Die Kritiker

«Die Mutprobe»

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Die Familienrichterin Sabine kehrt anlässlich eines Klassentreffens in ihr Heimatdorf zurück. Sie will eigentlich noch am selben Abend wieder zurück nach Wien, da verschwindet die Tochter ihrer Jugendliebe Leonhardt spurlos.

Leonhardt bittet sie, zu bleiben – wenn schon nicht ihm zuliebe, so doch wenigstens, um seine Frau moralisch zu unterstützen. Sabine willigt ein, doch der unverhofft lange Aufenthalt in der alten Heimat wird zu einer Reise in die eigene Vergangenheit, auf der sie sich ihrem schlimmsten Alptraum stellen muss.

Darsteller


Elisabeth Lanz («Tierärztin Dr. Mertens») ist Sabine
Heio von Stetten («Deadline – Jede Sekunde zählt») ist Leonhard
Simon Schwarz («Trautmann») ist Ferdinand
Cornelius Obonya («Zodiak») ist Meier
Peter Weck («Ich heirate eine Familie») ist Dr. Körbler
Julia Cencig («Fünf & Sechs») ist Melanie
Vasiliki Roussi («Lieselotte») ist Sofia

Kritik


Die Provinz, das Beschauliche, das Vertraute ist für Richterin Sabine ein Graus. Dennoch kehrt sie anlässlich eines Klassentreffens zurück und muss sich nicht nur mit dem Verschwinden der Tochter ihrer Jugendliebe auseinandersetzen, sondern auch mit ihrer eigenen Vergangenheit, die sie aus ihrer Heimat vertrieben hat. Eben jenes kleine Dorf in Österreich ist Schauplatz des ARD-Films «Die Mutprobe», der sich in die lange Reihe derjenigen Filme stellt, die Kindesmissbrauch und Pädophilie thematisieren. Regisseur Holger Barthel inszenierte mit einem stimmigen Schauspielensemble, allen voran Peter Weck, ein bewegendes Drama, das glücklicherweise einmal weitab von anonymen Großstädten mit dem Nachbarn als Feind kokettiert.

Auch das Drehbuch von Ivo Schneider überzeugt mit guten Dialogen und menschlichen Dramen: Protagonistin Sabine verkommt trotz des anderweitigen ersten Eindrucks nicht zur starken Karrierefrau, sondern nutzt die tragische Situation des Verschwindens der Tochter ihrer Jugendliebe ganz egoistisch zu ihrem eigenen Vorteil. Missbrauch, das Schweigen der Dorfbewohner und ihre eigene Vergangenheit thematisiert sie mitten im Trubel um das verschwundene Mädchen mit einem anonymen Brief, der den beliebten Studienrat Körbler als Pädophilen darstellt. Unter Protest der Bewohner gräbt sie etwas zu selbstgerecht und emotional in Gegenwart und Vergangenheit Körblers – das kann dem guten Spielfilm allerdings nicht schaden.

Zwar verschwimmt das Ende zu einem pathetischen Akt der Selbstjustiz, der angesichts der beruflichen Tätigkeit der Protagonistin als Richterin erst verblüfft, im Endeffekt aber die Sprachlosigkeit der Provinz, die Vetternwirtschaft und die Heile-Welt-Attitüde der Dorfgemeinschaft in einem stimmigen Gesamteindruck zu einem untypischen und gar nicht heroischen Ende führt. Für Hochdeutsche zwar verständlich, aber in manchen Szenen nervenaufreibend bleibt der Dialekt. Insgesamt präsentiert das Erste dennoch ein sehenswertes Drama mit Mut zu einer schwierigen Thematik, das mit teils subtileren Handlungssträngen zu einem waschechten Thriller hätte werden können. Genrefreunden sei dennoch empfohlen, «Die Mutprobe» nicht an sich vorbeigehen zu lassen.

Das Erste zeigt «Die Mutprobe» am Mittwoch, den 11. Mai 2011, um 20:15 Uhr.

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