Manuel Weis, Chefredakteur Quotenmeter.de
Nun ist guter Rat teuer: Die Quoten von Harald Schmidt in Sat.1 sind im Keller – auch in dieser Woche holte die Late Night-Show nur 6,1 und 5,8 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Dass man am Mittwoch sogar das klassische Late Night-Konzept auf den Kopf stellte und den (nervigen) Gast Otto Waalkes schon direkt nach dem Stand-Up auf die Bühne holte, half also nichts. Schmidt liegt mit seiner Sat.1-Show unter den Werten, die er früher im Ersten beim jungen Publikum holt. Ein Erklärungsversuch: Schmidt wird vor allem von der bildungsnäheren Schicht des Volkes geschätzt und geliebt und genau diese ist dem Privatfernsehen heute nicht mehr so zugewandt wie vielleicht noch Anfang des Jahrtausends. Es wird also Zeit brauchen, bis auch der letzte wieder zu Schmidt zurück gefunden hat. Wichtig ist, dass alle nun Ruhe bewahren – vor allem der Sender. Hektische Redakteure, die gerne konzeptuelle Veränderungen vornehmen würden, braucht es im Studio 449 nicht. Die schon länger im Raum stehende Forderung nach einer Ausweitung der Ausstrahlung (3 Folgen pro Woche) ist zu unterstützen. Je regelmäßiger Schmidt seine Zuschauer in den Schlaf begleitet, umso mehr wird Schmidt wieder zum Ritual. Und möglicherweise wird dann – Schritt für Schritt – die Zuschauerschaft größer. Gerne würde ich fordern: Schauen wir doch einfach sechs Monate überhaupt nicht auf die Quoten – aber das geht ja nicht. Dafür ist dieses Thema schlicht viel zu spannend.
Fabian Riedner, Geschäftsführer Quotenmeter.de
Es ist nicht verwunderlich, dass die Einschaltquoten der «Harald Schmidt Show» rückläufig sind. „Dirty Harry“ startete Mitte September mit fast eineinhalb Millionen Fernsehzuschauern, das lag vor allen an der hohen Erwartungshaltung. Doch bereits nach einer Woche sackten die Werte ab: Teilweise mag das daran liegen, dass einigen Leuten die Sendung nicht gefallen hat, zum anderen wollen die potenziellen Zuschauer nicht immer so lange wach bleiben. Ein nicht beachtlicher Teil schaltete damals auch nur aus Neugier ein.
Ein grundlegender Fehler der Sendung ist das zwanghafte Einbauen eines musikalischen Künstlers mit einem aktuellen Song. Harald Schmidt schaut man nicht wegen den Bands, sondern weil der Altmeister einfach am Schreibtisch grandiose Gags loswerden kann. Fragt man im Freundeskreis herum, so schalten viele Menschen spätestens nach dem zweiten Drittel ab.
Dank YouTube & Facebook ist man in der heutigen Zeit bestens gewappnet, um nichts aus der «Harald Schmidt Show» zu verpassen. Sat.1 wird sich sicher freuen, mehrere tausend Fans auf einer digitalen Plattform zu haben, doch wenn man den potenziellen Zuschauern die Highlights zum Frühstück auf Facebook serviert, wieso sollten diese dann noch die ganze Sendung (mit eben nicht so guten Stücken) einschalten? Die ganze Sendung gibt’s inzwischen online, dort kann man bequem vorspulen. Währenddessen verbietet Sat.1 das Aufzeichnen und Vorspulen seines hochauflösenden Ablegers, sodass man ins Web ausweichen muss. Wer erst einmal aufs Internet ausgewichen ist, wird nicht immer zurückkehren.
Julian Miller, Kolumnist und Kritiker Quotenmeter.de
Bei Harald Schmidt, da weiß man, was man hat. Für den Sender, der seine Show ausstrahlt, kann das auch heißen, die eine oder andere Quoten-Durststrecke überstehen zu müssen. Genau da muss Sat.1 derzeit durch, denn das Ziel von einer Million Zuschauern oder mehr wurde bei bisher 14 Sendungen lediglich zweimal erreicht bzw. übertroffen.
Doch es ist davon auszugehen, dass man bei Sat.1 durchaus wusste, worauf man sich da einlässt. Letztendlich dürften die Quoten für den Sender in diesem Fall eher zweitrangig sein, denn generell scheint dort in letzter Zeit der Versuch erkennbar, durch immer mehr hochwertige Programme zu überzeugen. Neben der Etablierung eines Polit-Talks, bei dem man derzeit auch einen langen Atem beweist, und der baldigen Premiere der vielversprechenden Casting-Show «The Voice of Germany» ist die Rückkehr des Großmeisters der deutschen Late-Night ein Anzeichen für diesen Trend. Schmidt stand schon immer für intellektuelle Unterhaltung – und Intellekt war eben schon immer elitär. Prestigeprojekte zahlen sich meist nicht über Nacht aus, was aber bei weitem nicht heißen will, dass man einen Quotenerfolg schon jetzt in irgendeiner Weise abschreiben müsse.
Bleibt nur zu hoffen, dass es hinter den Kulissen der «Harald Schmidt Show» derzeit nicht so zugeht wie in Helmut Dietls Erfolgsfilm «Late Show» – in dem Harald Schmidt den Programmdirektor einer privaten Sendeanstalt spielt, der versucht, in einem ansonsten desaströsen Line-up eine Late-Night zu etablieren.
Daniel Sallhoff, Redakteur Quotenmeter.de
Die derzeitigen Quoten der neuen «Harald Schmidt Show» sind zweifelsohne enttäuschend. Schade eigentlich, denn inhaltlich hat die Sendung ungeheures Potenzial. Sie hätte ein größeres Publikum verdient. Wer sonst außer Schmidt würde auf die banale Idee kommen, sämtliche Arten von Handtrocknern oder das Kantinenessen der Mitarbeiter zu testen? Und haben wir in letzter Zeit schon einmal eine Show gehabt, in der der Euro-Rettungsschirm auf diese Weise unter die Lupe genommen wurde? Nein. Gerade deswegen ist die «Schmidt Show» nach wie vor gute Unterhaltung. Intelligente Unterhaltung, die sich ein wenig vom Mainstream abhebt. Und dass Schmidt im Gegensatz zu seiner ARD-Zeit mehr Spaß an seiner Arbeit hat, merkt man nicht nur als Zuschauer zu Hause, sondern auch im Publikum selbst, wo sogar das scheinbar unspektakuläre Warm-Up und die zwischenzeitlichen Umbaupausen zum Highlight avancieren. Zumindest sind einem die zahlreichen Studio-Aktionen sowie die lustige Talks mit Hape Kerkeling, Wolke Hegenbarth und Co. viel lieber, als wenn man bei «TV total» zum gefühlt hundertsten Mal "Der Gerät" vorgestellt bekommt. Man sollte die Messlatte nicht zu hoch legen. Vor allem sollte man die Sat.1-Show aber nicht ständig mit Schmidts sogenannten goldigen Zeiten vergleichen. Diesen Fehler machen die Kritiker andauernd. Dabei vergessen sie, dass der Show in erster Linie etwas ganz anderes gut tun würde.
Was Schmidt fehlt, ist schlicht Aufmerksamkeit. Als man mit über 14 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe gestartet war, hat das noch an der zuvor großflächig geschalteten Werbung gelegen. Da war die Neugierde noch groß. Inzwischen sieht das bekanntlich anders aus. Ein dritter, wenn nicht sogar vierter Sendeplatz fehlt. Schließlich wollte man von Anfang an als Late-Night durchgehen. Und dieses Genre braucht eben seine Zeit, um sich beim Publikum zu etablieren. Jetzt, wo «Kerner» demnächst den Donnerstags-Sendeplatz räumt, wäre die Gelegenheit da. Sat.1 braucht definitiv einen langen Atem, vielleicht zahlt er sich dieses Mal mit dem richtigen Konzept sowie dem qualitativ hochwertigen Material ja auch aus (Stichwort: «Oliver Pocher Show»). Es wäre Harald Schmidt nur zu wünschen.
Manuel Nunez Sanchez, Redakteur Quotenmeter.de
Die Gründe der miesen Einschaltquoten von Harald Schmidt liegen auf der Hand: Die Qualität der bisher bei Sat.1 gezeigten Ausgaben ist insgesamt zu niedrig. Nach einem in jeder Hinsicht starken Auftakt mit Hape Kerkeling als Stargast, einem bissigen Stand-Up und einiger guter Ideen ging es qualitativ schnell deutlich bergab. Nachdem der mediale Hype um das große Comeback schnell abebbte und Schmidt zu selten für wirkliche Anreize zum Einschalten sorgte, entwickelten sich die Einschaltquoten dramatisch in die falsche Richtung. Sogar das so genannte Stammpublikum schaltete zu großen Teilen nicht mehr ein, da man sich um einen Spagat zwischen dem Harald Schmidt der ARD und dem zu früheren Sat.1-Zeiten bemühte, der offensichtlich nur wenig Anklang findet. Das heimische Gefühl von früher kommt bislang aber einfach noch nicht auf, einen echten Sidekick gibt es noch immer nicht und die nach momentanem Stand einzige dafür in Frage kommende Person aus dem aktuellen Ensemble ist Butler Markus - dieser konnte sich bislang aber kaum für diese Rolle empfehlen. Auch einige Studioaktionen wirkten sehr bemüht und in manchen Fällen sogar fast etwas peinlich.
Doch trotz allem muss man auch sagen, dass die Sendung keineswegs so missraten ist, dass ein Zuschauerverlust um fast zwei Drittel wirklich dem Inhalt angemessen wäre. «Die Harald Schmidt Show» ist trotz deutlicher Schwächen ein hochwertiges Format, bei dem die mediale Präsenz im Vorfeld für erstaunlich hohe Einschaltquoten sorgte. Derartige Werte sind jedoch in der Zukunft kaum realistisch. Auf der anderen Seite sind Werte zwischen fünf und sieben Prozent allerdings auch völlig indiskutabel. Nach einer positiven Tendenz in der vergangenen Woche in Folge inhaltlicher Verbesserungen bleibt zu hoffen, dass sich dieser leichte Trend fortsetzt. Sollten die Marktanteile hingegen dauerhaft im einstelligen Bereich liegen, wäre Harald Schmidt dauerhaft in jedem wirtschaftlich handelnden Unternehmen - und auch bei Sat.1 - ein riesiges Verlustgeschäft und nur schwer über Jahre hinweg zu halten.