Inhalt
Wer tötete Harvey Wratten? Unter mysteriösen Umständen wird Unterweltboss Harvey Wratten aus der Haft entlassen. Wenig später ist er tot. Harveys Ermordung zieht Nachforschungen auf beiden Seiten des Gesetzes nach sich: Auf Seiten der Ordnungshüter wird der gerade erst in den Polizeidienst zurückgekehrte Jonah Gabriel mit der Suche nach Harveys Mördern beauftragt. Seit seinem letzten Einsatz, bei dem er seinen Partner verlor und selbst lebensgefährlich verletzt wurde, ist Gabriel ein gebrochener Mann. Eine Kugel steckt in seinem Kopf, Erinnerungen an das Geschehene bleiben bruchstückhaft. Seine Arbeitskollegen akzeptieren seine Rückkehr nur widerwillig. Unterstützung findet Gabriel allenfalls bei seiner neuen Kollegin, der toughen und ebenso verbissenen Nachwuchsermittlerin Lia Honey.
Auch die Unterwelt macht sich auf die Suche nach dem Täter. Jay Wratten, temperamentvoller Neffe des Mordopfers und durchgeknallter Psychopath, will den Mörder so schnell wie möglich zur Strecke bringen. Aber wer könnte die Tat begangen haben? Ist ein ehemaliger Geschäftspartner für den Mord verantwortlich? Oder doch Harveys Chauffeur mit kleinkrimineller Vergangenheit? War der größte Rivale – ein abstoßender Kettenraucher – in die Tat verstrickt? Und welche Rolle spielte Harveys langjähriger Berater Joseph Bede?
Dieser scheint am meisten von Harveys Tod profitiert zu haben und nimmt nach dem Mord dessen Platz in der Organisation ein. Doch Joseph ist ein Gangster wider Willen. Lieber möchte er ganz von der Bildfläche verschwinden, um seine an Alzheimer erkranke Frau zu pflegen. Da Harveys Syndikat dem türkischen Heroinlieferanten Balkut Barbur horrende Geldbeträge schuldet, muss Bede diesen noch zu einem weiteren Deal überreden. Vom Gelingen seines letzten Geschäfts hängt plötzlich auch Josephs eigenes Überleben ab…
Während der Fall immer weitere Kreise zieht, betritt ein mysteriöser Mann mit dunklem Anzug und Zylinder die Bildfläche. Der scheinbar wohl erzogene, rücksichtsvolle Herr entpuppt sich schon bald als grausamer Killer. Doch welche Interessen vertritt er im Mordfall Harvey Wratten?
Darsteller
Chiwetel Ejiofor («Salt») ist Jonah Gabriel
Christopher Eccleston («Doctor Who») ist Joseph Bede
Kierston Wareing («Luther») ist Lia Honey
Richard Lintern («Heartbeat») ist Patterson
Malcolm Storry («Jekyll») ist Maurice Crace
Clare Calbraith («Downton Abbey») ist Laura Gabriel
Stephen Rea («The Crying Game») ist Gatehouse
Kritik
In den 1980er und 1990er Jahren war die BBC eine der Größen in der Produktion ansprechender und anspruchsvoller Krimi- und Dramaserien. Die meisten liefen in Form von kürzeren TV-Events auf dem Ableger BBC 2 und brachten der Sendergruppe auch international ein enormes Ansehen. Doch dann wurde es schnell still, Kostendruck und zunehmende Konkurrenz durch die große Sendergruppe ITV ließen den Stern der BBC sinken. In den letzten zwei Jahren erwuchs jedoch wieder die Kenntnis dessen, was man am Ende des vergangenen Jahrhunderts doch so gut leisten konnte. Das Budget für die eigenproduzierten TV-Dramen wurde kurzerhand um 30 Millionen Pfund aufgestockt – der Einkauf amerikanischer Lizenzware damit aber auch drastisch gesenkt. In Person von Ben Stephenson und Janice Hadlow wurde fortan an vielversprechenden Projekten gearbeitet und mit allerhand Autoren und Redakteuren gesprochen. Das diese Arbeit auch Früchte tragen konnte, wird nun mit «The Shadow Line» – einem der ersten Serienprojekte dieser Phase – bei uns in Deutschland erkennbar. Erst im Mai 2011 hatte die Miniserie im Stile des guten, alten Film Noir Premiere auf BBC 2 gefeiert. Nun nimmt sich zuerst einmal der Pay-TV Sender RTL Crime des Mehrteilers an. Eine Ausstrahlung im Free-TV ist noch nicht geplant.
Die Kritiken der damals als Siebenteiler ausgestrahlten Reihe waren äußerst gemischt. Vielfach wurde der hohe Produktionsstandard gelobt, auch die Ausstattung fand große Anerkennung. Wermutstropfen blieben allerdings die zum Teil doch sehr hölzernen und unglaubwürdigen Dialoge. Entschädigung brachte dann immerhin das doch sehr überraschende und wendungsreiche Finale. Auch anhand des Quotenverlaufs lässt sich die Enttäuschung der Zuschauer nachvollziehen. Waren es am 5. Mai 2011 zur Premiere noch 3,4 Millionen Zuschauer, sackte die Reichweite schon bei Folge zwei um rund eine Million ab. Das Finale konnte immerhin noch 2,1 Millionen Zuschauer fesseln und diejenigen, die drangeblieben sind, haben ihre Entscheidung am Ende auch nicht bereut.
Doch worum geht es in «The Shadow Line» überhaupt? Wie eingangs schon erwähnt, dreht sich alles um den Mord am gerade begnadigten Drogenboss Harvey Wratten. Neben der Polizei beschäftigen sich auch allerhand andere Personen mit den genaueren Umständen der Tat. So versucht neben Wrattens Neffen Jay auch der mysteriöse Hutträger sowie Wrattens langjähriger Partner und Berater Joseph an Informationen zu den Umständen zu kommen. Und schnell wird klar: Jeder hat so sein eigenes Päckchen zu tragen, jeder verbirgt seine individuellen Geheimnisse und Dämonen. Sonst wäre ein so düsterer Mehrteiler aber auch nur halb so interessant und spannend.
Nur langsam entwickelt sich so etwas wie Spannung und Dynamik in der Handlung, unheimlich und interessant bleibt es dank der atmosphärischen und ansprechenden Inszenierung von Serienschöpfer, Autor und Regisseur in Personalunion, Hugo Blick («Marion & Geoff»), aber doch. Puzzleteil für Puzzelteil setzt sich erst über den Verlauf der gesamten Handlung zusammen, um am Ende aber doch wieder völlig über den Haufen geworfen zu werden. Neben der inszenatorischen und dramaturgischen Überzeugungskraft Blicks, zieht «The Shadow Line» aber auch großen Profit aus der sehr starken und anschaulichen Besetzung. Chiwetel Ejiofor als Inspektor Jonah Gabriel und Christopher Eccleston als Joseph Bede liefern sich ein Duell um die Mordaufklärung, mit Stephen Rea als Gatehouse und Rafe Spall als Jay Wratten sowie so manchem undurchsichtigen Charakter hat man die Story zudem um hervorragende Protagonisten ergänzt. Schwachpunkt sind aber eindeutig die viel zitierten und häufig kritisierten Dialoge. Gerade die Figur des Jay Wratten mit seinen Dialogen dürfte da den größten Kritikpunkt darstellen. Allein das quietschige und übertrieben gepresste Sprechen in der Originalfassung ist stellenweise an unfreiwilliger Komik nicht zu überbieten.
Trotz alledem bietet «The Shadow Line» aber über die gesamte Sendedauer anspruchsvolle und überzeugende Unterhaltung. Fans des Film Noir aus längst vergangenen Hoch-Zeiten Hollywoods werden außerdem ihre wahre Freude an diesem Werk haben. Da kann man als Zuschauer auch über so manche Länge und unangebrachte Situation hinwegschauen.
RTL Crime zeigt «The Shadow Line» ab dem 16. November 2011 jeden Mittwoch um 20:15 Uhr.