Hingeschaut

Raabs neuer Mann: Wie gut war Gätjen?

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Steven Gätjen gab am Samstag seinen Einstand bei «Schlag den Raab». Wie ist sein Auftritt zu bewerten?

Schon am Donnerstag hatte Steven Gätjen seine erste Feuerprobe bei Stefan Raab: Obligatorisch war er in «TV total» zu Gast, um die kommende Ausgabe von «Schlag den Raab» zu bewerben. Gätjen werden – wie zu Opdenhövels Start im Jahr 2006 – nicht (mehr) viele Zuschauer kennen: Anfang der 2000er Jahre war er ein gefragtes Gesicht und moderierte Shows wie den «Champions Day» (Sat.1), «Fort Boyard» oder «Speed – time is money» (beide ProSieben), doch in den vergangenen Jahren war Gätjen seltener auf dem Bildschirm zu sehen. Zuletzt war er als ProSieben-Off-Sprecher des ersten «ESC»-Halbfinals sowie als Kommentator der «MTV Europe Music Awards» tätig.

Nun also hat Gätjen die einmalige Chance, eine der erfolgreichsten Fernsehshows beim jungen Publikum, ein sozusagen „gemachtes Nest“ zu übernehmen und mit guten Quoten weiterzuführen. Doch je größer die Chance, desto größer auch das Risiko: Sollte Gätjen der Verantwortung nicht gewachsen sein, «Schlag den Raab» auf erfolgreichem Kurs zu halten, so wäre dies auch für die persönliche Karriere ein großes Problem. Umso spannender war es zu sehen, wie sich der Neue bei Stefan Raab schlägt – und ob wir zukünftig Matthias Opdenhövel wirklich sehr vermissen werden.

Schon zu Beginn der Show wird klar, dass Gätjen ein Profi des Moderationsfachs ist: Souverän und sympathisch führte er durch die ersten Minuten und stellte die Kandidaten vor, die sich gegen Raab beweisen wollen. Der Opdenhövel-Ersatz lässt zunächst nur in Nuancen erkennen, in welche Richtung Gätjen diese Show moderieren könnte: mehr Stil. Mit zugeknöpftem Sakko (samt Einstecktuch!) steht der Moderator größtenteils an der Seite Raabs und seines Kontrahenten; die Haare sind professionell zurückgekämmt. Gegenüber dem lockeren Opdenhövel ist dies eine klare und bewusste stylische Abgrenzung: weg vom Draufgänger-Image des Vorgängers, hin zur Casino-Atmosphäre eines stilvollen Zockerabends.

Geändert hat sich natürlich nichts am Spielkonzept selbst. Und daher waren es auch wieder die Spiele selbst, die Spannung und Unterhaltung brachten – der Moderator hielt sich zurück und fungierte daher perfekt in der Rolle, welche die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs „Moderator“ vorsieht: Nämlich ein Gespräch oder Spiel zu lenken und, im übertragenen Sinne, die Show zu steuern. Damit blieb er seiner im Vorfeld genannten Ansicht treu, dass in «Schlag den Raab» die Show der eigentliche Star sei. Leider ging so zwangsweise die verbale Schlagfertigkeit verloren, die Opdenhövel auszeichnete und ihm zu einem unkonventionellen Moderator machte, die es nur selten gibt.

Das verbale Zusammenspiel zwischen Raab und Opdenhövel brachte der Show früher zwar viel Unterhaltung, aber brauchte auch seine Zeit: Wichtig zu bemerken ist, dass Matthias Opdenhövel ebenfalls erst in seine Rolle als «Schlag den Raab»-Host hineinwachsen musste – die Chemie zwischen dem «TV total»-Entertainer und ihm war keinesfalls von Anfang an gegeben, sondern entwickelte sich erst innerhalb der ersten Monate. Deshalb ist ein Vergleich Gätjens mit Opdenhövel aufgrund der allerersten Show schlicht und einfach unfair – natürlich kann der neue Mann nicht das Niveau und damit nicht den Unterhaltungswert haben, den sich Opdenhövel im Laufe der Jahre aufbauen konnte.

Gegen Ende der Show verlor Gätjen seinen Esprit und wirkte letztlich etwas zu steril in seiner Rolle als Moderator. Wo vorher noch einige Witze und spontane Einfälle zugegen waren, fehlte in den letzten zwei Stunden deutlich die Auflockerung, die aufgrund der langen Sendezeit einfach nötig ist. Hätte es die zwischenzeitliche Fingerverletzung nicht gegeben, dann hätten einige Zuschauer ihre Müdigkeit wohl nicht mehr verbergen können. Und daher muss konstatiert werden, dass Gätjen sich trotz der umfangreichen Live-Erfahrung nicht vollends an die sehr lange Sendedauer anpassen konnte. Zugegebenermaßen war Gätjens erste «Schlag den Raab»-Show aufgrund der Verletzung und der zahlreichen Spiele auch eine der moderationstechnisch anspruchsvollsten und gleichzeitig längsten. Doch umso enttäuschender war es, dass er gegen Ende die Spannung nicht befriedigend zu vermitteln wusste, die ein solch enges Kandidatenduell hervorbrachte.

Am Ende zählt die Souveränität, mit der Gätjen durch diese mehrstündige Live-Show führte: Und hier füllte er – wie aufgrund der professionellen TV-Erfahrung zu erwarten war – seine Moderatoren-Rolle perfekt aus. Und überraschenderweise passte er sich dem „rauen“ Format «Schlag den Raab» schon leicht an und hatte besonders bis zur Mitte der Sendung einige spontane Witze parat. Seinen Einstand auf der großen Live-Showbühne gab Steven Gätjen daher vor allem souverän, aber auch etwas besser als erwartet. Natürlich muss sich Gätjen steigern, um das Niveau Opdenhövels zu erreichen – aber er hat die Chance genutzt, um zu beweisen, dass er es schaffen könnte. Niemand dürfte den Eindruck gehabt haben, dass Steven Gätjen die Show schlechter oder weniger unterhaltsam gemacht hat, als sie ohnehin war. Im Gegenteil werden viele überrascht gewesen sein, wie ordentlich Raabs Neuer seine Aufgabe gemeistert hat: Angesichts der zahlreichen Hiobsbotschaften im Vorfeld für einige vielleicht nicht – um mit Raabs Worten zu sprechen – „sensationell“, aber durchaus gut.

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