360 Grad

Send in the Wulff

von
Christian Wulff hat sein Interview bei ProSieben abgesagt. Eine richtige Entscheidung, wie unser Kolumnist Julian Miller meint.

Wenn Christian Wulff ein Interview ablehnt, will das etwas heißen. Immerhin sprechen wir von dem Mann, der allen Ernstes eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter von Kai Diekmann hinterlassen hat, die obendrein noch mit den konfusen Worten „Ich bin gerade auf dem Weg zum Emir“ beginnen soll.

Dagegen scheint er zu meinen, sich durchaus einen Krieg mit ProSieben leisten zu können. Berichten des „Kontakters“ zufolge soll er nämlich die für den 16. Februar geplante Aufzeichnung eines Interviews für eine Ausgabe von «Galileo Spezial» abgesagt und „auf unbestimmte Zeit“ verschoben haben. Eine mögliche Erklärung dafür könnte zwar sein, dass niemand weiß, ob Wulff dann überhaupt noch im Amt sein wird (am wenigsten wahrscheinlich er selbst) – doch die deutlich bessere ist die, dass das Konzept von ProSieben wohl selbst für diesen Mann unter seiner Würde ist.

Denn neben Peter Limbourg sollte auch Sara Nuru, bekannt als die Gewinnerin der vierten Staffel von «Germany's Next Topmodel», durch die Sendung führen, was das Verständnis von journalistischer Arbeit bei ProSieben deutlich offenbaren sollte. Man muss nichts können außer gut auszusehen und halbwegs charmant zu sein, um am einer Interviewsendung mit dem Bundespräsidenten teilnehmen zu können. Hauptsache, die Handtasche ist lebendig.

Schon vor einigen Wochen schrieb Limbourg zusammen mit Peter Kloeppel (Chefredakteur RTL), Volker Wasmuth (Chefredakteur n-tv) und Ronald Warin (Chefredakteur N24) einen offenen Brief an Wulff, in dem die Herren ihr Bedauern darüber ausdrückten, an dem Gespräch, das ARD und ZDF mit Wulff geführt haben, nicht beteiligt gewesen zu sein, da die privaten Rundfunkanstalten damit ihrem Informationsauftrag nicht gerecht werden könnten und „die Hälfte der Zuschauer“ bei besagtem Interview nicht berücksichtigt worden sei.

Zwar hat natürlich kein Sender der Welt einen Anspruch, mit irgendjemandem ein Interview zu führen, doch konnte man die leichte Empörung über Wulffs Entscheidung bei Kloeppel und seinen Kollegen damals zumindest nachvollziehen. Wenn man nun aber lesen muss, dass man sich bei den privaten Sendeanstalten ein Interview mit dem Bundespräsidenten offenbar so vorstellt, dass man daraus ein «Galileo spezial» macht und eines von Heidi Klums „Mädchen“ ins Schloss Bellevue schickt, war Wulffs damalige Entscheidung, auf eine Beteiligung des Privatfernsehens bei dem wohl wichtigsten Interview seines Lebens zu verzichten, wohl eine seiner wenigen richtigen in den letzten Wochen und Monaten.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.

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