Von 3D über Comicverfilmungen bis hin zu Fischrestaurants: Die Gewinner und Verlierer des Kinosommers 2011 im Überblick.
Der Kinosommer ist eine erstaunlich lange Jahreszeit. Hollywood lebte in den vergangenen Jahren vor, dass der Sommer bereits im Mai beginnt. Dort starten auffällig oft ganz große Hoffnungsträger der Filmwirtschaft, zumeist heiß ersehnte Fortsetzungen populärer Filmreihen. Aber auch der Kinosommer muss einmal ein Ende nehmen, und nun scheint dieser Punkt erreicht. Grund genug, auf den deutschen Kinosommer und die größten Tops und Flops dieser Saison zurückzublicken.
Die vergangenen Monate waren mit ihrem (gefühlten) Dauerregen bekanntlich nicht gerade sommerlich, und so geht gezwungenermaßen bereits ein Flop an die Open-Air-Kinos Deutschlands. Die Betreiber dieser Sonderveranstaltungen sind an den Launen der Natur selbstredend unbeteiligt, aber dies ändert nichts daran, dass es bereits bessere Zeiten für das Kinoerlebnis unter freiem Himmel gab. Dafür geht ein löbliches Top an das Arthouse-Programm des Sommers. Diese Zeit gehört traditionell den spektakulären Großproduktionen, doch dieses Jahr setzten die Verleiher selbstbewusst solche Programmkino-Juwelen wie den Cannes-Gewinner «The Tree of Life», die belgisch-französische Komödie «Nichts zu verzollen», das lebensnah raue Romantikdrama «Blue Valentine» oder Woody Allens «Midnight in Paris» dagegen. Und das in den meisten Fällen sogar mit stattlichen Kopienzahlen.
Dieser Schritt, weg von der klassischen Programmierung solcher Filme im Kinoherbst und -winter sorgte für mehr Abwechslung in der Planung des sommerlichen Kinobesuchs und sollte deshalb keinesfalls eine Ausnahme bleiben.
Ein überraschender Gewinner des deutschen Kinosommers war der 3D-Film. Während 3D in den USA immer weniger Zuschauer anzieht, bleibt die moderne Filmtechnologie hierzulande überaus beliebt. So sahen sich in den USA weniger als die Hälfte aller Kinogänger «Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten» in 3D an. In Deutschland betrug der 3D-Anteil 74,4% der Gesamtbesucher des erfolgreichen Piratenabenteuers. Dreamworks’ «Kung Fu Panda 2», der mit seinem enttäuschenden 3D-Anteil den Weg in die Branchen-Schlagzeilen fand, zwängte immerhin 73,1% seiner Zuschauer eine Brille auf. Noch besser lief es für Michael Bays «Transformers 3»: In den USA wurde bereits der 3D-Anteil von 60% des Startwochenendes als Erfolg gefeiert. Deutsche Kinogänger entschieden sich dagegen zu 87% für die zusätzliche Dimension. Und der Marvel-Actioner «Thor» erreichte schließlich insgesamt 91,9% seiner Besucher in 3D.
«Thor» führt uns thematisch zu einem anderen Bereich, in welchem der deutsche Kinomarkt im Gegensatz zu den USA steht. In ihrem Heimatland erlebten Comicverfilmungen ein mäßiges Jahr, allerdings neckerte man dort auf sehr hohem Niveau: «Thor» und «Captain America - The First Avenger» nahmen dort bis dato sehr solide 181 Millionen und 167 Millionen Dollar ein, und das während eines generell sehr schwächenden Kinojahres. Mit etwas Abstand folgten «X-Men - Erste Entscheidung» (unverdient niedrige $146 Mio.) und «Green Lantern» (angemessene $115 Mio.). In Deutschland erreichte nur «Thor» die wichtige Millionen-Besucher-Grenze. Vielleicht halfen das neu erstarkte Starappeal von Natalie Portman sowie der Fantasy-Einschlag des Films, einen größeren Besucherstrom zu erzeugen. Die «X-Men» hingegen blieben erstmals weit von der Millionen-Marke entfernt, und «Captain America» wurde trotz großen Unterhaltungsfaktors zur Enttäuschung an den deutschen Kinokassen. Selbst der deutlich schwächere «Green Lantern» war in der Starwoche (221.557 Besucher) erfolgreicher, als Marvels Supersoldat während seines bisherigen Kinoeinsatzes. Somit sind Comicadaptionen leider die Verlierer des deutschen Kinosommers 2011.
Derweil hat sich eine deutsche Fisch-Schnellrestaurantkette ein indifferenziertes „Naja“ eingehandelt. Diese versuchte im Mai durch eine ungewöhnliche Werbeaktion auf sich aufmerksam zu machen, was nur bedingten Erfolg nach sich zog. In mehreren Städten konnten Kinobesucher während Abendvorführungen von «Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten» ein zankendes Paar beobachten, das vor der Kinowerbung kurz davor war, sich förmlich an die Gurgel zu springen. Der vermeintliche, und überaus absurde, Grund für den Beziehungskrach, offenbarte sich, wenn einer der beiden seine Mitbesucher lauthals fragt, ob echte Piraten Fisch essen würden. Kurz nach dieser obskuren Frage läuft ein Werbespot für besagte Schnellrestaurantkette, in der diese Frage klar bejaht wird. Für dieses lästige, aber zugegebenermaßen originelle Schauspiel, wurden Kinogänger mit Promo-Artikeln sowie Flyern der Imbisskette entschädigt. Abstrus, je nach schauspielerischen Qualitäten der Zankäpfel amüsant bis nervig. Aber man muss es positiv sehen: Der Fisch-Imbiss hätte in den teilnehmenden Kinos auch den Eismann durch einen Fischmann ersetzen können, und das hätte allein schon aufgrund des Geruchs deutlich unangenehmere Kinoabende bedeutet.
Das war also der Kinosommer. Der Übergang zum etwas entspannteren Kinoherbst erfolgt dieses Jahr nahtlos. Mit «Die drei Musketiere», «Conan» und «Wickie auf großer Fahrt» kommen im September drei kostspielige Abenteuer, die genauso gut mittelgroße Sommerfilme sein könnten. Und dann ist es nicht mehr lang, bis sich zur Weihnachtszeit erneut Action- und Animationsfilme um die höhere Anzahl an digitalen Leinwänden rangeln. Wer dann zu den Gewinnern, und wer zu den Verlierern zählt? Wir werden sehen.