You Are Cancelled

«The Tick»

von
Teil 2 des Comicspezials: Für FOX war "the big blue bug of justice" nur ein Abenteuer für acht Episoden. Danach entwickelte die Serie sich zum Kult auf DVD

Die zweite Woche des einmonatigen „You are Cancelled“-Comicspezials beschäftigt sich mit einem Comichelden, den vielleicht nur den wenigsten Comiclesern wirklich bekannt ist. „The Tick“, entwickelt und geschrieben von Ben Edlund, startete seinen Lebenslauf als Maskottchen für den Newsletter von New England Comics in 1986, und erreichte bald darauf eine Popularität, welche Edlund ermöglichte, eine eigene Comicserie zu entwickeln. In einer absurd humorvollen Art und Weise wurde hier das Superheldengenre der Comics aufs Korn genommen, indem bekannte Comichelden in der einen oder anderen Form parodiert wurden. The Tick ist ein Superheld ohne jegliche Erinnerungen an sein früheres Leben, bevor er seine Superheldenzeit startete. 1994 adaptierte FOX die Comicreihe in eine Kinder-Cartoonserie, welche für drei Staffeln am Samstagmorgen lief, und Edlunds Comiccharakter in die Welt des Mainstreams verfrachtete. Neue Superhelden wurden für die Trickserie erschaffen – unter anderem Die Fledermaus als Parodie zu Batman, sowie Sewer Urchin, der als Mischung von Rain Man und Aquaman beschrieben wurde, und schlussendlich American Maid, welche die Tochter von Captain America und Wonder Woman sein könnte – und die Zeichentrickserie entwickelte sich zu einem Kultprogramm unter großen Kindern und junggebliebenen Erwachsenen. So sehr, dass nach dem Serienende 1996 der Wunsch bestand, eine Live-Action-Adaption von «The Tick» zu produzieren.

Bevor Edlund die halbstündige Pilotfolge, welche von «Men in Black»-Regisseur Barry Sonnenfeld in Szene gesetzt wurde, an FOX verkaufen konnte, gab es noch einige kleine Probleme zu bewältigen. Aufgrund der Tatsache, dass FOX keinen Anteil an der Trickserie hatte (The Walt Disney Company trug die Rechte an mehreren Titeln und Charakternamen, nachdem sie das Kinderprogramm von FOX übernommen hatten), mussten die Namen einiger Superhelden der Trickserie geändert werden. Aus Die Fledermaus wurde Batmanuel, welcher von Nestor Carbonell verkörpert wurde (die Parodie auf Batman blieb bestehen), und Captain Liberty entstand aus den Charakterzügen von American Maid, die von Liz Vassey gespielt wurde. Die Hauptrolle von The Tick ging an «NewsRadio» und «Seinfeld»s Patrick Warburton, während David Burke seinen Sidekick Arthur spielte. Ursprünglich wollte FOX die neue Comedy als Midseason-Ersatz im Frühjahr 2001 auflaufen lassen, doch Schwierigkeiten während der Produktion, sowie die Kostenfrage (rund 1,4 Millionen US-Dollar gingen pro Episode drauf) haben die Premiere der Serie bis zum November 2001 verschoben. Und dort hatten sie «The Tick» auf den Donnerstagabend gesteckt, was bedeutete, dass die Serie nicht nur gegen NBCs „Must See Thursday“ antreten musste, sondern auch gegen den CBS-Überraschungserfolg «Survivor».

Dass «The Tick» deshalb zu einem Flop im Programm wurde, obwohl die Serie während der Baseball World Series ausreichend beworben wurde, war dagegen kein Wunder. Eine Mitschuld an «The Tick»s schlechtem Abschneiden trug auch das Vorprogramm mit «Family Guy», welches genauso schlechte Einschaltquoten einfuhr wie die Superheldenparodie. Gestartet ist «The Tick» mit einem so schon schlechten Marktanteil von sieben Prozent (völlig unter den Erwartungen von FOX, welches zur gleichen Zeit einige Quotenerfolge feiern konnte), und eine Woche später, nach einem Quotenabsturz von rund 25 Prozent, schickte man die Serie in eine dreiwöchige Pause. Die Chancen auf einen Erfolg in letzter Sekunde haben sich damit in Luft aufgelöst. Von den neun produzierten Folgen wurden bis Januar 2002 nur acht ausgestrahlt, die Absetzung war damit beschlossene Sache.

Die schlechten Quoten waren jedoch nicht der einzige Grund für das Scheitern der bei den Kritikern und Fans gelobten Serie. Darsteller Patrick Warburton erklärte in einem Interview, dass FOX nichts mit der Serie anfangen konnte, da sie nicht dem Mutterkonzern gehörte (im Gegensatz zu den erfolgreichen Serienpremieren im selben Monat von «24» und «The Bernie Mac Show»), und dass sie dadurch der Serie keine Aufmerksamkeit in der Programm-Promotion gegeben haben, nachdem die Premiere bei den Zuschauern floppte. Zusätzlich war der Donnerstag-Sendeplatz ein harscher Kritikpunkt. Es tauchten wiederholt Fragen auf, warum FOX «The Tick» und dessen Vorprogramm «Family Guy» (welches im Februar 2002 ebenfalls – allerdings nur für zwei Jahre – abgesetzt wurde) keine Chance am Sonntagabend gab. Im Umkreis der «Simpsons» und dem Sonntag als allgemeiner Familien/Comedytag bei FOX, hätte «The Tick» weitaus bessere Überlebenschancen gehabt. Dass die Kosten durch die Überstunden des Produktionsteams ebenfalls in die Höhe schnellten (das Team arbeitete sieben Tage in der Woche an den Episoden, um diese rechtzeitig fertigzustellen), war ein weiterer Grund für die Absetzung.

Kritiker und Fans liebten die kurzlebige Serie. Dalton Ross von Entertainment Weekly bezeichnete die Serie als „zu klug, zu lustig, zu seltsam“ und gab diese Faktoren als Grund für das Scheitern an. Auch die Idiotie der Seriencharaktere fand beim Publikum Gefallen, was auch ein großer Aspekt der Comedy von «The Tick» war. Dass auch die Kostüme der Superhelden wie eine Parodie aussahen, zeigte das blaue Ganzkörperkondom, in dem Warburton regelmäßig The City rettete, sowie das Freiheitsstatue-ähnliche Outfit von Captain Liberty, welches in der Pilotfolge sogar sehr freizügig daherkam. Der Cast wurde sogar einstimmig aus allen Ecken und Enden gelobt. Die Kritiken waren es auch, weshalb Columbia TriStar (heute Sony Pictures Television) beschloss, alle neun Episoden schnell auf DVD zu veröffentlichen, was einen weiteren Wachstum des Kultstatus der Serie mit sich brachte. Barry Sonnenfeld bezeichnete «The Tick» sogar als seine beste Regiearbeit und war (und ist vielleicht auch heute noch) lange Zeit offen für eine Filmadaption.

Nach dem Scheitern der Live-Action-Serie beendete Ben Edlund auch seine Tätigkeiten für die Comicserie (und Comics allgemein). Während der Produktion der beiden TV-Serien fand er Gefallen im Film- und Serienbusiness, und wurde als Autor für Joss Whedons Produktionsstudio Mutant Enemy engagiert. Für «Angel» schrieb und stand er hinter der Kamera für die bei den Fans beliebte Staffel-5-Episode „Angriff der Mörderpuppen“ („Smile Time“), was ihn auch dazu brachte, mehrere Charaktere für Whedons Onlinemusical «Dr. Horrible's Sing-Along Blog» zu kreieren. Heute ist Edlund Autor und ausführender Produzent für «Supernatural».

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