Hingeschaut

Ein Künststück ist vollbracht

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Eine TV-Legende ist zurück: «Dalli Dalli». Wir haben am Samstagabend hingeschaut.

Die Premiere der schon zweiten Neuauflage des Spielshow-Klassikers «Dalli Dalli» von Hans Rosenthal flimmerte am Samstagabend über die Bildschirme. Nun im NDR und mit Kai Pflaume als neuem Gastgeber. Dass sich die Macher der dritten Version ihrer Sache schon ziemlich sicher sein mussten, um sich nach der gescheiterten ersten Neuauflage mit Andreas Türck im täglichen ZDF-Nachmittagsprogramm von Mitte der 90er Jahre und dem scheinbar alles überstrahlenden Original mit Rosenthal aus den 70er/80er Jahren nochmal an die Kultshow herantrauen zu können, war eigentlich schon im Vorfeld klar. Dass man beim NDR seine Sache aber so gut machen würde, hätten selbst die größten Optimisten wohl nicht vermutet.

Äußerliches:


Das schöne Studio und die Musik sind wohl die beiden größten Pluspunkte des neuen «Dalli Dalli». Ein dreigeteiltes Set bietet den perfekten optischen Rahmen für die Sendung. Die obligatorische Wabenwand im Hintergrund, die eine versteckte Eingangstür in ihrem Zentrum für Pflaume besitzt, von hinten in stimmungsvollen Farben beleuchtet und mit einem Monitor bestückt ist, auf dem man das ebenso schöne neue Logo der Show (der Name in silbernen Buchstaben, wobei das I des ersten „Dalli“ gleichzeitig das erste L des zweiten „Dalli“ ist, angeordnet in einer orangenen Wabe) bewundern kann und die beiden ebenfalls wabenförmigen Pulte für die zwei Promiteams bilden das Zentrum dieses Studios. Vor diesen Pulten steht das Pult für Kai Pflaume, das irgendwie gut zu ihm passt, auch wenn Rosenthal und Türck ohne auskamen. Die Jury sitzt wiederum hinter Pflaume und direkt vor dem Publikum, was etwas ungünstig für den Moderator ist, wenn er sich bei Nachfragen an die Jury umdrehen muss. Trotzdem ist die Anordnung deshalb nicht gänzlich unsinnig, weil Moderatorenpult und Kandidatentische wiederum auf einem aus Waben zusammengemixten Podest in der Studiomitte stehen. Links von alldem befinden sich die große „Dalli-Tonleiter“, sowie etwas Platz für das Finalspiel.

Rechts davon der Studioteil für die Aktionsspiele, der etwas an «Wetten, dass..?» erinnert, da er auch eine Videowand im Hintergrund hat, auf der zu den Spielen passende Kulissenbilder eingeblendet werden. Außerdem sind die Spiele ansich ebenfalls wie in der Wettshow liebevoll illustriert und dekoriert. Das alles trägt dazu bei, dass sich die Fernsehzuschauer sehr wohl beim Anschauen des neuen «Dalli Dalli» fühlen dürften. Die Titelmusik ist die gleiche wie bei Rosenthals Original, nur in einem moderneren Remix gehalten. Das dürfte die Fans der Sendung ebenso freuen, verwendete die tägliche Türck-Version doch eine gänzlich andere Musik. Die von der Ur-Titelmusik abgeleiteten Tuschs läuten dann auch die einzelnen Spielrunden ein, bei denen in rot-orangenen Waben mit silberner Schrift die Namen derselben eingeblendet werden. Auch das On-Screen-Design ist in diesen schönen Formen und warmen Farben gehalten. Kleines, charmantes Detail: Hin und wieder sieht man die Kameras und Backstage-Mitarbeiter im Bildrand und bekommt damit einen kleinen Blick hinter die Kulissen geboten – so wie schon im ersten Vorspann der Rosenthal-Version. Die gesamte äußerliche Erscheinung des neuen «Dalli Dalli» ist also nahezu perfekt.


Inhalt:


Die meisten Spiele des Rosenthal-Originals wurden auch in die neue NDR-Version übernommen. So findet sich die besagte „Dalli-Tonleiter“ (leider nur von den Promi-Kandidaten bespielt und nicht wie bei Rosenthal mit Zuschauern aus dem Studio-Publikum) ebenso wieder wie das beliebte „Dalli-Klick“-Spiel, die lustigen und skurrilen Aktionsspiele oder die pfiffigen und vom Schema her gut variierenden Schnellraterunden. War die Leistung der Promikandidaten gut, konnte das Publikum mit seinem „Das war spitze!“-Votum – angezeigt mit heulenden, roten Sirenen - auch Pflaume in die Luft springen lassen. Die Kandidaten waren zwar altbekannte Promi-Quiz-Gesichter (Team „Männer“: Uwe Ochsenknecht und Heiner Lauterbach, Team „Mattscheibe“: Jenny Jürgens und Peter Hahne), aber trotzdem sehr gut aus- und zusammengesucht. Und dies ist auch wichtig, denn „Dalli Dalli“ lebt nach wie vor von lustigen Kandidaten. So war es zum Beispel besonders witzig, Peter Hahne mit ein bisschen Schadenfreude bei einem Aktionsspiel mit Eier ausspuckenden Hühnern über die heruntergefallenen Eier stolpern zu sehen, Lauterbach und Ochsenknecht sich fast küssend bei einer Ping-Pong-Ballübergabe von Mund zu Mund belachen zu dürfen oder über die beiden im Finalspiel zu erleben, indem Ochsenknecht die leichtesten Fragen nicht wusste und sein Teamkollege darüber lachend an einem Trapez-Seil hing.

Dass das Spiel keine Turnierform hat, wie in Rosenthals Original, sondern die ganze Show über nur ein Zweierteam gegen das andere spielt, macht dabei nichts aus, denn erstens können sich die Zuschauer dann mehr an die Spieler gewöhnen und zum zweiten dauert die Neuauflage ja auch nur eine Stunde. Dass die Jury im Vergleich zur Ur-Version nur zweiköpfig ist, tut auch genau aus diesem Grund dem Ganzen keinen Abbruch. Außerdem muss ja auch nicht mehr in Schilling umgerechnet werden. Jan Hofer als erhabener Schiedsrichter mit seiner Assistentin Verena Püschel, die als Moderatorin des schleswig-holsteinischen Regionalmagazins im NDR den wenigsten Zuschauern bekannt sein dürfte, aber durch ihre patente Teilnahme bei «Dalli Dalli» im Lauf der Zeit noch bekannter werden dürfte, bilden diese Jury, die zumindest in der Premiere nicht allzu viel zu tun hatte. Das Fehlen zweier ganz andersartiger Komponenten aus der Rosenthal-Ausgabe fällt durch die wöchentliche Ausstrahlung ebenfalls nicht weiter negativ auf: Nämlich, dass es keine Live-Band im Studio sowie Musik-Acts zur Auflockerung zwischen den Spielen gibt. Da ist das Ausbleiben eines Schnellzeichners a la Oskar schon schwerwiegender. Übrigens auch nebensächlich: Dass die Punkte der Teams erst im Finale multipliziert werden und nicht schon während der gesamten Show. Wenn die Punkte dann aber am Ende das Preisgeld für die Hans-Rosenthal-Stiftung bilden, weiß man, dass „Dalli Dalli“ noch eine der wenigen Spielshows in der heutigen Zeit ist, in der Promi-Kandidaten ebenso wie der Spendenzweck einen Sinn haben.

Moderation:


Kai Pflaume muss in die großen Fußstapfen von Hans Rosenthal treten, bleibt aber dennoch bei einem eigenen Stil. Er ist nicht so quirlig und schnell wie „Hänschen“, doch fast ebenso charmant und als Spielleiter akzeptiert wie sein Vor-Vorgänger. In der an die Premiere anschließend gezeigten Dokumentation «40 Jahre Dalli Dalli – eine Legende lebt» beschrieb Marie-Luise Marjan seine Moderation passend als „sehr elegant, sehr vornehm, aber trotzdem auf den Punkt“. Und gerade das bildet einen interessanten Gegensatz: Die bunte, schnelle, lustige Sendung und der vornehme, gelassene Gastgeber. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, also ist Pflaume als «Dalli Dalli»-Präsentator durchaus passend ausgewählt. Dabei weiß er aber um seine Verpflichtung und Bürde bei der Sendung, die neben «Nur die Liebe zählt» wohl eine seiner bisher wichtigsten und vor allem am meisten beäugtesten ist. Trotzdem brach er während der Premiere auch mal in einen Lachanfall aus (bei besagtem Ping-Pong-Austausch zwischen Lauterbach und Ochsenknecht) oder konnte sich die ein oder andere spitze Bemerkung zu seinen Kandidaten nicht verkneifen – ohne aber beleidigend zu werden. Etwas mehr Interaktion mit der Jury wäre aber vielleicht noch angebrachter, aus der sich ja auch lustige Wortwechsel ergeben könnten. Dass Pflaume bei seinen „Spitze“-Sprüngen durchaus eine gute Figur macht, war wohl ein weiterer überraschender Punkt. Zu guter letzt ist er prominent genug, um der Sendung schon von sich aus einen Zuschauer-Schub zu verpassen.

Insgesamt muss die NDR-Neuauflage von «Dalli Dalli» also als durchaus gelungen betrachtet werden - vor allem auch, wo schon Gert Rosenthal (Sohn von Hans) die Show mit gutmütigen Worten eröffnete und sie mit einem „Spitze“-Lob am Ende absegnete. Denn wenn der fehlende Schnellzeichner und die nicht von Normalos bespielte Tonleiter die einzig wirklichen Kritikpunkte sind, kann man diese mit Leichtigkeit verschmerzen. Und vielleicht kommt das ja auch noch in den nächsten Folgen – ebenso wie eine eventuelle Übernahme ins ARD-Hauptabendprogramm. Dort könnten dann auch bei einer monatlichen Ausstrahlung wieder Musik-Gäste und eine Band aufspielen. Dann wäre das «Dalli Dalli»-Glück total perfekt. Doch bereits jetzt kann man sagen: Herr Pflaume und lieber NDR, das war schon fast spitze! Gelungen ist eines der größten Kunststücke, die im Fernsehen überhaupt nur zu bestehen sind: Den Charme einer Kultsendung bei ihrer Neuauflage beizubehalten und das Format dennoch zeitgemäß in die Moderne übertragen zu bekommen.

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