sie die vorgefertigten Parteiansichten vertreten muss und das sagen darf, was dem Parteikurs entspricht.

Auch gescriptete Kochshows könnten beim Publikum gut ankommen: Wenn das vom Kandidaten gebratene Steak völlig verbrennt oder sich der Koch beim Flambieren verletzt, dann wird der Unterhaltungseffekt für den Zuschauer ungemein größer. Aktuell sind wir im Fernsehprogramm so stark von unechten Geschichten umgeben wie nie zuvor. Authentizität ist ein Fremdwort für die Programmmacher geworden – doch sie produzieren auch nur das, was der Zuschauer sehen will. Ihn interessiert es nicht, ob Formate echt oder gestellt sind, solange sie ihn unterhalten.

Und wenn wir überlegen, welche Fernsehprogramme überhaupt noch echt sind, so kommen wir zu einem ernüchternden Ergebnis. Denn selbst „echte“ Realitys wie «Rach, der Restauranttester» versuchen mit der Auswahl der gefilmten Szenen eine Geschichte zu erzählen, damit die am Ende ausgestrahlte, geschnittene Sendung möglichst unterhaltsam ist. In Castingshows wie «Popstars» werden Kandidaten in Schubladen gesteckt und mit einer Story behaftet, damit der Zuschauer Stereotype erkennt und die Produzenten steuern können, welche Teilnehmer sympathisch erscheinen sollen oder umgekehrt, damit also letztlich wieder brisante Geschichten erzählt werden. Diese ganzen Produktionsmethoden sind kein Vorwurf, aber ein Fakt, dem man sich als Zuschauer klar werden muss. Fernsehen manipuliert selbst bei vermeintlicher Wirklichkeit. Dieses echte Leben kann der Bildschirm aber nicht darstellen – vielleicht sollte man den einen oder anderen Zuschauer der kollektiven Fake-Formate mal daran erinnern.

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