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«John From Cincinnati»

von
David Milch überzeugte mit «Deadwood» - sein Nachfolger kam beim US-Publikum aber gar nicht gut an.

David Milch, so etwas wie der kommende Messias für HBO-Serienliebhaber, hatte auch seine schlechten Tage. Erfolge feierte er in seinen Network-Jahren mit «Hill Street Blues» und «NYPD Blue». Im Pay-TV konnte er mit «Deadwood» (Foto) überzeugen. Dann kam ihm jedoch eine Idee, und plötzlich war «Deadwood» für den Serienerfinder und Autor nicht mehr wichtig genug - warum eine dreckige Westerngeschichte erzählen, wenn es eine mysteriöse Person in den Kreisen einer dysfunktionalen Familie ebenfalls tut? «John From Cincinnati» premierte auf HBO am 10. Juni 2007 und fand sein unverhofftes Finale zehn Wochen später. Das Drama erzählte die Geschichte der Familie Yost - professionelle Surfer, Drogenabhängige, und ein Wunderkind - und behandelt die Ankunft des mysteriösen John Monad, der offenbar geistig behindert ist, aber auch magische Kräfte besitzt. Mit diesen scheint der mysteriöse John die problembelastete Familie helfen zu wollen; und im Gegenzug lernt er die Welt des Surfsports kennen.

Milch entwickelte «John From Cincinnati» zusammen mit Kem Nunn, ein professioneller Surfer, der seine Geschichten auch in Romanen verarbeitet. Damit verbindet die Serie nicht nur die charakterzentrierte Welt des David Milch mit dem Sportgenre eines Kem Nunn, sondern verweist noch auf einen übernatürlichen Plot, der irgendwie nie so recht zur dramatischen Geschichte der Yosts passte. Die Mythologie um den Titelcharakter John reichten von Verbindungen mit griechischen Göttern, über Thesen, dass er ein Engel sein könnte, bis hin zur Vermutung, dass John mit Jesus in Verbindung gebracht werden kann - wenn Zuschauer nicht anfangen zu denken, dass John Gott höchstpersönlich ist. Bruce Greenwood (der selten Glück als Hauptdarsteller einer Serie fand, mit vielen nach nur einem Jahr abgesetzt), Rebecca DeMornay, Ed O'Neill und Luke Perry waren im Hauptcast aufzufinden und manch ein TV-Kenner wird sich auch über die bekannten Gesichter anderer TV-Serien unter den Nebenrollen gefreut haben.

Der Plot mag nun ein wenig seltsam klingen, hatte allerdings großes Potential bei einem Sender wie HBO. Die Zuschauer standen «John From Cincinnati» jedoch von Anfang an kritisch gegenüber. Die, die über die starken darstellerischen Leistungen hinweg sehen konnten, scheiterten daran, die positiven Seiten an einem Mystery-Surfer-Familiendrama wie diesem zu sehen - die Story war nicht nur verwirrend, sondern auch verstörend; Geheimnisse wurden angereizt, Antworten gab es jedoch so gut wie nie; und viele Zuschauer wussten nicht so recht, was sie von der Serie denken sollen. Ist «John From Cincinnati» nun ein Mystery- oder ein Familiendrama? Will es im Bereich des Übernatürlichen Geschichten erzählen oder im Bereich des Surfsports? Anscheinend wollte Milch beides und hat dafür extra «Deadwood» verfrüht und mit einem offenen Ende beendet, nur um ein "zweites Kommen" von Jesus in einer TV-Serie zu erzählen. «Deadwood»-Fans waren schon enttäuscht von «John From Cincinnati» bevor es angefangen hatte; Kritiker wussten nach der Premiere nicht, was sie von Milchs neuer Serie halten sollen; HBO-Kunden fanden in der Serie keinen Nachfolger für Hits wie «Deadwood» und «Die Sopranos».

Das spiegelte sich auch schnell in den Zuschauerzahlen wieder: HBO erwischte keinen guten Start mit der Serie, die direkt nach dem Serienfinale von «Die Sopranos» ausgestrahlt wurde und während die Mafiafamilie mit 11,9 Millionen Zuschauer seinen Lauf beendete, konnte «John From Cincinnati» nur 3,4 Millionen Zuschauer zum Zuschauen bewegen – heutzutage ein durchschnittlich guter Wert für den reichsten Sender der Welt («Boardwalk Empire» schafft diese Zahl eher selten). Ein Absturz der Zuschauerzahlen folgte nach der Premiere, aber die Serie hatte am Ende das Glück, einige seiner Zuschauer wiederzufinden. Für HBO war es in 2007 jedoch nicht genug, und zusammen mit den eher verhaltenen Kritiken gab der Sender die Absetzung der Serie einen Tag nach dem Staffelfinale bekannt. «John From Cincinnati» hatte seine Fans, die von dem Plot und den Charakteren fasziniert waren, jedoch waren es nicht genug, um die Serie auf der Beliebtheitsskala nach oben rutschen zu lassen. Und schmerzlich vermisst wie «Carnivále» wird die Serie heutzutage von niemanden.

Nur ein Teil des Casts konnte nach dem Ende der Serie einen weiteren Job im TV finden. Ed O'Neill begeistert ein Millionenpublikum als Patriarch einer Familie in «Modern Family»; Austin Nichols schaffte es in der aktuellen Staffel «One Tree Hill» auf sich aufmerksam zu machen; Brian Van Holt ist zur Zeit noch in «Cougar Town» beschäftigt und Emily Rose schnappte sich im zurückliegenden Jahr die Hauptrolle in der Syfy-Serie «Haven». Auch David Milch hat einen neuen Job gefunden: Er schrieb das Drehbuch zum kommenden HBO-Projekt «Luck», erneut ein Sportlerdrama, erneut mit einem starken Cast. Und hoffentlich nicht mit einem übernatürlichen Element. Und wenn er noch mehr Zeit findet, wird er sich auch mit einem Ende für «Deadwood» beschäftigen – das hat er den Fans zumindest versprochen.

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