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Winning! Das ist das neue Motto in Sheenland und wie es aussieht, scheint dies nicht auf seinem Größenwahn zu beruhen. In der buchstäblichen Woche seines Lebens hat Sheen fast alles erreicht: TV-Zuschauer dankten ihm nicht nur, dass er für die Suspendierung der 08/15-Comedy «Two and a Half Men» verantwortlich ist, auch hat der berüchtigte Star mit seinen feuerspuckenden Fäusten inzwischen seinen eigenen Radiosender gewidmet bekommen (welcher sich 24 Stunden am Tag nur mit Charlie Sheen und den Hintergründen seiner Person beschäftigen wird). Und es dürfte so sicher wie das Amen in der Kirche sein, dass Sheen seine 10 Millionen Dollar für die Buchrechte demnächst bekommen wird. Man könnte meinen, dass es Sheen am Set von «Two and a Half Men» zu langweilig wurde und er gewissenhaft nach anderen Geldquellen suchte.
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Doch zurzeit beschäftigen sich einige Medien außerhalb des Sheen-Rummels mit Händen voll von Fragen: Warum war Sheen nicht in der Lage, seine Reha im eigenen Haus anzutreten, und am Ende wieder am Set von «Two and a Half Menɪ seine 1,2 Millionen Dollar pro Episode zu verdienen? Warum ist Amerika so interessiert an Sheens Antwort auf die Frage, ob sich Drogen im Haus befinden, ganz zu schweigen von der Frage, ob die Antwort überhaupt einen Stellenwert in ihrem Wahrheitsgehalt hat? Warum ernähren die TV-Tabloids, die selbstständig bewiesen haben, dass sie keinen Journalismus betreiben können, Sheen wiederholt mit weiteren Hasstiraden gegenüber CBS und Lorre? Und warum erkennt absolut jeder, dass Sheen psychiatrische Hilfe benötigt, aber keiner den Mumm hat, ihm auch eine Businesskarte zu geben, oder den Namen eines Arztes? Ernährt sich das Fernsehen von den Überresten von Sheens Celebrity-Kadaver, oder geben sie Sheen weitere Fleischhäppchen für seinen Amoklauf auf ABC, NBC, CNN, in allen möglichen Radioshows mit namhaften Moderatoren und in der Presse?
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Die vergangene Woche zeigte sehr detailliert, dass nicht die Person Charlie Sheen kritisiert werden sollte - immerhin hat er das Recht ein Lebensstil nach seinen Wünschen zu leben, egal ob gesundheitsschädlich oder nicht -, sondern die Kritik an der Person aus den Medien. Vielleicht ist es auch Chuck Lorre, der die Schuld für die Geburt des Marsianischen Rockstars trägt, seit dem Vermutungen über seine Lustlosigkeit, weiter an «Two and a Half Men» zu arbeiten, die Runde machen. Doch in einem sind sich alle Pressemedien sicher: Charlie Sheen braucht Hilfe. Ein Hollywoodstar, der über Göttinnen, Hexenmeister, Tigerblut und seine eigene Charlie-Sheen-Droge redet und inzwischen weit vom ursprünglichen Thema abgekommen ist, ist vielleicht doch nicht ganz gesund. Und man darf sich sicher sein, dass der Medienrummel eine Fortsetzung findet, so lange die Medien auf seine Person anspielen - dabei benötigt es noch nicht mal die Medien, sondern Firmen wie McDonald's, welches (scherzhaft) einen neuen Burger namens McWinning ankündigt, oder das Rote Kreuz Sheens «Tigerblood»-Bemerkung von seinem Twitter-Account kapitalisiert. Ganz zu schweigen von der Automobilfirma Ford, welche Sheens "Winning" für ihre neue Werbekampagne nutzen.
Charlie Sheen - der Rockstar vom Mars. Er ist vom hohen Ross gefallen. «Two and a Half Men» mag entweder Geschichte sein, oder wird mit einem neuen Hauptdarsteller wiederbelebt. Zusätzlich darf sich der Hollywoodstar nun klarmachen, dass er so leicht keinen Job vor der Kamera mehr bekommen wird. Sobald die Ruhe im Medienzirkus einkehrt, werden sich auch die Tabloids innerlich mit dem Gesagten und Gezeigten beschäftigen müssen. Und Sheen wird vielleicht auch bald realisieren, dass die Woche seines Lebens seine Karriere getötet hat - und das Vertrauen jedes Geschäftspartners. Auch wenn er und der Großteil seiner Fans behauptet, dass er der "Winner" des Krieges gegen CBS/Lorre ist.