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Das Sitcom-Dilemma von ProSiebenSat.1

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Demnächst wird ProSieben seinen werktäglichen Sitcom-Block um eine Stunde verlängern. Die Quoten sind nach wie vor gut, doch was hat das für Auswirkungen auf Schwestersender kabel eins? Nehmen sich die beiden Sender bald gegenseitig die Zuschauer weg?

Jahrelang ist das Tagesprogramm nun schon eine Baustelle von ProSieben. Adäquaten Ersatz für das in diesem März eingestellte «We are Family» hat man bis heute nicht gefunden, etliche Versuche im Doku-Soap-Bereich sollten von da an scheitern: Von «Wild Wedding - JA, ich will» bis hin zu «Das Model und der Freak» oder Wiederholungen von Comedy-Serien wie «Stromberg» hat der Privatsender schon alles Mögliche ausprobiert - jedoch immer wieder ohne durchschlagenden Erfolg. Zuletzt war dann nur noch der 16-Uhr-Sendeplatz für eigenproduzierte Formate vorgesehen. In der Zeit davor setzt ProSieben ausschließlich auf US-Sitcoms. Nun steht fest: Ab Anfang Januar 2012 wird ProSieben den Sitcom-Block verlängern und selbst um 16 Uhr zwei weitere Episoden von «How I Met Your Mother» (Foto) zeigen.

Das ist auf den ersten Blick völlig legitim, sind die Formate doch aus Quotensicht sehr erfolgreich. In der Zielgruppe wurden schon einmal über 20 Prozent Marktanteil gemessen. Doch auf den zweiten Blick mutet die Programmierung schon ein wenig kurios an: Schwestersender kabel eins setzt in der Daytime nämlich ebenfalls auf Sitcoms. Fängt ProSiebenSat.1 nun also an, sich selbst zu kannibalisieren? Der Blick auf die Quoten spricht Bände: Seitdem auch ProSieben nachmittags auf US-Sitcoms setzt, sind die Daytime-Quoten von kabel eins erheblich gesunken – und das selbst zu Zeiten, in denen ProSieben wieder auf ein anderes Genre umschwenkt.

Beispiel «Two and a Half Men»: Das ehemalige Aushängeschild vom kabel-eins-Nachmittag ist seit einigen Wochen im Sinkflug. Hat es 2010 noch häufig für Marktanteile von über 15 Prozent gereicht, übersprangen in diesem Jahr gerade einmal 15 von insgesamt mehr als 500 Folgen diese Marke. Sicher: Mit Werten um zehn Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen müssen sich die Verantwortlichen derzeit nicht allzu große Sorgen machen. Auf den Lorbeeren der vergangenen Jahre sollte man sich aber auch nicht ausruhen.

Durch die vielfache Ausstrahlung von «Two and a half Men» auf ProSieben und kabel eins besteht durchaus die Gefahr, dass die Serie eines Tages dem Overkill verfällt. Heißt: Die Zuschauer verlieren das Interesse an der Serie und schalten vermehrt ab. Das könnte besonders für kabel eins verheerende Folgen haben, macht Charlie Sheen derzeit doch an einigen Tagen vier Stunden des Programms aus. Nicht nur werktags ist er mit gleich vier Wiederholungen zu sehen, auch sonntags setzt kabel eins seit einiger Zeit mangels Alternativen auf die Serie. Letztere Quoten dürften die Verantwortlichen sehr wohl sorgen: Mit teils weniger als vier Prozent Marktanteil lag das Format jüngst meilenweit unter dem Senderschnitt. Bei näherer Betrachtung ist das allerdings kaum verwunderlich: Alleine in diesem Jahr wurde «Two and a Half Men» 507-mal bei kabel eins ausgestrahlt. «The Big Bang Theory» und «How I Met Your Mother» kamen bei ProSieben auf insgesamt 587 bzw. 216 Ausstrahlungen (Stand: 23.12.2011).

Was bedeutet das also für ProSieben? Dass man in Zukunft wieder auf Doku-Soaps umschwenken wird, ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, scheint angesichts fehlender Format-Ideen aber nicht wirklich realistisch zu sein. Sollte «How I Met Your Mother» sich ab kommender Woche, und das ist durchaus realistisch, bei Werten von 14 oder 15 Prozent bewegen, dürfte zudem die Motivation bezüglich neuer Formate recht gering sein. Nichtsdestotrotz: Sowohl kabel eins als auch ProSieben täten sicherlich gut daran, einmal andere Sitcoms zu zeigen und einige ganz aus dem Programm zu nehmen. Abwechslung im Programm dürften solche ‚Worst-Case‘-Szenarien wie den eben genannten Overkill verhindern. Die entsprechende Ware hätte man jedenfalls. Bei ProSiebenSat.1 schlummern noch so einige Formate im Archiv - oder warten auf eine erneute Ausstrahlung: «Frasier», «Samantha Who?», «Chuck» oder «Sabrina» sind da nur ein paar von vielen Beispielen.

Für ProSieben-Chef Jürgen Hörner gilt es im Jahr 2012 die Daytime-Baustelle zu bewältigen. Dass das allein durch Sitcoms gelingen kann, hat er schon seinerzeit bei kabel eins bewiesen. Die Frage ist nur, wie sich das auf zwei Sender derselben Senderfamilie übertragen lässt, ohne größere Schäden anzurichten. In dieser Hinsicht verspricht das Medienjahr 2012 also spannend zu werden.

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