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Wie «Berlin – Tag & Nacht» den Vorabend umherwirbelt

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RTL II hat mit «Berlin – Tag & Nacht» als einziger Sender in den vergangenen Monaten massiv Marktanteile am Vorabend gewinnen können. Gibt es einen eindeutigen Verlierer dieser Entwicklung? Eine Quotenanalyse.

Eines fällt als Erstes auf, wenn man die Vorabend-Einschaltquoten der vergangenen Monate analysiert: Nur eines der großen acht Vollprogramme hat signifikant werberelevante Zuschauer, also jene zwischen 14 und 49 Jahren, gewinnen können. Selbstredend ist dies RTL II mit seinem noch immer überraschenden Format «Berlin – Tag & Nacht», einer Scripted Reality, die das Leben in einer Hauptstadt-WG nachzeichnet. Dabei sah es zum Start zunächst einmal wenig vielversprechend aus: In der ersten Sendewoche ab dem 12. September 2011 gelangen der Sendung nur 4,4 Prozent Marktanteil im Wochenschnitt.

Spekulierte man früh über eine Absetzung – wie bei vielen anderen gefloppten RTL II-Vorabendformaten geschehen – mauserte sich «Berlin» aber schnell zu einer Sendung, die stetig Zuschauer und treue Fans gewinnt. Wie weit es noch gehen kann, wird sich zeigen – aber die positive Entwicklung muss noch nicht zu Ende sein: Erst in der abgelaufenen Sendewoche verbuchte man den besten Wochenschnitt aller Zeiten, am Mittwoch und Donnerstag wurden jeweils hintereinander neue Quotenrekorde eingefahren. Durchschnittlich 11,0 Prozent der Zielgruppe schalteten vergangene Woche ein – dies waren also 6,6 Prozent mehr als in den Starttagen. In absoluten Zahlen hat man gegenüber der ersten Woche 670.000 Zuschauer gewonnen, liegt nun regelmäßig bei mehr als einer Million.

Wo aber kommen diese 6,6 Prozent Marktanteil her, die man seit dem Start hat zulegen können? Gibt es klare Verlierer dieser Zuschauer-Eruption am Vorabend oder hat «Berlin» bei allen Sendern ein bisschen klauen können?

Als natürliche Konkurrenz von «Berlin» könnten auf den ersten Blick die RTL-Soaps gelten. Und tatsächlich haben sowohl «GZSZ» als auch «Alles was zählt» in den vergangenen Monaten Quote verloren: In der ersten «Berlin»-Sendewoche (ab 12. September 2011) hatte letzteres Format noch 18,1 Prozent Marktanteil, zuletzt waren es nur noch 15,8 Prozent bei den Werberelevanten. Allerdings: Von September bis Dezember 2011 kommt «Alles was zählt» auf 16,5 Prozent Marktanteil im Schnitt, seit Januar 2012 sind es mit 16,1 Prozent nur etwas weniger. Die Zuschauerverluste der Soap haben nur partiell mit dem «Berlin»-Erfolg zu tun; sie traten eher in den Monaten davor auf: Im Vergleichszeitraum 2011 (Januar bis April) hatte man zum Beispiel noch durchschnittlich 18,6 Prozent Marktanteil, nun sind es – wie bereits genannt – 16,1 Prozent.

Etwas anders ist die Entwicklung beim Klassiker «Gute Zeiten, schlechte Zeiten», dessen Sendezeit sich teilweise mit «Berlin» überschneidet. Ab dem Sendestart des RTL II-Formats schalteten «GZSZ» im Jahr 2011 durchschnittlich 22,0 Prozent der jungen Zuschauer ein, 2012 sind es bisher 20,7 Prozent. Betrachtet man nur die erste und aktuelle «Berlin»-Sendewoche, ergibt sich noch ein größerer Verlust: Damals hatte «GZSZ» 23,2 Prozent Marktanteil, in der abgelaufenen Woche waren es noch 20,8 Prozent. Zuletzt fiel man teils auch unter die 20-Prozent-Marke. Vor genau einem Jahr, also in der 16. Kalenderwoche 2011, hatte «GZSZ» sogar noch über 24 Prozent der jungen Menschen interessiert.

Auch das ProSieben-Magazin «Galileo» musste Zuschauer abgeben: In der ersten «Berlin»-Woche war die 19-Uhr-Sendung auf 13,1 Prozent gekommen, zuletzt waren es 11,5 Prozent. 2011 hatte «Galileo» ab September 12,9 Prozent Marktanteil, im bisherigen Jahr 2012 sind es 12,1 Prozent (Wochenend-Sendungen eingerechnet) – kein besonders starker Verlust, aber auch kein unwichtiger. Ähnlich ist es beim kabel-eins-Format «Achtung Kontrolle!»: Ab September 2011 hatten durchschnittlich 5,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen eingeschaltet, ab Januar 2012 waren es noch 5,4 Prozent. Auch Das Erste hat mit «Gottschalk Live» einige junge Zuschauer verloren und die ohnehin schon schlechten Einschaltquoten, die 2011 noch andere Formate eingefahren hatten, weiterhin nach unten gedrückt.

«Berlin – Tag & Nacht» macht aber auch einem weiteren Vorabend-Problemkind große Sorgen: Sat.1 mit seinen «K 11»-Dokus. Eigentlich hatte sich das Format ab dem Sommer 2011 im Aufwind befunden und regelmäßig zweistellige Marktanteile, oft sogar über dem Senderschnitt, eingefahren. So beispielsweise auch noch in der «Berlin»-Startwoche im September, als 10,5 Prozent bei den Werberelevanten zu Buche standen. Doch davon ist man im Jahr 2012 weit entfernt; kaum mehr können die «K 11»-Doppelfolgen zehn Prozent oder mehr erreichen. In der jetzt abgelaufenen «Berlin»-Rekordwoche holte die Sat.1-Sendung gerade einmal 8,8 Prozent Marktanteil.



Büßen also alle großen Sender an Quote ein, während «Berlin – Tag & Nacht» immer mehr junge Zuschauer auf sich vereint? Nicht ganz: Das ZDF zeigt am Vorabend keine negativen Auswirkungen, aber auch VOX hält mit seinem «Perfekten Dinner» und der Spezial-Variante «Das perfekte Dinner im Schlafrock» tapfer und erfolgreich dagegen. Am vergangenen Freitag hatte man mit 13,1 Prozent sogar die beste Zielgruppen-Quote des Jahres, im Wochenschnitt schalteten 10,8 Prozent ein. Gegenüber der «Berlin»-Startwoche (9,9 Prozent) ging es sogar klar nach oben. Von September bis Dezember 2011 kam «Das perfekte Dinner» durchschnittlich auf 10,2 Prozent Marktanteil, ab Januar sind es nun 10,4 Prozent. Und damit hat VOX es in den vergangenen Monaten sogar geschafft, seine Vorabend-Quote um 19 Uhr minimal zu steigern. Ganz im Gegensatz zu den meisten anderen großen Sendern.

Denn dort hat «Berlin» kollektiv Zuschauerverluste ausgelöst – aber einen einzelnen, klaren Verlierer gibt es nicht. Der RTL II-Hit hat sich vom Vorabend-Quotenkuchen fast überall etwas abzwacken können, bei den Einen mal mehr, bei den Anderen mal weniger. Spannend wird nun, ob «Berlin – Tag & Nacht» noch weiter wachsen kann – angesichts der Rekorde in der vergangenen Woche sollte die Konkurrenz sehr aufmerksam sein. Zumal bei diesem Erfolg – wen wundert’s? – schon ein Kölner Ableger geplant ist.

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