Story
Berlin im Jahr 1938, der Zweite Weltkrieg steht unmittelbar bevor. Ursula, eine junge Frau mit Leidenschaft für Musik und Klavierspiel, verfolgt mit leuchtenden Augen den Auftritt des Varieté-Sängers Wolfgang Heye. Aus Ursula und Wolfgang wird ein Paar und aus der Schwärmerei die Liebe eines Lebens - in einer Zeit, in der die Liebe unmöglich scheint. Ursula und Wolfgang heiraten, gegen den Willen von Ursulas Eltern. Die halten wenig von der Ehe mit einem brotlosen Künstler. Zwei Kinder erblicken das Licht der Welt. Doch dann muss Wolfgang mit der deutschen Wehrmacht in den Krieg ziehen. Ursula sucht inzwischen mit den Kindern bei ihren Eltern in Danzig Unterschlupf. Es folgt eine Zeit der Sorgen und Konflikte: Von Wolfgang erreichen sie Briefe, die von den Schrecken und der Sinnlosigkeit des Krieges berichten. Auch innerhalb ihrer Familie sind die Frontverläufe spürbar: Während sich Ursulas Vater Franz voller Widerstandsgeist gegen seine Vereinnahmung als Volksdeutscher wehrt, sind ihre Mutter Martha und ihr Bruder Hans glühende Anhänger des Führers.
Wolfgang jedoch flieht aus dem Kriegsdienst, wird aufgegriffen und kommt als Deserteur in Haft. Nach einem Jahr im Gefängnis steht er plötzlich vor der fassungslosen Ursula und zwei Kindern, die ihn kaum kennen. Gemeinsam verlebt die kleine Familie eine Woche. Nach seiner Rückkehr an die Front desertiert Wolfgang erneut und wird in eine Strafkompanie versetzt, was einem Todesurteil gleichkommt. Ursula indes muss den Lebensunterhalt für die Familie verdienen und gibt sich dabei auch für die Durchhalteparolen der Machthaber her: Im Dienste des Reichspropagandaamts begleitet sie Lale Andersen am Klavier. Sie willigt sogar ein, als das Amt sie unter Druck setzt, sich von ihrem unehrenhaften Mann scheiden zu lassen. Doch bleibt sie bei aller erzwungener Biegsamkeit im Innersten aufrecht: So sammelt sie während ihrer Arbeit im Kriegslazarett heimlich Informationen für den Widerstand. Nach Kriegsende flieht Ursula mit den Kindern nach Rostock. Sie findet Arbeit im Wetteramt, die der ganzen Familie Brot und Kohlen bringt. Nie gibt Ursula während dieser Zeit die Hoffnung auf ein glückliches Wiedersehen mit Wolfgang auf.
Darsteller
Maria Furtwängler («Tatort») ist Ursula Heye
Dorka Gryllus («Fremde Heimat») ist Norah Kellermann
Pasquale Aleardi («Vulkan»; «Dutschke») ist Wolfgang Heye
Rosel Zech («Um Himmels Willen») ist Martha Engler
Günther Maria Halmer («Ein Fall für Zwei») ist Franz Engler
Nicole Marischka («R.I.S. – Die Spracher der Toten») ist Hilde
Wanja Mues («Stubbe – Von Fall zu Fall») ist Hans Engler
Kritik
Es ist eine ganz besondere Mischung, die die Geschichte von «Schicksalsjahre» zu bieten hat. Eine Familiengeschichte, ein Frauenschicksal und sogar politische Zeitgeschichte werden in Einklang gebracht. Heraus sticht Maria Furtwängler in einer unglaublich überzeugenden Rolle als Ursula Heye, die in Zeiten der unterschiedlichen politischen Systeme und gesellschaftlichen Umstände vor und nach dem zweiten Weltkrieg für und mit ihrer Familie ums Überleben und ein Widersehen mit ihrem in die Schlachten gezogenen Mann kämpft. Es ist eine aufopfernde Geschichte, die Drehbuchautor Thomas Kirchner nach der Romanvorlage «Vom Glück nur ein Schatten» erzählt. Vor allem weil das Drama aufgrund der Buch-Vorlage eine biografische Story zu bieten hat: Im Original-Werk schildert Uwe-Karsten Heye die Wege seiner Mutter, die ihren Mann im zweiten Weltkrieg verliert, sich auf Druck der Nazi-Propaganda auch noch widerwillig von ihm scheiden lassen muss, nach Kriegsende die Nachricht von seinem Tode verkraften muss und ihn 13 Jahre später unverhofft wieder trifft. Zeitgeschichtlich greift die Geschichte hier gleich mehrere Epochen der deutschen Geschichte auf: Drittes Reich, Nachkriegszeit und die Anfangsjahre des demokratischen Deutschland. Keine leichte Aufgabe, der die erfolgreiche Film-Produktionsfirma teamWorx aber gewachsen war. Denn herausgekommen ist eine ansprechende Umsetzung im Drama-Film, der nicht nur das familiäre Schicksal von Ursula Heye beschreibt, sondern in vielen Szenen auch Ausflüge in die Zeitgeschichte und Politik wagt.
Wenn beispielsweise Ursulas Vater Franz Engler, gespielt von Günther Maria Halmer, sich mit seinem Sohn über die nationalsozialistische Politik streitet oder den Widerstand im Dritten Reich lebt, dafür sogar ins Zuchthaus muss oder Ursula Heye beim Wiederaufbau nach Kriegsende ein Gespür für die Gerechtigkeit entwickelt, dann sind das jene Szene, in denen Regisseur Miguel Alexandre auch den geschichtlichen Rahmen in den Vordergrund stellt und auf sehr interessante Weise darstellen lässt. Immerhin deckt der Zeitraum, in dem die Geschichte von «Schicksalsjahre» spielt, knapp 20 Jahre ab, es sind dabei vor allem Zeiten des Umbruchs. Der Film erzählt von Krieg und Wiederaufbau, klammert dabei auch politische Anekdoten nicht aus und widerspiegelt dabei die Gesellschaft, die all das miterleben muss. Ein besseres Beispiel als Ursula Heye, der Maria Furtwängler eine sehr authentische Note verleiht, kann es hierfür nicht geben, schwelgt sie doch zwischen der großen Liebe, purer Verzweiflung und dem Kampf für Gerechtigkeit. Ein Frauenschicksal eben in gesellschaftlich wie politisch schwierigen Zeiten. „Das Unglück der anderen ist unser Glück“, meint Wolfgang Heye im Film, als er noch vor Kriegsbeginn mit Ursula zusammen kommt. „Vielleicht ist es nur Schicksal“, entgegnet sie bezeichnend. Eine Schlüsselszene des Zweitteilers, der gerade eben jenes Schicksal in den Mittelpunkt stellt.
In den Mittelpunkt gerückt werden muss aber auch die glänzende Schauspielleistung von Maria Furtwängler, die man sonst als «Tatort»-Kommissarin ganz anders kennt. Der Zweiteiler «Schicksalsjahre» hat ihr eine Menge abverlangt – die ganze Bandbreite der schauspielerischen Fähigkeiten kommt zur Geltung und durch die sehr aufrechte und couragierte Art von Furtwänglers Charakter Ursula Heye wird sehr authentisch inszeniert. Vor allem der zweite Teil von «Schicksalsjahre» kann auf einen tiefgründigen Erzählstil bauen, während man sich im ersten Teil noch etwas herantastet. Gleichermaßen nimmt auch die Handlung im zweiten Teil einen entscheidenden Verlauf, so dass es hier ungleich rasanter zur Sache geht als noch im ersten Teil. Gelegentlich tritt der Zweiteiler aber auf der Stelle, was mit zwischenzeitlichem Spannungsabfall quittiert wird, doch da auch die Nebengeschichten interessant sind und auch die Nebencharaktere gut besetzt worden sind, trübt das nur wenig über das große Gesamtwerk hinweg. Auch wenn «Schicksalsjahre» in weiten Teilen dann doch dem Genre der typischen Kriegs- und Nachkriegsdramen verfällt, tragen die grundsolide Geschichte, die interessante zeitgeschichtliche Umsetzung und die hervorragenden Hauptrolle von Maria Furtwängler zur hohen Qualität des ZDF-Zweiteilers bei, welche letztlich zu überzeugen weiß.
Den Event-Zweiteiler «Schicksalsjahre» zeigt das ZDF am Sonntag, 13. Februar, und Montag, 14. Februar 2011, jeweils um 20.15 Uhr.