ZDFneo traut sich was!

Unser Redaktionspraktikant über das neue ZDFneo-Programm und dessen Kritiker. Eine Art Liebeserklärung.

TV-Deutschland, da kommt etwas auf dich zu. Etwas, das die Fernsehwelt komplett auf den Kopf stellen könnte. Ein neues Format, welches es hierzulande noch nie in dieser Form gegeben hat. Und jenes kommt ausgerechnet vom derzeit jüngsten Digitalsender des ZDF – die Rede ist natürlich von ZDFneo. Mit dem «TV Lab» möchte der Mainzer Kanal im Mai 2011 neue Wege gehen: Hier kann der Zuschauer entscheiden, welches der vorgestellten Formate – egal ob Show, Factual-Entertainment, Dokumentation oder Krimi – für die nächste TV-Saison verlängert werden soll. Das ist eine gute Sache. Als Fernsehjunkie kommt einem das «TV Lab» sehr gelegen, denkt man doch immer, dass man selber den besten Geschmack hat und zwischen Trash und Qualität unterscheiden kann. Ein Abklatsch von Müll wie «X-Diaries» oder «Mitten im Leben» hätte beim «TV Lab» also keine Chance; im Übrigen auch keine Kopien. Es müssen neue Ideen präsentiert werden. Ohne Frage: Das fordert Mut von den zahlreichen Nachwuchs-Autoren- und Produzenten Deutschlands.

Wir wissen jedoch, dass Mut oftmals nicht mit guten Quoten belohnt wird. Als Paradebeispiel hierfür fällt mir, zumindest für den deutschsprachigen Raum, spontan das Insel-Drama «Lost» ein, das die Kritiker zwar die meiste Zeit über zufrieden stellte, dafür beim Massenpublikum nie wirklich eine Chance hatte (jaja, für manche mag dieses Beispiel banal klingen, mir fiel aber auf die Schnelle kein besseres ein). Beim «TV Lab» spielt das demnächst gar keine Rolle, ist es doch wie bereits erwähnt der Zuschauer, der entscheidet, welche Sendung tatsächlich fortgeführt wird. Kein Verantwortlicher vom Sender. Diesmal liegt das in der Hand des Zuschauers. Es geht sozusagen ein Traum eines Fernsehjunkies in Erfüllung. Einmal auf dicke Hose machen und den Chef spielen. Wunderbar, oder? Also ich setzte jedenfalls hohe Erwartungen an dieses Projekt. Und wer weiß, vielleicht entdecke ich da ja auch eine neue Lieblingsserie? ZDFneo hat bei der Programmvorstellung am Donnerstag (hier habe ich das erfahren) übrigens noch weitere Formate angekündigt. Zum Beispiel zeigt man im Herbst die preisgekrönte US-Serie «The Big C» mit Laura Linney. Zudem geht «Mad Men» (auch ein Favorit von mir) in die zweite Runde. Auch das sind alles in allem lobenswerte Schritte, wenngleich diese bei vielen Medien-Menschen auf Unverständnis stoßen. Erst kürzlich las ich ein sehr interessantes Interview mit einem dieser verärgerten Menschen – ich glaube, es war bei einer gewissen grünen Seite. Tele 5-Chef Kai Blasberg regte sich fürchterlich über ZDFneo (und das ZDF an sich) auf.

Überhaupt sind die Bosse der Privatsender nicht gut auf den Sender zu sprechen. Er nehme ihnen nicht nur die Zuschauer weg, sondern würde noch dazu nicht den Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen einhalten. Ich sage da nur: Neidisch, liebe Privatsender? Falls es euch entgangen ist: Unterhaltung gehört ebenfalls zum Bildungsauftrag der bei Jungen unbeliebten Öffis. Dass ZDFneo endlich mal versucht, junge Zuschauer einzusammeln, ist meiner Meinung nach sogar sehr gut. Denn was will ich mit einem singenden Florian Silbereisen oder «Giraffe, Erdmännchen & Co.» am Nachmittag? Ich zahle zwar Geld dafür, schaue mir die meisten Programme von ARD oder ZDF aber nie an. Ganz im Gegensatz zu ZDFneo. Diesen Sender schalte ich gerne ein, weil man dort hin- und wieder mal qualitativ hochwertige US-Serien genießen kann, ohne von Werbung gestört zu werden. Oder von nervigen Gewinnspiel-Quizfragen. Und bei diesem Sender wurde mir erstmals bewusst, dass die vielen GEZ-Gelder doch irgendwie gut genutzt werden.

Jetzt könnte man natürlich gegenargumentieren, dass man das alles bei den Privaten umsonst kriegen würde, aber diesen Punkt näher zu erläutern, spare ich mir. Denn ich stehe dazu: Ich finde den Weg, den ZDFneo einschlägt, toll. Und ich stehe unumstritten für einen der unzähligen TV-Endkonsumenten dieses Landes. Wenn ich es nicht weiß, wer dann, ihr Kritiker? Mal davon abgesehen, dass diese ganze Diskussion seit Start des Senders im Grunde genommen ohnehin völlig lächerlich, gar unangebracht ist. Ist es den öffentlich-rechtlichen etwa nicht gestattet, auch mal ein jüngeres Publikum anzusprechen und eben nicht mehr nur als Alt da zu stehen? Und außerdem, liebe Privaten, liegt der ZDFneo-Marktanteil derzeit sowohl beim Gesamtpublikum als auch bei den Jungen bei mageren 0,3 Prozent. Man kann daher nicht ernsthaft behaupten, der Sender stelle eine Gefahr für wirtschaftliche TV-Unternehmen dar. Deswegen abschließend noch eine Bitte vom Quotenmeter.de-Praktikanten an die ZDFneo-Verantwortlichen: Macht weiter so und lasst euch nicht unterkriegen. Ich stehe hinter euch. Und die Neider sollen endlich aufhören, zu meckern. Das ist nämlich einfach nur peinlich.