Popcorn & Rollenwechsel

Inoffizielle Remakes

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Was haben die aktuelle Komödie «Stichtag» und der Teenager-Thriller «Disturbia» gemeinsam? Unser Kolumnist erklärt es Ihnen.

Vergangenen Dienstag startete «Stichtag» in den deutschen Kinos. Die Roadmovie-Komödie mit «Hangover»-Star Zach Galifianakis und «Iron Man»-Hauptdarsteller Robert Downey Jr. handelt von zwei völlig unterschiedlichen Männern, die aufgrund einer Kette von Zufällen gezwungen sind, gemeinsam quer durch die USA zu fahren. Das führt wiederum zu jeder Menge Chaos und Streitereien zwischen den gegensätzlichen Persönlichkeiten. Das Grundkonzept kommt vielen Kinobesuchern sicher bekannt vor, teilt es sich doch erhebliche Elemente mit «Ein Ticket für zwei». In dieser aus der Feder von John Hughes («Ferris macht blau», «Kevin – Allein zu Haus») stammenden Komödie sind es John Candy und Steve Martin, die als ungleiches Duo quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika reisen. Trotz dieser offensichtlichen Parallelen gilt «Stichtag» nicht als Remake der Komödie von 1987.

Solche „heimlichen Remakes“ sind keine Seltenheit. Ein besonders prominentes sowie schlagzeilenträchtiges Beispiel stellt der Teenie-Thriller «Disturbia» da, dessen Macher aufgrund seiner Ähnlichkeiten mit «It Had to Be Murder», der Kurzgeschichte auf der Hitchcocks Klassiker «Das Fenster zum Hof» basiert, sogar vor Gericht gezerrt wurden. Beide Werke handeln von einem jungen Mann, dem es nicht möglich ist, sein Haus zu verlassen und der sich seine Zeit mit dem Beobachten seiner Nachbarn vertreibt. Dabei beobachtet er etwas, das er für einen Mord hält, wodurch die eigentliche Geschichte des Films ins Rollen kommt. Vor Gericht wurde allerdings entschieden, dass sich die Macher von «Disturbia» keines geistigen Raubs schuldig gemacht hätten. Die Ähnlichkeiten im Konzept von «Disturbia» und der Kurzgeschichte seien oberflächlich und zu abstrakt, als dass die Kläger ein Urheberrecht auf diese Elemente behaupten könnten. Außerdem merkte der Richter an, dass die Unterschiede dagegen äußerst gravierend seien, vor allem im Hinblick auf Charakterisierung und Atmosphäre.

Im Falle von «Stichtag» wäre eine Klage sicherlich übertrieben. Obwohl sich die Zusammenfassung ähnlich wie der zu John Hughes Komödienklassiker liest, so sind die Unterschiede zwischen beiden Komödien noch gravierender als die zwischen «Disturbia» und Hitchcocks Thriller oder dessen Vorlage. Vor allem ist der Humor anders gelagert, was bei einer Komödie zweifelsohne der schneidenste Punkt ist. Außerdem liegt schon «Ein Ticket für zwei» eines der archetypischen Konzepte der Filmgeschichte zu Grunde, nämlich das Zusammenbringen gegensätzlicher Typen. Bereits das möglicherweise berühmteste Duo der Filmgeschichte lebte es vor: Dick und Doof.

Die Dynamik solcher Buddy-Filme sieht man aber nicht nur in zahlreichen Komödien, wie etwa den vergleichbaren Produktionen«Ein Ticket für zwei», dem gelungenen Fernsehfilm «Zwei Weihnachtsmänner» mit Bastian Pastewka und Christoph Maria Herbst und nun mal «Stichtag», sondern auch in unzähligen Actionfilmen. Das Buddy-Cop-Genre erstreckt sich über erfolgreiche Franchises wie «Lethal Weapon», «Bad Boys», «Rush Hour» und in gewissem Maße auch «Men in Black». Es ist ein sehr oft genutztes Konzept, es ist ein sehr effektives Konzept. Man kann es frischer anpacken (siehe etwa die «Toy Story»-Filme oder «Ananas Express»), man kann es ganz routiniert und unoriginell anpacken. «Stichtag» macht wahrlich nichts neues aus seiner Dynamik. Dennoch ist es, so lange man darüber hinwegsehen kann, ein unterhaltsamer Film.

Bei «Disturbia» dagegen sind die Ähnlichkeiten meiner Meinung nach frappierend genug und der Grundplot so speziell, um die Klage zu rechtfertigen. „Zwei gegensätzliche Männer schlagen sich miteinander rum“ ist einfach viel allgemeiner, als „ein junger Mann, der sein Haus nicht verlassen darf, spannt bei den Nachbarn herum, wird paranoid und beobachtet (vielleicht) einen Mord“. Das soll nicht heißen, dass «Disturbia» keine Existenzberechtigung hat. Der spannende und unterhaltsame Teenie-Thriller hat seine ganz eigene Atmosphäre und wäre deshalb ein positives Beispiel für ein Remake. Er nimmt eine bekannte Idee und variiert sie so sehr, bis er sie sein eigen nennen könnte. Das hat einen deutlich höheren Mehrwert als ein Bild-für-Bild-Remake wie Gus van Sants «Psycho».

Filmemacher sollten sich nicht schämen, wenn sie das Rad nicht neu erfinden. Sie sollten bloß den Schneid haben, zuzugeben, dass sie Inspiration in anderen Filmen gefunden haben oder einem altbekannten Konzept einen neuen Dreh verleihen.

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