Die Nachfolgediskussion bei «Wetten, dass..?» geht weiter. Unser Kolumnist spricht sich für Kerkeling aus.
Jörg Pilawa soll sich angeblich bei seinem Wechsel zum ZDF vertraglich zugesichert haben lassen, dass er bei der Suche nach einem neuen «Wetten, dass..?»-Moderator der erste Ansprechpartner sein muss. Ob dies stimmt oder nicht, sei dahingestellt (und wenn es wirklich stimmt, dann ziemlich kurzsichtig), denn Pilawa würde erst dann als Nachfolger von Thomas Gottschalk in Frage kommen, wenn ein anderer abgesagt hat: Hape Kerkeling.
Auch mit ihm will das ZDF auf jeden Fall in Verhandlungen treten, wie Thomas Bellut in der vergangenen Woche verlauten ließ. Und er wäre der einzige, der die große Unterhaltungsshow erfolgreich auf Kurs halten, ihr eine langfristige Perspektive geben kann. Es gibt niemanden sonst im deutschen Fernsehen, der eine solche Bandbreite zwischen stilsicherer, aber kantiger Unterhaltung und professioneller Moderation abrufen kann: Mal schlüpft Kerkeling auf großer Bühne in urkomische Rollen wie die des alkoholkranken Chefreporters Horst Schlämmer, mal präsentiert er traditionsreiche Gala-Veranstaltungen wie die «Goldene Kamera». Das Besondere ist, dass er all dies höchst erfolgreich tut.
Es gab kaum eine Sendung mit Kerkeling, die nicht beliebt war. Dabei weiß der Entertainer um die ungeschriebenen Gesetze der Fernsehbranche so gut Bescheid wie nur wenige andere: Dazu gehört beispielsweise auch, die eigene mediale Figur nicht zu überstrapazieren und nur ausgewählte Shows zu machen. In den vergangenen drei Jahren war Kerkeling äußerst selten auf dem Bildschirm zu sehen; zuvor moderierte er meist nie mehr als zehn Sendungen pro Jahr. Als neuer Moderator von «Wetten, dass..?» würde Kerkeling diesem Selbstverständnis nachkommen, da das Format nur sechs- bis siebenmal im Jahr ausgestrahlt wird.
Gewiss müsste das Konzept der Show nahezu grundlegend geändert werden, selbst wenn Kerkeling als Favorit das Ruder übernimmt: Thomas Gottschalk hat recht damit, wenn er sagt, dass sein Nachfolger künftig alles anders machen solle als bisher. Denn tatsächlich ist «Wetten, dass..?» zu sehr mit der Person Gottschalk im kollektiven Gedächtnis der TV-Nation verbunden – bleibt die Sendung annähernd so , wie sie ist, dann würde jeder neue Moderator mit der 25-jährigen Gottschalk-Ära verglichen.
Und da das Konzept geändert werden muss, rückt der Nachfolger stärker in den Fokus als bisher: Würde das Format «Wetten, dass..?» gleich bleiben, kämen auch Personen wie Pilawa in Frage, da die Sendung den neuen Mann tragen muss. Bei einem Konzeptwechsel – wie er hoffentlich angestrebt wird – muss der neue Mann aber die veränderte Sendung tragen. Die Fähigkeiten, dies zu tun, bringt eben nur Kerkeling mit sich, der «Wetten, dass..?» beispielsweise mit Einspielern aufpeppen könnte, in denen er in seine berühmten Rollen schlüpft. Auch hebt sich sein Moderationsduktus deutlich von der pathetischen Gestik eines Gottschalk ab, der viele Zuschauer langsam überdrüssig wurden. Ein neues «Wetten, dass..?» mit Hape Kerkeling wäre ein Traum – fraglich bleibt nur, ob das Genie der deutschen Fernsehunterhaltung sich diese Aufgabe zutraut.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.